DG Kunstraum, München

DG Deutsche Gesellschaft für christliche Kunst e.V. | Finkenstraße 4
80333 Munich

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'Eines Morgens vielleicht'
Gruppenausstellung der Künstlermitglieder der DG
04.07.2018 - 27.07.2018
Eröffnung am: 03.07.2018

Künstler:
Nicole Ahland (1970, Trier)
Judith Egger (
1973, Bayern)
Carsten Fock (1968, Deutschland)
Katharina Kneip (
1990, Trier)
Nikodemus Löffl (1960, Deutschland)
Michael Merkel (
1987, Dresden)
Sybille Rath (1970, Bonn)
Nele Ströbel (
1957, Stuttgart)

Kuratorin:
Benita Meißner

In diesem Jahr feiert die DG Deutsche Gesellschaft für christliche Kunst e.V. mit Sitz in München ihr 125-jähriges Bestehen. Gegründet wurde der Verein am 4. Januar 1893 vom Bildhauer Georg Busch, dem Pfarrer Franz Festing und dem Maler Gebhard Fugel als Antwort auf die Folgen von Aufklärung und Säkularisierung im Bereich der christlichen Kunsttradition, mit Unterstützung der verfassten katholischen Laienschaft, dem heutigen Zentralkomitee der Deutschen Katholiken. Die Gesellschaft sollte einer im christlichen Geist entstandenen Kunst Geltung verschaffen, die sich an für die Zeit fortschrittlichen Strömungen wie dem Naturalismus oder dem Realismus orientierte.

Anlässlich des Jubiläums wird in Anknüpfung an eine lange Tradition der Deutschen Gesellschaft für christliche Kunst eine kuratierte Mitgliederausstellung gezeigt. Seit den Siebzigerjahren fanden diese Ausstellungen ausgewählter Künstlermitglieder der DG regelmäßig statt. Die Künstler wurden aufgefordert, zum Thema ‚Eines Morgens vielleicht‘ Arbeiten einzureichen. Aus zahlreich eingegangenen Einsendungen wurden von einer Jury, bestehend aus Dr. Stefan Graupner, Dr. Daniela Stöppel, Dr. Karin Wimmer und Benita Meißner, Arbeiten von acht Künstlern ausgewählt.

Die Fotografie von Nicole Ahland wirkt wie der Blick aus einem dunklen Zimmer auf das Meer, dabei ist die Aufnahme über eine Camera Obscura aus vorgefundenem Material entstanden. Während ihres Aufenthaltsstipendiums der Det Paulsen Legaat Stiftung in Alkersum im vergangenen Jahr ist dieses Bild als Teil einer neuen Werkreihe entstanden, die fotografisch betrachtet ein sehr archaisches Vorgehen in dieser überdigitalisierten Bilderwelt darstellt.

Judith Egger entwickelt aus einer Reihe vorangegangener Arbeiten, die alle um das Thema der Freiheit beziehungsweise Unfreiheit des Individuums in unserer Gesellschaft kreisen, die neue installative Arbeit ‚Über den Wolken‘. Ein sich drehendes Mobile aus kleinen Tonköpfen, ein beweglicher “Stammbaum“ einer Gemeinschaft, die sich gegenseitig in Balance halten. Das Gedicht von Eugenio Montale bekommt hier eine doppeldeutige Lesart: Die plötzliche Erkenntnis, dass unsere physische Welt nur Schein und Leere ist, birgt gleichermaßen Freiheit und den Schrecken der absoluten Einsamkeit.

Die Formensprache von Carsten Fock ist von Unmittelbarkeit, Freiheit und Offenheit geprägt. Es gelingt ihm immer wieder aufs Neue, zu überraschen. In der großen malerischen Arbeit, die einem im Jahr 2015 in Wolfsburg entstandenen Bilderzyklus entstammt, sind Entfaltung, Dauer und Veränderung gleichermaßen sichtbar. Der Prozess der Entstehung wird in den Bildern stets wachgehalten. Katharina Kneip präsentiert mit der filmischen Installation ‚Retournierung - Schönheit in Phase 2‘ den Versuch, eine innere Zeitreise zu inszenieren. Während die den Körper umgebende Zeit fortläuft, kehrt die Künstlerin in eine bereits erlebte Situation zurück, um diese neu zu erfahren. Sie stellt die Frage: Kann nachträglich ein äußerlich bereits vergangener Moment bewusster erlebt, dokumentiert und abgeschlossen werden?

Auf dem Galerieboden liegt ein großer Eichenstamm, der sich als hohl erweist. Nikodemus Löffl hat mit Hilfe von Keilen den Stamm in zehn Teile gespalten, diese bearbeitet und wieder miteinander verbunden. Die äußere Gestalt des Eichenstamms ist markanter geworden, das Innere birgt Leere. Michael Merkel zitiert in der Serie ‚Prognosen aus Delphi‘ Darstellungsformen wissenschaftlicher Voraussagen. In Auseinandersetzung mit der Zukunft gab es seit jeher das Bestreben, deren Unwägbarkeit zu bannen. Mit der Prognostik wird der Versuch, Aussagen über die Zukunft zu treffen, im Zuge eines zunehmend rational-analytischen Weltbildes wissenschaftlich-methodisch untermauert. Durch die ausbleibende Beschriftung der Achsen entbehrt sie jedoch des wissenschaftlichen Aussagewertes. Stattdessen rückt eine emotional-subjektive Dimension ins Zentrum: die hinter den Messwerten verborgene Sehnsucht des Menschen nach einer positiven Zukunft.

Sybille Rath befasst sich mit den existenziellen Fragen des Menschen nach Ursprung und Vergehen. Ihre Figuren bewegen sich in einem Raum, der gleichzeitig virtuell und gegenwartsbezogen zu sein scheint.
Es wird versucht, ein Moment der Reflexion, der Lokalisierung von Raum aufzufangen und die Geschwindigkeit und Schnelligkeit der digitalen Welt zu reflektieren. Der Raum soll zum Betrachten stillgelegt werden, um den Blick zu festigen und Ruhe zu gewähren. Eine weitere Videoinstallation ist die von Nele Ströbel, die von einem historischen Chrom-Messing-Stativ auf ein Blatt Papier projiziert. Die Arbeit trägt den Titel ‚viel leicht‘ und erzählt von der rätselhaften Morgen-Performance eines jungen Paares.

Eines Morgens vielleicht

Eines Morgens vielleicht, schreitend in einer Luft,
gläsern und dünn, wend ich mich um und sehe sich das Wunder vollziehn,
das Nichts mir zur Seite, Leere im Rücken,
mit der Angst des Betrunkenen.

Dann wie auf einem Bildschirm lagern sich plötzlich
Bäume, Häuser und Hügel, wie in gewohntem Trug.
Doch dann ist es zu spät; und schweigsam geh ich
unter den Menschen, die nie sich wenden, mit meinem Geheimnis.

(Forse un mattino, Eugenio Montale, 1896-1981)