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Fabian Marcaccio (*1963, Rosario de Santa Fe, Argentinien, lebt in New York, USA) ist 2002 durch seine raumgreifende Inszenierung mit Malerei anlässlich der Documenta 11 einem breiteren Publikum bekannt geworden. Bereits in den 1990er Jahren bewegt sich seine Kunst zwischen den traditionellen Gattungen der Malerei, Plastik und Installation. Das besondere Kennzeichen seines künstlerischen Ansatzes liegt gerade darin, das zweidimensionale Bild auf verschiedene Weisen in den realen Raum zu führen. Das Spektrum reicht vom gemalten dreidimensionalen Objekt, über frei im Raum stehende Skulpturen bis zur monumentalen Malereiinstallation. Vielfach entstehen die Interaktionen zwischen Gemälde und Raum auch durch zeltartige Verspannungen. Bis Mitte der 1990er Jahre arbeitet Marcaccio vorwiegend mit der Technik der Collografie, einer Form von Monotypie, bei der Reliefformen mit der Druckpresse auf den Bildträger übertragen werden. Dabei bricht er zum Beispiel den Keilrahmen des Bildes auf, indem er ihn teilweise modelliert und von hinten in die Oberfläche des Bildes hineinkrümmt. Marcaccio bezeichnet solche Werke als Paintants, ein Begriff, den er aus painting und mutant zusammengesetzt hat.

Seit der zweiten Hälfte der 1990er Jahre produziert Marcaccio mehr und mehr Werke, in denen er mit computergenerierten Bildern operiert. So können fotografische und journalistische Elemente in seine Bildwelt einfließen. Fotos von Demonstrationen, Luftaufnahmen von Städten, aber auch extreme Verschlingungen von Mikro- und Makrostrukturen zeichnen diesen neuen Werktypus aus, in dem sich malerische Tradition und Neue Medien subversiv vermischen.

In jüngster Zeit hat Marcaccio seine künstlerische Arbeit nochmals neu justiert, indem er die Struktur seiner frühen abstrakten Paintants aufgreift und sie mit aktuellen gesellschaftspolitischen Themen besetzt. Dementsprechend hat der Künstler den Ausstellungstitel Some USA Stories gewählt. Die eigens für das Museum Haus Esters erarbeitete Serie von 12 Werken setzt sich kritisch mit Themen auseinander, die zur dunklen Seite der jüngsten amerikanischen Geschichte gehören. Der mexikanische Drogenkrieg, das Waco- Desaster in Texas, der von Jim Jones verordnete Massenselbstmord in Guyana, das Falludscha Massaker oder die Schülermorde an der Columbine School sind Beispiele dafür. Marcaccio arbeitet nun mit extrem grob strukturierten Malflächen, die zum Teil aus dicken Hanfschnüren und zum Teil aus Kletterseilen geflochten werden. Die Bildgründe können daher zugleich von vorne und von hinten bearbeitet werden. Die Farbmaterie wird mitunter durch die Gitterstruktur des Flechtwerks gepresst und interagiert solchermaßen mit den Farbpartien und den darin verwobenen Silikonapplikationen auf den Bildvorderseiten. Für die Silikonformen hat Marcaccio eine Pressmaschine erfunden, die es ihm ermöglicht, verschiedene reliefartige Elemente herzustellen. Dieses Verfahren erzeugt eine ungeheure, geradezu monströse Präsenz, durch die die Arbeiten physisch auf den Betrachter einwirken. Aus der Nähe gesehen treten allein die Netzstruktur und die Farbmaterie ins Blickfeld. Erst die Anschauung aus der Distanz lässt jene oben genannten gesellschaftlichen Themen erahnen: Das Abbild erwächst aus einer dicken Farbmaterie, die ihrerseits präsent bleibt. So entsteht ein malerischer Hybrid, der weder reine bildliche Illusion noch konkretes Ding ist, der Inhalte transportiert und diese gleichzeitig verändert und abstrakt werden lässt.

Im Laufe der Krefelder Ausstellung erscheint ein Katalog (deutsch/englisch) mit einem Text von Martin Hentschel und einer Dokumentation aller ausgestellten Arbeiten.