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Das Gustav-Lübcke-Museum würdigt Emil Nolde umfassend in seiner Rolle als Reisender in Deutschland und Europa: Von den ersten Aquarellarbeiten in Thüringen 1907 über Bilder der damals so genannten Zigeuner und Flamencotänzer in Spanien, von der überwältigenden Schweizer Bergwelt und Porträts von Gästen und Freunden auf Sylt bis hin zu lyrischen Meeresdarstellungen aus dem heutigen St. Peter Ording 1946 spannt sich der Bogen der Ausstellung. Viele Werke sind erstmals öffentlich zu sehen.

Emil Nolde ist Zeit seines Lebens viel und weit gereist. Am bekanntesten ist sicherlich seine einjährige Reise in die Südsee in den Jahren 1913/14. Doch unternahm der Maler gemeinsam mit seiner Frau Ada ebenfalls sowohl in Deutschland als auch innerhalb Europas zahlreiche mehrwöchige Urlaubsreisen, die auf markante Weise in seinem Schaffen Niederschlag gefunden haben. Stets hatte Nolde Öl- und Aquarellfarben im Gepäck und hielt Natur sowie Menschen mit traumwandlerischer Sicherheit im Bild fest. Die meisten Arbeiten der chronologisch aufgebauten Schau stammen aus der Sammlung der Nolde Stiftung im nordfriesischen Seebüll.

Im thüringischen Jena und dem Nachbarort Cospeda wandte sich Nolde im Februar und März der Jahre 1907 und 1908 erstmals intensiv der Aquarellmalerei zu. Hier gelangte er mit großer Experimentierfreude zu einer völlig neuartigen Malweise, die den Zufall in den Schaffensprozess bewusst mit einbezog. Eine eigene Abteilung entführt den Besucher nach Spanien, genauer gesagt nach Granada 1921, wo sein besonderes Interesse den etwa 3.000 Zigeunern Granadas, den so genannten gitanos, galt, die in Wohnhöhlen im Klosterberg Sacromonte oberhalb der Stadt lebten. Expressiver Tanz und expressionistische Malerei gehen in den Aquarellen Flamenco tanzender Frauen eine faszinierende Verbindung ein. Emil Noldes enge Verbundenheit mit der Schweiz geht auf seine Lehrtätigkeit am Industrie- und Gewerbemuseum in St. Gallen von 1892 bis 1897 zurück. Trotz des gleichbleibenden Motivs sind Noldes Darstellungen der unberührten Schweizer Bergwelt von großer Vielfalt und überwältigender Schönheit. Sie stehen ohne Frage auf gleicher künstlerischer Höhe wie seine weitaus bekannteren Darstellungen vom Meer und dem Marschland der norddeutschen Heimat. Vom Spätsommer bis Herbst 1930 hielt sich Emil Nolde für mehrere Wochen auf der Nordseeinsel Sylt auf. Er logierte in Haus Kliffende, dessen Besitzerin Clara Tiedemann ihrerseits Malerin war und ihm daher einen eigenen Atelierraum zur Verfügung stellen konnte. Zu Noldes Mitbewohnern gehörte unter anderem die Berliner Bildhauerin Renée Sintenis. Neben zahlreichen Bildnissen der Gäste der Pension sind noch weitere farbintensive Ölbilder und Aquarelle auf Sylt entstanden, unter anderem ein leuchtendes Portrait von Noldes Wirtin Clara Tiedemann sowie das Gemälde „Badestrand“. Als einziges Ölbild Noldes fängt es das lärmende Treiben der Inselgäste am Strand von Sylt während der Hauptsaison ein. Mit sehr idyllischen, fast verträumten Werken klingt die Ausstellung „Reiselust“ aus: Auf Einladung des Arztes Oskar Arnold verbrachte das Ehepaar Nolde im Frühjahr 1946 einige Wochen in dessen Sanatorium „Goldener Schlüssel“ im Luftkurort St. Peter auf der Halbinsel Eiderstedt, heute besser bekannt als St. Peter-Ording. Das künstlerische Interesse des fast Achtzigjährigen galt hier ausschließlich dem Meer, und so entstand in stillen Stunden am Strand oder in den Dünen eine dichte Folge lyrisch gestimmter Darstellungen der Nordsee. Trotz gleichen Formats weisen diese Blätter eine bemerkenswerte farbliche wie kompositorische Vielfalt auf. Die Elemente Wasser und Luft verschmelzen hier auf unnachahmliche Weise miteinander. Spiegelungen von Sonne und Wolken auf der Wasseroberfläche führen die Sphären des Himmels und des Meeres zusammen, während umgekehrt schwarze Rauchfahnen vorbeiziehender Dampfschiffe Wasser und Luft miteinander verbinden. Die Folge der in St. Peter entstandenen Aquarelle ist die letzte große Werkreihe im Schaffen Emil Noldes.

Das Gustav-Lübcke-Museum ist die erste Museumsstation der Ausstellung. Die Präsentation wird in Hamm ergänzt durch Werke aus dem Eigenbestand des Gustav-Lübcke-Museums zum Expressionismus in Westfalen. 1905/06 besuchte Nolde die Stadt Soest. Hier begegnete er dem bekannten, aus Hagen stammenden Maler Christian Rohlfs, mit dem er freundschaftlichen Kontakt pflegte und eng zusammenarbeitete. In einer eigenen Abteilung werden daher Arbeiten, die Nolde und Rohlfs in dieser Zeit geschaffen haben, gezeigt. Es sind Leihgaben aus dem Kunstbesitz der Stadt Soest.

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Emil Nolde
Reiselust
Unterwegs in Deutschland, Spanien und der Schweiz
Kurator: Andreas Fluck