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In der Einzelausstellung „Boîte AC“ zeigt der Künstler Dirk Stewen (*1972) Fotografien, Aquarelle, Zeichnungen und Installationen.

Stewens Arbeiten verbinden mit sinnlicher Präzision formale Untersuchung und Verlangen, – insbesondere durch die sorgfältig ausgewählten Oberflächen-Qualitäten seiner Materialien: Vergilbende, stark holzhaltigen Papiere, Luftschlangen und Papierschnipsel, wandzeitungsartige Zusammenstellungen verschiedener DIN-A-4-naher Formate, Papiere und Techniken, sowie die wahlweise Verwendung des aseptischen, abweisenden Plastiks von C-Prints oder von Inkjet Prints auf verschiedenen Papieren.

Mit sorgfältigen formalen Anordnungen erzeugt Stewen eine atmosphärische Leichtigkeit, die immer auch frivol wirkt und ein Ergebnis des liebevollen, aber auch fast ethnologischen Blicks auf das Hamburger Rotlicht-Viertel St. Pauli ist, in dem Stewen lange lebte. Die dort in den Fenstern feilgebotene Fetischware ist häufig von Deko-Elementen geschmückt, die von einem längst vergangenen, kurzen Moment des feierlichen Hochgefühls, der befreiten Leichtfertigkeit und genüsslichen Schlüpfrigkeit zeugen und danach sehr schnell verblichen, verbraucht und vergangen wirken. Stewens Arbeiten halten sich in einem permanenten Zustand der Überschreitung, der die Arbeiten bereits in ihrer formalen Anlage durchzieht: Wenn die Fotografien nicht auf edlen Fotopapieren abgezogen werden, sondern der Effekt des Platinum Prints durch die banale Alltagstechnik des Inkjet Prints entsteht, wenn die Fotografie nicht in ihrer Zweidimensionalität verbleibt, sondern durch installative Elemente ergänzt in den Raum hinein tritt, ohne dessen Boden zu berühren oder wenn die Wertigkeit des Kunstwerks durch die Vergänglichkeit, die in einigen Arbeiten angelegt ist, respektlos ignoriert wird. In all dem liegt die Feier des kostbaren Augenblicks, den vor allem das Fotografische beschwört und dessen Kostbarkeit aber eben in seiner Ungreifbarkeit und Unkonservierbarkeit liegt.

Mit Boîte AC beginnt eine Ausstellungsreihe in der Bibliothekswohnung der international tätigen Autorin und Kuratorin Anna-Catharina Gebbers.

Die Lage der „Luxus“-Plattenbau-Wohnung neben dem Friedrichstadtpalast und in unmittelbarer Nähe zu Berliner Ensemble, Deutschem Theater, Metropol Theater, Distel und Tränenpalast, sowie zu Reichstag, Bundestag und Brandenburger Tor, aber auch zu den Galerien und Institutionen in Berlin-Mitte prädestiniert den Ort für eine Auseinandersetzung mit der politischen Geschichte Berlins, seiner Theater-Tradition und dem aktuellen Hype um die Kunstmetropole Berlin. Zusätzlich zu den bereits regelmäßig in der Bibliothek stattfindenden Salons, wird mit den jeweils für nur vier Stunden präsentierten Ausstellungen eine weitere Veranstaltungsreihe eröffnet. Die Ausstellungen an diesem Ort im Grenzgebiet zwischen Ost- und Westberlin lassen sich durch ihre Kürze als Performances von Ausstellungen betrachten, die sowohl die Flüchtigkeit der zahlreichen Kunstwelt-Ereignisse, die Angst, etwas zu verpassen, die Berliner Tradition des Salons und der Wohnungsausstellungen, sowie die spezifische Geschichte der Stadt kommentieren.

In den kommenden Ausstellungen werden internationale Künstler und Kuratoren/Autoren entweder eigene Arbeiten zeigen oder durch das Einladen anderer Künstler in die Bibliothekswohnung für eine Reihe von flüchtigen, mehr oder weniger frivolen Momenten des Hochgefühls sorgen:

Zunächst folgen eine Einzelausstellung mit Tjorg Douglas Beer am 28.01.06, eine Einzelausstellung von Josef Strau, der von Yilmaz Dziewior für den 25.02.06 in die Wohnung eingeladen wurde, eine gemeinsame Einladung von Gyonata Bonvicini, Anna-Catharina Gebbers und Paolo Zani an Alex Cecchetti, Lucile Desamory, Paul Kos, Gedi Sibony, Andreas Slominski und Tony Swain für das Eröffnungswochenende der 4. Berlin Biennale (23., 24. und 25.03.06), die Einladung von Euridice Arratia an Egill Sæbjörnsson für den 29.04.06, sowie eine Ausstellung von Kerstin Schröder und Peter Stauss am 27.05.06.

Pressetext

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Dirk Stewen - Boîte AC
01.10.05, 11-15 Uhr