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Ernst Ramseier: Kopflandschaften
06.03.-16.05.2021

Der Künstler Ernst Ramseier (*1936, Langnau im Emmental, †2020, Krattigen) war Maler, Grafiker und Lyriker. Seine ausdrucksstarken Darstellungen von Einzelfiguren und dichten Menschengruppen sind einprägsam und eigen. Die Charakterköpfe blicken frontal auf den Betrachter; sie irritieren und faszinieren zugleich. Das Kunstmuseum widmet dem vor einem Jahr verstorbenen Künstler eine Einzelausstellung mit teilweise noch nie gezeigten Ölbildern aus dem Nachlass und ausgewählten Holzschnitten aus dem grossen Sammlungskonvolut des Kunstmuseum Thun.

Schweizer Felder und Berge, immer wieder kahle Bäume
Und am Bildrand Frauen, Männer und Kinder, die uns ansehen. Die Werke von Ernst Ramseier sieht man und behält sie in guter Erinnerung. Ein schönes Gefühl, das der im vergangenen Jahr verstorbene Künstler uns hinterlässt.

Die Kunst Ernst Ramseiers ist wunderbar einprägsam
Charakteristische Einzelfiguren oder dicht gedrängte Menschengruppen finden sich nicht etwa in der Mitte seiner Bilder, sondern am Bildrand. Er bettet sie in leere Landschaften ein oder stellt sie auf verlassene Plätze aus Kopfsteinpflaster. Der fehlende Fokus fasziniert und irritiert: Ist die Landschaft das Thema oder sind es die Figuren? Letztere schauen uns unmittelbar an. Mit Blicken, die eine eigentümliche Mischung aus Teilnahmslosigkeit und Verwunderung bedeuten.

Der 1936 im Emmental geborene Ramseier weckt mit seinen Werken ungewöhnliche Gefühle im Betrachtenden. Einerseits wollen wir das Bild anschauen, wissen aber nicht genau, wohin zuerst schauen. Dann entscheidet man sich für die Landschaft und fühlt sich wiederum von der guckenden Randfigur beobachtet. Beinahe hört sie man sie laut denken: «Gruessech – ich war zwar zuerst hier, aber komm ruhig rein, wenn du bereits halb im Bild bist.»

Man wird nicht schlau aus Ramseiers Figuren
Erwarten sie eine bestimmte Reaktion oder warten sie lediglich darauf, dass wir unseren Blick wieder abwenden, damit sie ungestört fortfahren können? Ramseier lässt uns in seine Bilder eintreten und das Dargestellte miterleben, stellt uns in gewissem Sinne als Fremden dar, dessen plötzliches Eindringen die Bildfiguren irritiert in Augenschein nehmen und eröffnet auf diese Weise ein humorvolles Spiel des Beobachtens, indem der Betrachter in die Rolle des aktiven Beobachters tritt, aber zugleich auch selbst zum Beobachteten wird. Im Kunstmuseum Thun möchten wir in der Ausstellung «Kopflandschaften» nicht nur ausgewählte Holzschnitte aus der Sammlung des Kunstmuseum zeigen, sondern auch ausdrucksstarke Ölbilder aus dem Nachlass des Schweizer Malers, Grafikers und Lyrikers, die zum Teil noch nie ausgestellt wurden.

Ernst Ramseier, der mit 20 Jahren nach Krattingen zog, zählt zu den bedeutendsten Holzschnitzern der Schweiz und ist für seine Malerei, Mosaike, Reliefs, Glas- und Sakralkunst sowie seine Eingangs-, Treppenhaus- und Platzgestaltungen bekannt. Seine Gedanken, Erfahrungen und Erlebnisse bringt der Maler überdies in seinen lyrischen Werken Glaskugeln (1961), Die Landschaft des Betrachters (1995), Brot und Wein warten auf uns (1997) oder Schalttag (2004) zum Ausdruck. Bereits als Schüler zeigte Ramseier ein grosses Interesse für Malerei wie auch Literatur. Dennoch beginnt er zunächst eine kaufmännische Lehre. In seiner Freizeit malt der junge Künstler vor allem das, was ihn umgibt – die umliegenden Landschaften sowie das städtische Treiben seiner zweiten Heimatstadt Thun. Natur und Menschen - Sujets, die ihn Zeit seines Lebens beschäftigen. Seine zunehmende Begeisterung und Leidenschaft für Kunst, veranlassen Ernst Ramseier dazu, die Lehre abzubrechen und Künstler zu werden. Seine künstlerische Ausbildung durchläuft er als Autodidakt, Lehrmeister findet er in Museen, Galerien, bei Künstlerkollegen*innen und auf Reisen. 1961 stellt Ramseier in der Galerie Aarequai in Thun zum ersten Mal selbst aus. Seine dort ausgestellten Simmentaler Landschaften finden grossen Anklang. In den Folgejahren erhält der Künstler nicht nur zwei Stipendien, sondern auch zunehmend öffentliche und private Aufträge.