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Gut 100 Jahre, nachdem Edvard Munch zum ersten Mal den Fuß in die Mauern der Hansestadt gesetzt hat, werden die Gemälde und Graphiken in einer Ausstellung vereint, die der berühmte Norweger in der "Stadt mit den roten Dächern" geschaffen hat. Es ist dem Lübecker Augenarzt Dr. Max Linde zu verdanken, dass Edvard Munch den Weg nach Lübeck gefunden hat. In seiner Villa in der Ratzeburger Allee, dem heutigen Standesamt, beherbergte der wohlhabende Arzt eine der qualitätvollsten privaten Kunstsammlungen in Mitteleuropa. Er, der Sammler der französischen Impressionisten und der Werke Auguste Rodins, war stets auf der Suche nach neuen verheißungsvollen Talenten. In dem Norweger, der 1902 in Berlin ein Atelier bezogen hatte und auf der Ausstellung der Berliner Secession mit dem "Lebensfries" vertreten war, erkannte er in prophetischer Weitsicht den "Maler der Zukunft". So lud er 1902 Edvard Munch in sein Haus ein und gab ihm Aufträge, die entscheidend dazu beitrugen, den Weg seiner Karriere in Europa zu ebnen. Max Linde wurde der erste große Mäzen Edvard Munchs. Hier in Lübeck entstand 1902 die "Linde-Mappe", ein Hauptwerk der graphischen Kunst des 20. Jahrhunderts. Munch portraitiert in 16 Blättern, die nur für den privaten Gebrauch gedacht waren, die Mitglieder der Familie, er stellt die Villa dar, den herrlichen Park und auch die Kunstwerke seines Auftraggebers. Das Bildnis der vier Söhne des Arztes aus dem Jahr 1903 war zweifellos der wichtigste und folgenreichste Auftrag. Entstanden ist ein Meisterwerk. Das große Gemälde gehört heute zu den Schätzen der Sammlung des Museums Behnhaus/Drägerhaus. In den Jahren 1903 und 1904 besuchte Munch mehrfach Lübeck, die "herrliche alte Stadt mit den roten Dächern", wie er sie noch in seinen späten Erinnerungen voller Sehnsucht nannte. Er malte im Park des Dr. Linde und wiederholt die Kinder, auch ohne den Auftrag des Arztes. Um seine angegriffenen Nerven zu kurieren, verbrachte er Wochen in Travemünde und hielt in farbstarken Gemälden Ansichten des Ostseebades fest. 1904 schuf er zwei lebensgroße Bildnisse des Hausherrn, mit denen er die Serie der Figurenbilder in der Nachfolge von Velásquez fortsetzte. Ein Auftrag seines Mäzens, der ihm inzwischen zum Freund geworden war, nahm allerdings kein glückliches Ende: Auf Wunsch von Max Linde malte er für das Kinderzimmer einen Fries, der schließlich abgelehnt wurde, da die erotischen Motive nicht geeignet für die Kinder erschienen. So traten vorübergehend Unstimmigkeiten auf. Munch zog es zudem zum Befremden seines Mäzens vor, den Heiligabend nicht mit der Familie zu verbringen, sondern im Bordell. Aber auch daraus ist ein Kunstwerk entstanden: "Weihnachten im Bordell". Erst 1907 fand er wieder den Weg nach Lübeck. Noch einmal zeigte sich die fruchtbare Zusammenarbeit von Künstler und Mäzen. Auf Anregung des Arztes malte er das Holstentor und den Hafen, gesehen von seinem Hotel an der Untertrave, dem Kaiserhof, aus. In einem der letzten Gemälde, das in Lübeck entstand, verbinden sich Munch und Linde in ihrer gemeinsamen Bewunderung des großen Bildhauers Rodin: "Der Denker von Auguste Rodin im Park des Dr. Linde". Max Linde hatte bereits 1902 in seiner Schrift "Edvard Munch und die Kunst der Zukunft" beide Künstler miteinander verglichen. Sie waren ihm die Vorbereiter der Moderne, da "sie an die Grenze des Darstellungsfähigen gehen, indem sie die seelische Erregung in Form zu bringen wissen". Die Werke, die Munch in Lübeck gemalt hat, zeugen davon, dass er, der Zweifelnde und Leidende, in der Hansestadt und im Hause Linde Ruhe fand. Es entstanden lebensbejahende Bilder, die spiegeln, wie Munch die Stadt und die Menschen darin gesehen hat. 1925 richtete der damalige Museumsdirektor Carl Georg Heise im Museum Behnhaus einen "Munch-Raum" ein, eine Pioniertat in Deutschland, noch war Munch umstritten. Bei seinem letzten kurzen Aufenthalt in Lübeck 1926 besuchte Munch "seinen" Raum. Als Dank für die Gastfreundschaft und für das frühe Verständnis für seine Kunst, das er in Lübeck gefunden hatte, schenkte er 1932 dem Museum das Gemälde "Travemünde". Die Ausstellung umfasst 20 Ölgemälde und 40 graphische Arbeiten, die in Lübeck entstanden sind oder direkt mit Munchs Beziehung zur Stadt verbunden sind. Darunter sind Werke, die noch nie gezeigt wurden. Historische Fotografien der Stadt und der Familie Linde, teilweise von Munch selbst aufgenommen oder aus dem Album des Dr. Max Linde, Briefe und weitere authentische Dokumente ergänzen die Ausstellung. (Auszug Pressettext)

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Edvard Munch und Lübeck