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Die Dinge sind nicht, wie sie scheinen. In seiner Ausstellung »former airlines.« versieht der Frankfurter Künstler Eno Henze die Oberflächen mit Stolpersteinen, die den Blick auf das innere Wesen der Dinge freigeben. Dabei fungiert die Korrelation von Bildinhalt und Text als zentrales Motiv seiner Arbeit. Im einen Fall sucht er nach einer visuellen Repräsentation der Idee des Textes, im anderen Fall wird der Bildinhalt durch einen Textbestandteil oder den Titel auf eine neue Bedeutungsebene gehoben. Sein Formen- und Textrepertoire generiert er größtenteils aus den Zeichen und Versatzstücken westlicher Konsumrhetorik, so dass die Arbeiten durchaus als kritische Analyse unserer Gesellschaft verstanden werden können.

Durch die Kombination der Medien Fotografie, Video, Malerei und Druckgraphik zeigen sich die Wechselwirkungen von verknüpften Bedeutungsräumen auch im Medialen. In der Ausstellung »former airlines.« präsentiert Eno Henze seine Ordnung der Dinge in Plakaten, einer Projektion, fotografischen Arbeiten und einem fotografisch-malerischen Wandbild.

In seinen druckgraphischen Arbeiten verdeutlicht Eno Henze die komplexe Verschränkung von privaten und öffentlichen Bedeutungssphären und hinterfragt die Wertigkeit von Oberfläche und Inhalt. Der Künstler sammelt Texte des Alltags und schreibt sie in seinem Tagebuch nieder. So entsteht ein Konglomerat aus Texten, die der Werbung, Gesprächen oder Literatur entnommen sind und seinen eigenen Gedanken, die dadurch beeinflusst wurden. Mit seinen Plakaten bringt der Künstler die dem öffentlichen Bedeutungsraum entnommenen und privat veränderten Texte wieder zurück in die Öffentlichkeit. Eno Henze schöpft dabei aus der Populärkultur: Das Plakat, die Kommunikationsform zur Bekanntmachung von Events, interessiert ihn ebenso wie die Ästhetik der Werbung. Er bedient sich des visuellen Vokabulars unserer Gesellschaft und verwendet Elemente aus der Schicht der Zeichen. Er stört die Zeichenschicht, indem er seine neu entwickelten Logos in sie zurückführt. Durch minimale Veränderungen wird erst auf den zweiten Blick die Bedeutungsverschiebung deutlich. Die Plakate werden somit zu Stolperfallen in der konventionell codierten Schicht der uns umgebenden Zeichen. Sie lassen sich nicht auf eine Botschaft reduzieren, sondern eröffnen einen Interpretationsraum, der vom Betrachter selbst ausgefüllt werden muss. Die Drucke werden nicht nur im Ausstellungsraum gezeigt, sondern auch im öffentlichen Raum in Köln plakatiert.

In der Fotogramm-Serie »Stammheimzellen« verknüpft Eno Henze die Bedeutungsräume von Bild und Text durch die Visualisierung eines seiner Wortspiele. »Stammheimzellen« lässt einerseits die aktuelle Debatte um die Gentechnologie anklingen und verweist andererseits auf die Kontroverse, die sich um den Tod der RAF-Mitglieder entwickelt hatte. Die Suche nach der Wahrheit unter der Oberfläche ist bezeichnend für beide Anspielungen. Die Gentechnologie sucht nach Informationen in einem für unser Auge unsichtbaren Teil des Körpers. Die Geschehnisse in Stammheim stehen – nicht zuletzt durch Gerhard Richters malerische Reflektion dieses Themas – für die Täuschungen, die in jedem Bild stecken, auch wenn es sich um eine ðobjektiveÐ Fotografie handelt. Die Fotogramme bringen das Spiel mit der Oberfläche auf den Punkt. Sie scheinen, wie der Titel andeutet, das Abbild lebenden Gewebes zu sein. Der Künstler belichtete allerdings lediglich das Fotopapier, während es mit Schmutz und Seifenschaum bedeckt war. Wir sehen nur ein Abbild der Technik, das jedoch unendliche Assoziationen zwischen Mikro- und Makrokosmos zulässt. Eno Henze entlarvt die Glaubhaftigkeit der Oberflächen und die ðWahrhaftigkeitÐ der Fotografie selbst – mit ihren eigenen Mitteln.

Die Projektion »Star Alliance« erhält durch ihren Titel ebenfalls einen politischen Unterton und ist gleichfalls ein Spiel mit dem Sichtbaren. In den taghellen Raum projiziert Eno Henze seine Nachtaufnahmen der Lichter von Flugzeugen im Landeanflug. Das Licht im Raum löscht die Nacht aus, so dass ein poetisch anmutendes Bild von Lichtblitzen bleibt, die aus dem Nichts zu kommen scheinen und auch dort wieder verschwinden.

In der Arbeit »Alas!« (2005/06) verändert Eno Henze eine Fotografie aus sich selbst heraus in eine neue Bildrealität. Nukleus des Werkes ist eine Fotografie des Innenraums der Haghia Sofia. Der Künstler entwickelt aus Bildpunkten, die er dieser Fotografie entnimmt, eine zwischen Abstraktion und Figuration stehende neue Form, die er mit dem Ausgangsbild kombiniert. In seinem Wandbild greift Eno Henze die eben beschriebene Methode der Bilderweiterung ebenfalls auf. Während er in »Alas!« das Medium Fotografie jedoch nicht verlässt, überschreitet er in »Der Wille zum Wille« (2006) die Grenzen der Fotografie und überführt sie in Malerei. Er destilliert die der Fotografie inhärenten graphischen Formen und Strukturen und erweitert sie mit malerischen Mitteln. Die Malerei bleibt dabei dem Rhythmus der Ausgangsfotografie treu. Die Konfrontation des Bildlichen mit Text unterstreicht den sakralen Charakter dieser Arbeit, der auch in »Alas!« zu finden ist.

Eno Henze transportiert eine Idee von einem Medium in ein anderes. Was bleibt dabei erhalten? Was entsteht Neues?

Pressetext

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Eno Henze: former airlines