press release only in german

Im Rahmen der Finalistenausstellung des „Deutsche Börse Photography Prize 2010" zeigt der Frankfurter Kunstverein Arbeiten der vier FotokünstlerInnen Anna Fox, Zoe Leonard, Sophie Ristelhueber und Donovan Wylie. Der „Deutsche Börse Photography Prize" ist eine internationale Auszeichnung für zeitgenössische Fotografie. Er wird jährlich von der Photographers' Gallery in London an einen Fotokünstler beliebiger Nationalität vergeben, der im Vorjahr einen bedeutenden Beitrag (in Form einer Ausstellung oder Publikation) zur Fotografie in Europa geleistet hat. Preisträgerin des diesjährigen Preises in Höhe von £30.000 ist die französische Künstlerin Sophie Ristelhueber, ausgezeichnet für ihre Retrospektive im Jeu de Paume, Paris (2009). Die drei weiteren Finalisten erhielten je £3.000.

Die ausgestellten Arbeiten verdeutlichen die Vielfalt zeitgenössischer Fotografie und berücksichtigen dabei verschiedene konzeptuelle Ansätze und fotografische Methoden. Sophie Ristelhueber ( geb. 1949) ist seit 25 Jahren fotografisch tätig. Nach einem Studium an der Pariser Sorbonne arbeitete sie zunächst als Journalistin, bevor sie sich ab 1980 der Fotografie zuwandte. In den vergangenen Jahren untersuchte sie überwiegend den Einfluss von Kriegskonflikten in Europa und dem Nahen Osten auf Architektur und Landschaft. Ihre Bilder sind Zeugnisse sichtbarer Spuren, die die Gewalt des Krieges an Landschaft und Menschen hinterlässt. Ristelhueber fotografierte das zerbombte Beirut in den 1980er Jahren, den Irak in den 1990ern und den frühen 2000ern und auch die Wunden und Narben, die die Gewalt den Menschen zugefügt hat. Bilder aus der gesamten Schaffenszeit waren dieses Jahr im Jeu de Paume in Paris zu sehen - eine bedrückende und beeindruckende Sammlung monumentaler Zerstörungswut.

Anna Fox (UK, geb. 1961) enthüllt in ihrem umfangreichen fotografischen Werk mithilfe einer Mischung von sozialer Beobachtung und persönlichen Tagebuch-Projekten ein oft grotesk und klaustrophobisch anmutendes Bild des britischen Lebensalltags. Sie wurde mit ihrer Dokumentarstudie zur britischen Bürokultur „Work Stations: Office Life in London" Mitte der 1980er Jahre als Vertreterin einer neuen Welle britischer Dokumentar-Farbfotografen und als Schülerin von Martin Parr bekannt. Die Ausstellung „Cockroach Diary & Other Stories" in der Ffotogallery, Cardiff (2009), für die Fox nominiert wurde, zeigte autobiographische Miniaturen, die sowohl die tragischen als auch komischen Seiten eines zerbröckelnden sozialen Gefüges beleuchten. Ihre Arbeit, subtil und satirisch zugleich, zeichnet sich durch einen feinen Sinn für das unterschwellig Düstere aus, der selbst in scheinbar gewöhnlichen Situationen Abgründiges findet.

Zoe Leonard (USA, geb. 1961) wurde für ihre Retrospektive „Zoe Leonard: Photographs", Pinakothek der Moderne, München (2009), für den Preis nominiert. Thema ihrer Fotografien sind urbane Landschaften, die einerseits als eine Art persönlicher Bestandsaufnahme, andererseits aber auch als Kommentar auf das Medium Fotografie betrachtet werden können. Seit über 20 Jahren beschäftigt sich Leonard in ihrem Werk mit Gegensätzen wie Natur und Zivilisation, Innen- und Außenwelt oder mit den Geschlechterrollen. Die Fotografie eignete sie sich autodidaktisch an. Bekannt wurde die Künstlerin 1992 mit ihrem Beitrag zur documenta IX. Eine weitere Teilnahme an der documenta folgte 2007. Leonard fotografierte immer wieder Schaufenster und kleine Geschäfte in großstädtischen Vororten und Randbezirken. Sie zeigt Formen des Konsums am Rande unserer Aufmerksamkeit, abseits von Ästhetisierung und Werbestrategien - als wären die globalen Märkte an ihnen vorbeigegangen. Leonards Fotografien werden gemeinsam mit dem Negativrahmen gezeigt, auch die Spuren des fotografischen Prozesses, wie Staub oder Kratzer, bleiben erhalten.

Donovan Wylie (UK, geb. 1971) wurde für seine Ausstellung „MAZE 2007/8" im vergangenen Jahr bei Belfast Exposed Photography nominiert. Aufgewachsen in Belfast, fokussiert seine Fotografie auf die Geschichte Nordirlands nach dem Ende des Nordirlandkonflikts. Wylie begann schon mit 16 Jahren zu fotografieren. Bereits mit Anfang 20 wurde er von der Magnum Photo Agentur berufen; 1997 wurde er mit nur 26 Jahren das jüngste vollwertige Mitglied der Agentur. 2002 - 2003 hatte Wylie als einziger Fotograf die Erlaubnis, im und um das Gefängnis Maze unweit von Belfast zu fotografieren. Dieser Ort wurde durch politische Segregation, Unruhen, Hungerstreiks, Massenfluchten und Todesopfer unter Angestellten und Insassen zum Synonym für den nordirischen Konflikt. Als das Gefängnis 2007 abgerissen wurde, dokumentierte Wylie systematisch dessen Niedergang indem er das Gebäude in vier Schichten „zerlegte": Die inneren Mauern, die verschiedenen Arten der Umzäunung, die berüchtigten H-Blöcke und letztendlich die Begrenzungsmauern, die den Blick auf die Landschaft außerhalb freigeben.

Die Ausstellung der vier Finalisten des „Deutsche Börse Photography Prize 2010" war zunächst in der Photographers' Gallery in London zu sehen und wird vom 13. Mai - 25. Juli 2010 im Frankfurter Kunstverein präsentiert.

Kuratorin: Stefanie Braun

„Deutsche Börse Photography Prize 2010"wird von der Photographers' Gallery, London in Kooperation mit dem Frankfurter Kunstverein realisiert.

only in german

Deutsche Börse Photography Prize
Direktor der Photographers’ Gallery: Brett Rogers
Kurator: Stefanie Braun
Jury: Olivia Maria Rubio, Gilane Tawadros, James Welling, Anne-Marie Beckmann

nominierte Künstler: Anna Fox, Zoe Leonard, Sophie Ristelhueber, Donovan Wylie

Stationen:
12.02.10 - 17.04.10 The Photographers´ Gallery, London
12.05.10 - 25.07.10 Kunstverein Frankfurt