press release only in german

Eröffnung: Freitag, 7.12.07, 18-21 Uhr Einführung um 19 Uhr von Nancy Hünger, Autorin, Erfurt Der Künstler ist anwesend

Das sublimierte Fleisch

Nichts Ursprünglicheres ist in der Kunst zu denken, als der Körper, der Leib, der Leibes-Körper. Mit seinen Fasern und Fetzchen, gestreuten Wunden, dem Knittrigen, Gedunsenen, dem Weichen und Harten: den Malen des Fleisches. Auch ist kein sinnlicheres Sujet denkbar, als die vulgäre oder ästhetische Ausformung des Innen - Menschen.

Um so schwerer sich nicht auf die Wiederholung, das Wiedergekäute, Wiedergemalte zu stützen, sonder noch einmal und erneut zu erfinden, was immer nur meinen kann, eine Unbekannte hinzuzufügen, ins Spiel zu bringen, das Ungedachte, nennen wir es ruhig das Geheimnis (Baudrillard), wenn nicht einsehbar und transparent zu machen, so doch eine Ahnung dessen zu vermitteln. Um nichts weniger geht es dem Künstler Enrico Niemann.

Viel lieber diaphan als transparent, nenne ich die Kunst des Enrico Niemann, diaphan, weil es um ein poetisches, wenn auch aufgeklärtes Scheinen und Durchleuchten geht. Bei ihm ist der Körper (Leib), vom Trug gelöst, kein unversehrtes ganzes mehr, sondern brüchiges Fragement: Fremdkörper und zuweilen hässlich und fehlerhaft. Das Ideal tritt bei Niemann einzig als flüchtiges Oszillieren von Farbe und Licht auf, das auch den plumpesten Körpern eine ganz anmutige Leichtigkeit/ Leiblichkeit verschafft.

Auf Folien ist der Innen-Mensch aufgezogen, aufgetragen, entkörpert und wird zum konvulsiven und ästhetisches Spiel zwischen den fleischlichen Tönen, auch entortet ist er, denn was Innen war, ist nun, fast gewaltsam nach Außen gestülpt, verzehrt und verzogen und hängt gelegentlich in Schlächtermanier von der Decke.

Bewegt man sich zwischen den Leibern, den Werken des Enrico Niemann, stößt man unweigerlich auf neuralgische Punkte, man bewegt sich auf die Schindung des Marsyas zu und weiter noch zum gläsernen Menschen, auch zur Frage nach dem schönen Menschen, dem Leib gewordenen Ideal, rein und so sauber, so unecht wie die Folien die Niemann verwendet. Letztendlich gründet sich das Erstaunen über die Arbeiten Niemanns nicht einzig in der ästhetischen Wirkung (die wohl gemerkt kein einfaches wohlgefälliges Scheinen ist, sondern aus dem klassischen Paradox zwischen Erhabenheit und dessen Gegenteil, ihre Kraft bezieht), sondern vielmehr in der Leichtigkeit, mit den grundsätzlichen Fragen der Lebensbegabung zu handeln, ohne diese den Werken durch ein monströses Konzept künstlich einzuverleiben. Vieles ist eingedacht und bringt sich poetisch-enigmatisch zur Sprache, wird Fleisch.

Nancy Hünger, Autorin, Erfurt

Biografie Enrico Niemann

1978
geboren in Bad Saarow 1998-2001
Ausbildung zum Mediengestalter für Print- und Digitalmedien Frankfurt/Oder 2001-2007
Studium der Freien Kunst der Bauhaus Universität Weimar 2007
Diplom der Freien Kunst der Bauhaus Universität Weimar lebt und arbeitet in Berlin und Weimar

Ausstellungen

2007
Kunststudenten stellen aus, 18. Bundeswettbewerb des BMBF Kunst- und Ausstellungshalle der Bundesrepublik Deutschland, Bonn (ga) 2006
Büro-Kunst und Hotel-Rouge, Artbuero Berlin Galerie, (mit Katja Hochstein), Berlin 2005
Wer hat Angst vorm großen Malschwein?, Deutsches Schweinemuseum, Teltow-Ruhlsdorf (ea) Die entblößte Farbe Rosa, The University Art Museum, Tokyo - National University of Fine Arts and Music, Tokyo (Japan) (ga) Erholung, Kunstwandelhalle, Bad Elster (ga) lustwandeln?, Stadtmuseum Weimar (ga) Malstall, Marstall, Weimar (ga) 2004
Sex up your pig, Kulturfabrik, Fürstenwalde (ea) Transit unfoldet, Toyota Municipal Museum of Art, Nagoya (Japan) (ga) Die Linie als Kunst und Lebensspur 23. Kunstpreis der Kreissparkasse Esslingen-Nürtingen, Esslingen (ga) Malerei-Paradigmenwechsel, ehemalige Kita-Nord, Weimar (ga)

only in german

Enrico Niemann
Intercarnation - Installation & Folienmalerei
Kuratorin: Sabine Aichele-Elsner