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Die Revision der Postmoderne - In memoriam Heinrich Klotz
Eine Ausstellung zum zwanzigjährigen Bestehen des Deutschen Architektur Museums in Frankfurt am Main

1984 wurde das Deutsche Architekturmuseum (DAM) unter seinem Gründungsdirektor Heinrich Klotz mit der Ausstellung „Die Revision der Moderne. Postmoderne Architektur 1960-1980“ eröffnet. Diese Ausstellung, wenngleich in der Fachwelt teilweise sehr umstritten, lockte ungewöhnlich viele Besucher an, die sich von der außergewöhnlichen „Buntheit“ und „Bildhaftigkeit“ der Exponate angezogen fühlten. Es war ein Verdienst dieser Schau, das Thema Architektur populär gemacht und nunmehr auch in der Architekturtheorie eine breite Debatte zur Kritik an der „Moderne“ eröffnet zu haben, die sich über Jahre erstrecken sollte.

Die Ausstellung von 1984 propagierte mit der - bis heute weder zeitlich noch inhaltlich befriedigend und eindeutig definierten - sogenannten „Postmoderne“ in der Architektur eine keineswegs einheitliche Bewegung. Einflussreiche Architekturtheoretiker und Architekten haben sich stets von ihr distanziert. Einige Kritiker behaupten, die Postmoderne sei zu Ende, andere meinen, sie dauere fort. Es ist aber unstrittig, dass ein kulturelles Phänomen „Postmoderne“ existiert (hat) und dass sich in der Epoche der „Postmoderne“, und auch durch sie, kritisches Potenzial entwickelt und Architekten profiliert haben, die neue, interessante Wege in Architektur und Städtebau gegangen sind.

Zur Feier seines zwanzigjährigen Bestehens will das Deutsche Architektur Museum mit der Ausstellung „Die Revision der Postmoderne“ ausloten, was aus dem Anspruch der Altmeister der „Postmoderne“, Fehler der „Moderne“ und die Verdikte dogmatischen Rationalismus’ zu überwinden, geworden ist. Es will ferner zeigen, wie herausragende Architekten in jüngster Zeit die Erkenntnisse und Einflüsse, die sich aus der Debatte um die „Postmoderne“ ergeben haben, baulich umsetzen. Der Begriff „Revision“ im Titel der Ausstellung ist somit im Sinne von „Durchsicht“, „Überprüfung“ zu verstehen; er will nicht suggerieren, dass eine völlig Abkehr von den Prinzipien der „Postmoderne“ stattgefunden hat. Es geht also nicht um den Abgesang einer Epoche, sondern um die Darstellung ihrer fortgesetzten und fortwährenden Erneuerung.

Da sich die „Postmoderne“ durch die Gleichberechtigung und das Nebeneinander unterschiedlicher Auffassungen auszeichnet, kommt für die Ausstellung „Die Revision der Postmoderne“ nicht in Frage, eine lineare Entwicklung über zwanzig oder mehr zurückliegende Jahre zu konstruieren. Vielmehr sollen Projekte „postmoderner“ Pioniere aus der Eröffnungsausstellung des DAM - wie die von Gottfried Böhm; Mario Botta; Peter Eisenman; Frank O. Gehry; Giorgio Grassi; Haus Rucker Co; Hans Hollein; Helmut Jahn; Josef Paul Kleihues; Léon Krier; Rob Krier; Richard Meier; Charles Moore; OMA; Aldo Rossi; SITE; Thomas Gordon Smith; James Stirling; Oswald Mathias Ungers und Robert Venturi - Architekturbeispielen der Jahre ab Mitte 1990 bis Anfang 2000 gegenübersgestellt werden: von Tadao Ando; Auer+Weber; Shigeru Ban; Stephan Braunfels; Chetwood Associates; David Chipperfield; Coop Himmelb(l)au; Elizabeth Diller; Nicola Fortmann-Drühe; Norman Foster; Manuelle Gautrand; Zaha Hadid; Christine Hawley; Thomas Herzog; Steven Holl; Wilhelm Holzbauer; Ingenhoven, Overdiek Architekten; Toyo Ito; Petra und Paul Kahlfeldt; Jan Kleihues; Kolatan/MacDonald Studio; Hans Kollhoff; Rem Koolhaas; Korteknie & Stuhlmacher; Rüdiger Lainer; William McDonough; Rafael Moneo; MVRDV; Netzwerkarchitekten mit Ralf Fleckenstein; Neutelings Riedijk Architecten; Jean Nouvel; John Pawson; Dominique Perrault; Muck Petzet; Renzo Piano; Richard Rogers; Sauerbruch Hutton Architekten; Axel Schultes; Martha Schwartz; Kazuyo Sejima; Álvaro Siza; Akiko Takahashi; Benedict Tonon; Katsu Umebayashi; Ben van Berkel; Meinhard von Gerkan und Manfred Wehdorn. Projekte, die aufgrund bestimmter Qualitäten aufeinander bezogen werden können. Bei den aktuellen Beispielen, die in der Ausstellung überwiegen, geht es vor allem um zeitgemäße Versuche, mit Architektur einer vielfältigen, komplexen Realität zu begegnen, die gerade nach der Hoch-Zeit der „Postmoderne“ von 1960 bis 1980 geprägt ist von großen gesellschaftlichen Umbrüchen wie dem „Ende der Ideologien“ mit dem Zerfall des Ostblocks oder dem Fortschreiten der Globalisierung mit überwiegend als negativ empfundenen Folgen.

Die Schau wird insgesamt circa 70 Projekte aus Architektur und Städtebau behandeln und 300 bis 350 Exponate umfassen. Sie gliedert sich in die Sektionen: Kultur als Erlebnis, Reorganisation der Stadt, Öko als Investition, High-Tech als Fortschritt, Leben ohne Nostalgie, Besonderheit des Ortes, Neuverwendung der Säule, Anknüpfen an Geschichte, Populismus oder Baukunst, Gegen die Konvention, Häuser für Individualisten, Shopping der Extraklasse, und Orte der Stille. Im obersten Geschoss des Deutschen Architektur Museums wird eine Hommage an Oswald Mathias Ungers stattfinden. Ihm, dem Erbauer, soll an dieser Stelle nicht nur als bedeutendem Architekten, sondern auch als wichtigem Theoretiker Referenz erwiesen werden.

Neben der Aufgabe, die Ausstellung in einer Publikation angemessen zu dokumentieren, soll im Katalog versucht werden, dem Begriff „Postmoderne“ im Hinblick darauf Profil zu geben, was Architektur heute zu leisten vermag und zu leisten hat. Während die Ausstellung in erster Linie Bauten zeigt, die sich durch eine besonders hohe Qualität auszeichnen, versammelt der Katalog in seinem Essayteil vor allem auch kritische Stimmen. Es kommen also Gegner und Befürworter postmodernen Denkens und Handelns zu Wort: Architekten, Architekturtheoretiker, Kulturkritiker, und Geisteswissenschaftler.

Die Publikation wird von Ingeborg Flagge und Romana Schneider herausgegeben und beim Junius Verlag Hamburg zweisprachig deutsch/englisch in einem Umfang von 296 Seiten erscheinen.

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