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Zum vierzehnten Mal präsentiert das Kunstmuseum Bonn die Teilnehmer des mit 10.000,- € dotierten Dorothea von Stetten-Kunstpreises. Seiner Konzeption folgend wendet er sich an eine jüngere Künstlergeneration, konkret an Künstlerinnen und Künstler, die das 36. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und noch keinen internationalen Bekanntheitsgrad besitzen. Solchermaßen ein Förderpreis, baut der Dorothea von Stetten-Kunstpreis also nicht auf die Attraktivität großer Namen, er hat sich vielmehr die Pflege des künstlerischen Nachwuchses zum Ziel gesetzt.

Die Förderung besitzt zwei zentrale Aspekte: Zum einen soll den Künstlerinnen/Künstlern die Möglichkeit geboten werden, ihre Arbeiten in einem international operierenden Museum zu zeigen und sie dadurch einer größeren Öffentlichkeit vorzustellen. Zum anderen soll die ausgelobte Preissumme sicherstellen, dass die / der von einer Jury am Tag vor der Eröffnung der Ausstellung gekürte Preisträger/in ihr / sein Werk - für einen begrenzten Zeitraum von allem finanziellen Druck befreit - weiterentwickeln kann.

Preisträger der letzten Jahre waren Sigrun Jakubaschke (1984), Klaus vom Bruch (1986), Jochen Fischer (1988), Barbara Hée (1990), Berend Strik (1992), Thomas Florschuetz (1994), Gregor Schneider (1996), Tamara Grĉiċ (1998), Johannes Kahrs (2000), Nicole Wermers (2002), Yael Bartana (2004), Yves Mettler (2006) und Kristoffer Akselbo (2008), allesamt Künstlerinnen und Künstler, die sich in den vergangenen Jahren, nicht zuletzt dank der Unterstützung des Preises, erfolgreich profilieren konnten.

Dies ist auch den Teilnehmern des diesjährigen Dorothea von Stetten-Kunstpreises zu wünschen. Sie wurden von einer Gruppe unabhängiger, mit der jüngeren Kunstszene eng vertrauter Kuratoren, nämlich Marion Ackermann (Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen), Bart de Baere (Museum van Hedendaagse Kunst, Antwerpen), Yilmaz Dziwior (Kunsthaus Bregenz), Ulrike Groos (Kunstmuseum Stuttgart), Markus Heinzelmann (Museum Morsbroich, Leverkusen), Fabrice Hergott (Musée d’Art Moderne de la Ville de Paris), Anders Kold (Louisiana Museum of Modern Art Humlebæk), Pia Müller-Tamm (Kunsthalle Karlsruhe), Roland Nachtigäller (MARTA, Herford), Angelika Nollert (Neues Museum Nürnberg), Carina Plath (Sprengel Museum Hannover), Hans-Werner Schmidt (Museum der Bildenden Künste Leipzig), Angelika Stepken (Villa Romana, Florenz), Roland Wäspe (Kunstmuseum St. Gallen) und René Zächlin (Kunstverein Hannover) vorgeschlagen und in einem zweistufigen Auswahlverfahren für die Ausstellung nominiert.

Die Nominierten sind Olivier Foulon (Brüssel/Berlin), Melissa Gordon (Berlin) Alicja Kwade (Berlin) Alexandra Leykauf (Berlin) und Tina Schulz (Brüssel/Leipzig).

Diese Künstlerinnen und Künstler haben ab dem 8. Dezember dieses Jahres bis zum 13. März 2011 die Gelegenheit, ihre Werke im Kunstmuseum Bonn vorzustellen. Aus der Gruppe der Teilnehmerinnen und Teilnehmer wird am Vorabend der Eröffnung der eigentliche Preisträger bzw. die Preisträgerin ermittelt.

Nominierte Künstlerinnen und Künstler

Olivier Foulon (*1976 in Brüssel) bezieht sich in seinen Arbeiten auf den reichen Fundus der Kunst- und Kulturgeschichte, den er für sich adaptiert, neu arrangiert und ausdeutet. Als Material seiner Installationen dienen ihm Abbildungen, Fotografien und Drucke von Kunstwerken, aus deren Verweisen er ein komplexes Netzwerk von Bezügen entwickelt. Dabei bleibt er selbst im Hintergrund und vermeidet ostentativ die Rolle des Künstlers als demiurgischer Schöpfer. Stattdessen sieht er sich als kreativer Interpret dessen, was das System ‚Kunst’ über Jahrhunderte akkumuliert hat. Folgerichtig hat er sich daher im Rahmen des Dorothea von Stetten – Kunstpreises 2010 mit der Ausstellungsgeschichte und dem Leihverkehr des Kunstmuseums beschäftigt und eine Recherche über die Zirkulation der Werke im ‚Betriebssystem’ Kunst vorgelegt.

Melissa Gordon (*1981 in Boston) ist eine konzeptuell arbeitende Künstlerin, die ihr Medium, die Malerei, stets von neuem auf den Prüfstand stellt, um – letztendlich – eine ‚Erneuerung des Bildermachens’ zu erreichen. An die Stelle eines – wohl eher fiktiven – Ideals von bildnerischer Homogenität tritt bei ihr das Brüchige, Mehrdeutige, das seinen formalen Ausdruck im Prinzip der Collage und, neuerdings, der raumgreifenden, ‚inszenierten’ Malerei findet. Ihre stark inhaltlich geprägte Kunst, die sich sowohl mit historischen und sozialen Ereignissen als auch mit Fragen der weiblichen Identität beschäftigt, dekonstruiert das Bild und macht es zu einem Spielfeld von Kontrasten. Entsprechend lässt Gordon Malerei und Medienbilder, Bild und Text, Präsentes und Verborgenes aufeinander stoßen und erzählt damit Geschichten über unsere Welt und die Fähigkeit/Unfähigkeit von Bildern, diese überhaupt noch darzustellen.

Wenn die Bildhauerin Alicja Kwade (*1979 in Kattowitz) Kieselsteine wie Diamanten schleifen lässt oder Kohlebriketts als Goldbarren verkleidet, dann bekennt sie sich zur transformierenden Kraft von Kunst, die die Welt zwar nicht verändern mag, sie aber zumindest anders erscheinen lässt. Durch letztlich geringe Verschiebungen und Neudefinitionen wird unsere Wahrnehmung und Wertschätzung der Dinge irritiert und intensiviert, so dass selbst das Banale eine magische Ausstrahlung erlangt. Ohne letztlich substantiell verändert zu werden, gewinnt es in der Neuinszenierung eine Bedeutung, die allein darauf beruht, dass Künstler wie Betrachter vertraute Standpunkte aufgeben und einen neuen Blick auf die Welt wagen. So geht es in ihrem Werk folglich um eine Revision des Gegebenen, um eine Befreiung der Dinge aus dem Korsett konventioneller Denkmuster und kategorialer Einteilungen. Kwades Kunst sprengt in diesem Sinne Grenzen, so wie der ‚Steinschlag’ ihrer Installation mühelos die Trennung zwischen innen und außen, oben und unten überwindet.

Alexandra Leykaufs (*1976 in Nürnberg) Installationen, Fotocollagen, Filme und Zeichnungen thematisieren das Sehen und die Art und Weise, wie es szenisch-theatralisch oder, besser, kontextuell geleitet wird. Denn unsere Wahrnehmung ist nicht ‚frei’, das Theorem von der ‚Unschuld des Auges’ ein Mythos. Stets bewegen wir uns in der Kulissenwelt von Bildsystemen oder ‚Sichtdispositiven’, die Leykauf in Gestalt von Theaterrequisiten, Filmsets, Trennwänden, Vitrinen und Schattenspielprojektionen zum Thema ihrer Kunst macht. So verbindet ihr Werk Illusion und Tiefe, ‚rahmende’ und inhaltliche Funktionen, Bild und Sprache in höchst komplexer Form. Ihre Arbeiten sind perspektivische und gedankliche Verwirrspiele, die, alles andere als selbstgenügsam, eine Erkenntnis fördernde Funktion besitzen.

Für Tina Schulz (*1975 in München) ist das Kunstwerk keine statische Größe auf die der Betrachter, quasi im Nachvollzug der ästhetischen Botschaft, zu reagieren hat. Vielmehr entwirft die multimedial arbeitende Künstlerin in ihren Installationen ‚offene mentale Räume’ (Beatrice von Bismarck), in denen sowohl sie selbst als auch der Betrachter frei über Kunst und kulturelle Phänomene reflektieren können. Folglich geht es nicht um Thesen und Konzepte, wie man sie sich als Freund einer Hardcore – Konzeptkunst vielleicht wünschen würde, sondern um die Entwicklung eines Erfahrungsangebots, das die Kreativität des Betrachters fördert und damit die Vollendung des Werks letztlich in seine Hände legt. Er ist aufgefordert, die Rezeptionsräume mit seinen Gedanken und Assoziationen zu vermessen, die gezeichneten Drehtüren, die am Anfang und am Ende ihrer Ausstellungsräume platziert sind und symbolhaft zum Eintreten in das Werk einladen, zu durchschreiten.

Eröffnung und Preisverleihung: 7. Dezember 2010, 20 Uhr Laufzeit: 8. Dezember 2010 – 13. März 2011 Kurator: Dr. Christoph Schreier

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DOROTHEA VON STETTEN-KUNSTPREIS 2010
Kurator: Christoph Schreier

nominierte Künstler: Olivier Foulon, Melissa Gordon, Alicja Kwade, Alexandra Leykauf, Tina Schulz