artist / participant

press release only in german

Substitute & Replacement ist nach ihrem Beitrag für eine Gruppenausstellung zu Beginn des Jahres die erste Einzelausstellung Erika Hocks in der KUTTNER SIEBERT Galerie. Substitute & Replacement ist zugleich ein programmatischer Auftritt der in Düsseldorf lebenden Künstlerin. Erika Hocks Kunst für diese Ausstellung beginnt in der Auseinandersetzung mit Architektur. Architektur, dass meint den bebauten Raum sowie die funktionale Geste, das Volumen und gleichermaßen das bauliche Detail. So transformiert Erika Hock in einer ihrer gezeigten Arbeiten die Proportionen des Dreischeibenhauses, ein für Düsseldorf prominentes und städtebaulich in seiner Funktion als raumgliederndes Element wichtiges Gebäude der fünfziger Jahre, in ein mit Stoff bespanntes Gerüst. In seiner stattlichen Größe behält das künstlerische Objekt diese Funktion naturgemäß bei.

Die Proportion der drei Teile zueinander mag das bauliche Vorbild in Erinnerung rufen, während die stoffliche Behandlung der Körper andere, eher mit der Innengestaltung der Gebäude aus dieser Zeit verbundene Assoziationen beim Betrachter weckt. Und so sind Textur und Farbe der Außenhaut mit den applizierten Holzleisten Reminiszenz an eine Architektur, die trotz allen Stolzes auf die Reduzierung ihrer funktional wesentlichen Elemente, in ihrer Innengestaltung an solchen ornamentalen Details festhielt. Bei Erika Hock wird diese spielerische Attitüde zitiert und zu einem wesentlichen Element der Arbeit, indem der Abstand der vertikalen Verstrebung nicht gleichmäßig, sondern sich zu einer Seite hin allmählich verringernd, die Verjüngung des Objektes bei seitlicher Betrachtung auf einen Fluchtpunkt hin suggeriert. Das Werk verkleinert sich aus einem bestimmten Winkel betrachtet zumindest optisch und sucht somit die Nähe zu einem Modell, dessen Funktion bekanntermaßen die Veranschaulichung von Proportionen ist.

Ähnliche Prinzipien veranschaulicht ein weiterer Beitrag Erika Hocks in dieser Ausstellung. Ein minimaler Eingriff lässt den Lichtkranz im hinteren Teil des Ausstellungsraumes mit einer Seite von der Decke hängen. Von dem idealen Betrachterstandpunkt der Eingangstür aus gesehen, bilden die Neonröhren Fluchtpunkte, die den Raum optisch verlängern. Von einem anderer Standort gesehen wird dieser Eindruck gebrochen und veranschaulicht das konstruktive Element dieser Idee wie vormals bei der als Modell getarnten Skulptur. Der Lichtkranz wird somit zu einem Objekt und erfüllt nicht mehr lediglich die Funktion als Galeriebeleuchtung. Die ursprünglich geschlossene Form des Lichtkranzes wird beibehalten, während er gleichzeitig durch die Verschiebung von der Decke in den Raum die Nähe zu den anderen, sich in der Galerie befindlichen Objekten, sucht.

Eine weitere Arbeit besteht aus einem liegenden Stahlskelett, zusammengeschweißt aus vier vertikalen und vier horizontalen Vierecken und dem Prinzip einer Vorhangfassade folgend, stellenweise mit unterschiedlich glasierten Keramikplatten versehen. Die Arbeit zeichnet mit den Stahlstäben Volumen nach. Mit der Abkehr von festen Körpern zu skelettartigen Rahmenkonstruktionen und dem Experimentieren von offenen Formen betont Erika Hock die Gestalt und Form der Struktur. Das so abstrahierte Objekt bezieht sich nicht länger auf ein konkretes bauliches Vorbild, sondern wird zu einem Stellvertreter modernistischer Architektur.

In der künstlerischen Position Erika Hocks zeigt sich das gegenwärtige Verständnis einer Formensprache in Skulptur und Installation mit seinen deutlichen Referenzen zur Minimal Art der 60er und 70er Jahre und deren Beschäftigung mit der unmittelbaren Wahrnehmung von Raum, Volumen und Material. Doch die phänomenologische Präsenz dieser Merkmale konterkariert Erika Hock formal durch die Wahl des Materials und inhaltlich durch die Konstruktion eines immanenten Referenzpunktes. Dieser Bruch erwirkt eine Begriffsverschiebung der formbezogenen Kunst in Richtung Kultur, Identität und Erfahrung. Und letzteres meint sowohl deren Unmittelbarkeit als auch deren Vermittlung.

Erika Hock, geboren 1981 in Kirgisistan, lebt und arbeitet in Düsseldorf. Sie studierte an der Kunstakademie Düsseldorf bei Rita McBride. 2009 erhielt sie das Wilhelm-Lehmbruck-Stipendium des Landes Nordrhein-Westfalen und den Audi Art Award. Seit 2010 ist Erika Hock Stipendiatin der Kunststiftung NRW.

only in german

Erika Hock
Substitute & Replacement