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In der Galerie Tedden stellen acht Studenten aus meiner Klasse aus und ich denke, es wird schon anhand dieser Auswahl klar, daß es sich in dieser Klasse um sehr individuelle künstlerische Auffassungen handelt.

Xianwei studiert im vierten Jahr an unserer Akademie, hat aber in China bereits ein Studium abgeschlossen. Xianwei Zhu verdankt der Betrachter, der sich auf seine Bildwelt einlässt, einen anderen als den gewohnten Blick auf unsere Kultur. Er hat auch so schöne Ausstellungstitel wie „Denken viel“(hier liegt die Dokumentation) oder „Es ist gesund“ erfunden. Es ist gesund- das wäre eine Redensart, die ihm sehr oft in Deutschland begegnet wäre, und die in China unbekannt sei.

In seinen Bildern erkundet ein Mischwesen aus Kleinkind mit überproportional großem Kopf und aus Puppe die Welt. Er schafft dadurch Distanz sowohl zu den Motiven, die er den Massenmedien entnimmt, als auch zu dem, was aus seiner Biografie entstammt. (Siehe das kleine Bild : er selbst in seinem Zimmer in China mit Maobild an der Wand). Ich behaupte: würde ein in unserem Kulturkreis beheimateter Maler mit diesen Motiven arbeiten, so würden die Bilder sicher ganz anders aussehen. Das ist jedem klar. Aber wie anders und was unterscheidet Xianweis Bilder von den erwähnten. Es ist mainstream, daß man medienbezogen arbeitet, die Malerei, die wir hier im Westen kennen, ist entweder gebrochen durch Fotografie oder eine elektronische Technik oder wird durch eine andere Methode von der „künstlerischen Handschrift“ befreit. Xianwei Zhu suchte geradezu diese künstlerische Handschrift, sie besteht vor allen Dingen in seiner feinen, sensiblen Farbigkeit und darin, seine Bildmotive aus Zeitungen und Fernsehen von der inhaltlichen Festlegung zu befreien.

Jingfang Li stammt, es ist unschwer zu erraten, ebenfalls aus China. Er studiert im dritten Jahr an der Akademie, hat davor ein Kunststudium in China abgeschlossen und war anschließend zwei Jahre in St.Petersburg. Die Aussteller können hier in diesen Räumen nur einen Teil ihrer Arbeiten zeigen, und ich möchte erwähnen, wie komplex die Arbeit von Jingfang ist. Vielleicht hat der eine oder andere seinen „Kulturzug“ in der Sommerausstellung auf dem Flur in der ersten Etage gesehen. Der Zug ist im Katalog von „Denken viel“ abgebildet, allerdings sehr klein. Er hat im Original die Maße 2 m x 20 m.

Mehr als bei Xianwei Zhu zeigt sich die Verbundenheit mit seiner Kultur in Jingfangs Bildern. Als er kaum hier angekommen war, reiste er für 2 Monate nach Tibet. Daraufhin entstanden die Bilder mit den vielen Tibetmotiven auf Farb- und auf Zigarettenschachteln gemalt. Ein Verweis auf das Material, aus dem die Bilder gemacht werden, aber auch eine ironische Brechung seiner Sehnsucht nach Tibet. Dort wollte er eigentlich leben, er möchte sich aber auch mit unserem Kulturkreis auseinandersetzen. Die Bilder mit den Gefäßen- der Titel lautet „Begierde“- und die Porträts hat er in den letzten zwei Monaten in China gemalt, er kam erst am 30. Januar zurück. Die Grafik für unsere Mappe, die zu unserer Ausstellungsreihe „Es ist gesund“ erscheint, druckte er ebenfalls in China.

Auf Begierden aller Art bezogen sich Jingfangs Bilder immer wieder. So gibt es im „Kulturzug“ etliche Zitate aus der sexistischen Werbung. Bei diesem Zyklus hier geht es um die Voraussetzung , am Leben zu bleiben, um Essen. Ich denke, in der kruden Art, wie die Bilder gemalt sind, wobei die Risse vom Maler sorgfältig vorbereitet und durchaus gewollt sind, braucht es keine inhaltliche Deutung. Auch Jingfang Li behandelt Themen in seinen Bildern, direkt und subjektiv, ohne zu fragen, ob man das darf. Dies ist der Grund, weshalb die Bilder eine starke Aussagekraft haben und deshalb schätze ich diese Bilder ganz besonders und bitte Sie, nehmen Sie sich die Zeit und betrachten Sie die Bilder genau.

Auszug aus einem Text von Cordula Güdemann

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Es ist gesund - Klasse Cordula Güdemann
Akademie der Bildenden Künste, Stuttgart

mit Ilker Basirli, Sae Esashi, Jingfang Li, Wolfgang Neumann, Ulrike Rumpf, Katharina Schick, Ellen Strittmatter, Xianwei Zhu

Es erscheint eine Grafikmappe mit Arbeiten von: Ilker Basirli, Stephanie Ernst, Sae Esashi, Sina Firniss, Melanie Glaser, Cordula Güdemann, Isabelle Hannemann, Hye-Won Kim, Markus Koch, Sabine Kraiß, Jingfang Li, Jasminka Mikec, Ulrike Rumpf, Verena Schaffitzel, Katharina Schick, Ellen Strittmatter, Gudula Trefzger, Xianwei Zhu