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Fährten kann man in zweierlei Richtung lesen: Wer irgendwo hin geht, kommt stets irgendwo her. Und so sitzt der junge Mann – so nackt wie ein ungeschriebenes Buch – auf einem Stapel alter Bruchsteine. Sie sind einmal zu etwas nütze gewesen, werden es wieder sein, irgendwie, irgendwann, vielleicht dann, wenn der Junge seinen Blick, der in die Ferne geht, auf seine Hände senkt, die er sich, wohl ohne es zu bemerken, schon reibt.

Auf den ersten Blick haben die Geschehnisse der letzten drei Dekaden aus zwei Ländern ein einziges gemacht, wobei eines versickert zu sein scheint und das andere sich zackig ausgebreitet hat. Ein und dieselbe Straßenecke vor und nach dem Mauerfall würde diesen Wandel einprägsam belegen. Oberflächlich. Bei Fux zeigen diese Brüche sich auf ganz eigene Art. Als ob er ein Sonnenbad nehmen möchte, hat ein Mann sich auf eine Eisenbahnschiene gelegt, links und rechts von ihm Schwellen. Jederzeit können die Schienen zu vibrieren beginnen, kann der Zug der Zeit sich nähern, doch bis dahin verharrt er in seinem Balanceakt, ob resigniert oder in gelassener Zuversicht, wir vermögen es nicht zu entscheiden.

Noch so ein Moment zwischen Vorgestern und Übermorgen: Ein Stapel Sperrmüll vor karstiger Hausfassade, angehäufte Vergangenheit, aber nichts von putziger Nostalgie, keine versteckten Schätzchen. Und ein Bursche springt mit großem Anlauf darüber hinweg, fliegt geradezu, Arme und Beine weit gespreizt. Wo er landen wird, wissen wir nicht.

Matthias Frings

Press Release:

Tracks – Andreas Fux Photographs Spanning Three Decades

Tracks can be read in two directions: both coming and going. And so sits the young man - as naked as an unwritten book - on a pile of old stones. Once they were useful for something, and will be again, somehow, sometime - perhaps then when the youth shifts his gaze from the distance down to his hands that, likely unaware, he already rubs.

At first glance the events of the last three decades have formed one country from two, whereby one seems to have dwindled away, while the other has expanded swiftly. The same street corner before and after the fall of the Wall would illustrate this change memorably. Superficially. In Fux's work, these divisions reveal themselves in a very particular way. As if he wanted to sunbathe, a man has lain down on train tracks, crossties to the right and the left of him. At any moment the tracks may begin to vibrate, the train may approach him, but until then he remains in his balancing act. Whether he is resigned or coolly confident, we are not able to determine.

Another moment between the day before yesterday and the day after tomorrow: a heap of rubble in front of a weathered facade - accumulated past events, but without cutesy nostalgia, no hidden little treasures. And a young man, having taken a running start, leaps over it - practically flying - arms and legs spread wide. Where he will land, we do not know.

Matthias Frings

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Fährten - Andreas Fux
Fotografie aus 3 Jahrzehnten

Künstler:
Andreas Fux