Ars Futura

Bleicherweg 45
CH-8002 Zurich

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Erwin Wurm (*1954, lebt in Wien) präsentiert in der Galerie Ars Futura Ausschnitte aus zwei Fotoserien, die mit gesellschaftlichen Konventionen und deren Verletzungen experimentieren. In der Serie mit dem Titel Anleitungen zum politisch inkorrekt sein werden in alltäglichen Situationen groteske Handlungen vollzogen, die den allgemeinen Grundkonsens gesellschaftlicher Verhaltensnormen unmittelbar brechen. In der Fotographie Inspection steckt ein Mann einer teilnahmslos plaudernden Frau den Kopf in den Ausschnitt und inspiziert ihr Decolleté. Die Szene findet in einem öffentlichen Restaurant statt. In Two ways of carrying a bomb steht sich der gleiche Mann teilnahmslos gegenüber und trägt - einmal hinten, einmal vorne - in der Hose eine kugelförmige Auswölbung. Politische und gesellschaftliche Normen werden ins Komische gezogen. Die Absurdität der Szenen stellt gesellschaftliche Verhaltensregeln in Frage und zieht ihre Gültigkeit in Zweifel. Bei der zweiten Serie mit dem Titel Brüder und Schwestern handelt es sich um eine Auftragsarbeit für ein Kloster. Mönche und Nonnen werden in grotesken Inszenierungen gezeigt, die mit religiösen Symbolen verschiedener Herkunft spielen. Sie zitieren einerseits aus dem Fundus einer spezifisch österreichischen Tradition des restriktiven Katholizismus. Durch Einbezug jüdischer Symbole andererseits erschliesst der Künstler auch einen kulturaustauschenden Zugang zum Phänomen Religion. Gegenstände wie Brot, Apfel, Kreuz, Boden, die in der christlichen Tradition eindeutige Anspielungen auf Sakrament, Sündenfall, Opfer und Weihe besitzen, sowie die jüdische Symbolhandlung des Betens an der Klagemauer, werden in neuen Arrangements präsentiert. Die Inszenierungen besitzen auf den ersten Blick immer absurden Charakter. Oberflächlich zeigen sie Witz, unterlaufen aber bei genauerer Betrachtung die Institution Kirche auf subtile Weise. Sie legen die Absurdität kirchlicher Konventionen und Regeln offen und zielen auf tabuisierte Themen, etwa Sexualität, sinnentleertes Ritual und schematisierte Nachfolge. In beiden Serien erreicht Erwin Wurm eine Irritation des Betrachters und eine Infragestellung konventioneller Handlungsnormen. Er zielt mit seinen absurden Szenen und ihrem Kontrast zur Ernsthaftigkeit der verwendeten Zeichen auf die Sinnlosigkeiten und Widersprüche herkömmlicher Symbolsysteme. Wie schon in früheren Arbeiten, begeben sich Menschen durch ihre Handlungen und ihre Interaktionen mit Gegenständen im Raum in skulpturhafte Posen. Erwin Wurm dokumentiert in seinen Bildern diese menschlichen Fähigkeiten zur aberwitzigen Selbstinszenierung. Seine Arbeiten irritieren und amüsieren - sei es innerhalb des Systems Kunst, indem er Medien und Gattungen kombiniert, oder sei es innerhalb des Systems Gesellschaft, indem er Normen und Regeln auf ihre Gültigkeit testet. Text: Sabine Rusterholz, April 2003

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Erwin Wurm