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Aus dem Pariser Musée d’Orsay ist das bedeutende, 1868 entstandene Bildnis des französischen Dichters ÉMILE ZOLA von Édouard Manet als „guest of honour“ zu Gast. Wir nähern uns der Inkunabel der europäischen Kunstgeschichte mit Blick auf das dargestellte Modell, Émile Zola (1840-1902). Zola personifiziert die schreibende Zunft des 19. Jahrhunderts in spektraler Breite: Er war Dichter, naturalistischer Romancier, Journalist, Fotograf, Redakteur, politisch wirkender Moralist, Technikfreund, Weltausstellungs-Begeisterter, Analyst der sozialen Brechungen und Kunstkritiker. Bis heute sind seine Werke wie Nana, Thérèse Racquin, Le Ventre de Paris, Germinal, Das Paradies der Damen, Die Bestie Mensch in großen Verlagen vertreten – ob in französischer, deutscher, russischer oder japanischer Sprache. Zu seinen herausragenden zeitgenössischen Erfolgen zählten beispielsweise Nana und La Débâcle (Der Zusammenbruch). Überliefert ist, dass von den 55.000 erstgedruckten Exemplaren der Nana vorab alle vergriffen waren.

Émile Zola wurde am 2. April 1840 in Paris geboren. Kindheit und Jugend verbrachte er in Südfrankreich. Im Alter von 18 Jahren zog der väterlicherseits verwaiste Zola mit seiner Mutter nach Paris zurück. Im Jahre 1864 erschienen erste publizierte Erzählungen in Buchform. Seine schriftstellerische Arbeit stützte Zola auf monatelang währende Recherchen über Orte und Verhältnisse seiner ‚naturalistisch’ aufgefassten Schilderungen. Eine Verteidigung der Kunst an sich und der Malerei Édouard Manets im Besonderen verfasste er im Jahr 1867. Gleichzeitig erfolgte sein Debüt als Romancier mit Thérèse Raquin. Hier fand er endgültig seine Figuren und Motive aus dem Pariser Sozialkolorit, die zeitlebens sein schriftstellerisches Oeuvre prägten. Ein Jahr später entstand das berühmte Bildnis, in einer Zeit des Weichenstellens. Denn bereits 1869 nahm er sich nach dem Vorbild von Balzac einen großen, mehrbändigen Zyklus zum Thema Natur- und Sozialgeschichte einer Familie unter dem Zweiten Kaiserreich – die Familie Rougon-Macquart vor, vollendet in zwanzig Bänden. Ab 1873 verfasste Zola zahlreiche seiner „Sensationsbücher“: u. a. 1873 Der Bauch von Paris, 1877 Der Totschläger, 1880 Nana, 1883 Das Paradies der Damen, 1885 Germinal, 1887 Die Erde, 1890 Die Bestie Mensch, 1891 Das Geld. Sein Eintreten mit dem Artikel im Figaro 1897 für den als Spion angeklagten Alfred Dreyfus führte zu seiner eigenen Verurteilung und bedingte seine Flucht nach England. Erst im Sommer 1899 wurde die Rückkehr nach Frankreich wieder möglich. Der im Bildnis dargestellte 28-jährige Zola wirkte nicht ohne Grund im Auge des Malers Édouard Manet gefestigt und selbstbewusst. Auch Zolas Lebensweg zeugt davon. Für Manet sollte es das erste und einzige Bildnis seines Weggefährten sein – ein Unikat (während Zolas Jugendfreund, Paul Cézanne, von ihm zahlreiche Portraits malte). Das Bildnis offeriert eine unvergleichliche Verbindung zwischen Portrait, Stillleben, Interieur, Trompe l’oeil und Collage.

Das Museum Georg Schäfer freut sich, Ihnen das Zola-Bildnis in einem eingeblendeten zeitgeschichtlichen Kontext vermitteln zu können. Pariser Fotografie – von Genre bis in die Moderne weisende Kunstfotografie der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts – möge Ihnen die Stätten, an denen Zolas Stücke spielen (könnten), vor Augen führen. Émile Zola reflektierte mit seinen Werken die Gefräßigkeit der Spekulation und deren gesellschaftliche Folgen vor den Lebensbedingungen der städtebaulichen Neugestaltung von Paris. Im Auftrag des Kaisers Napoleon III. und ausgeführt durch den Präfekten Georges Eugène Baron Haussmann (1809-1891) waren die Abrisskommandos dabei, ganze Straßenzüge einzuebnen, um Paris mit großen Boulevards zu durchziehen. Die Wohnungsnot, zugespitzt durch den Zustrom von Arbeitsuchenden vom Land, wuchs sich zum gravierenden sozialen Problem aus.

Für die Ausstellung ist es gelungen, Pariser Spiegelungen von Meistern des Faches Fotografie zu gewinnen, u. a. von Atget, Baldus, Géniaux, Frères Séeberger, Delius, Frères Bisson. Die annähernd 100 Fotografien aus der Zeit von 1853 bis 1910 stammen aus zwei Pariser Privatkollektionen und dem Stadtmuseum München. Historische Ausgaben von Zola-Romanen, Hörbücher wie zu Thérèse Racquin (Original 1867) sowie Die Muscheln des Monsieur Chabre (1876) und eine Filmsequenz aus Au bonheur des Dames sprechen alle Sinne an. Bienvenue au musée Georg Schäfer. S.B.

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Emile Zola
Paris

Künstler: Eugène Atget, Baldus, Géniaux, Frères Séeberger, Delius, Frères Bisson, Édouard Manet
Kuratorin: Sigrid Bertuleit