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Judith Sturms aktuelle Arbeiten geben uns Bilder von Frauen zu sehen, die man aus Filmen und der Werbung längst zu kennen glaubt: Sie zeigen Frauen in sattsam bekannten Posen mit ihrer provokanten Zurschaustellung von nackter Haut und Körperlichkeit, die durch die eng sitzende, modische Kleidung betont wird. Der Bildausschnitt fokussiert auf stimulierende Details wie Brüste, Beine und Po, der Kopf als Zeichen der Individualität wird durch die oberen Bildgrenzen „abgeschnitten“. Die durch Posen, Gesten und Kleidungsstil geweckten Erwartungen werden beim genaueren Hinsehen jedoch durch bestimmte malerische Strategien subtil unterlaufen.

Die erwartbare makellose Haut erscheint fleckig und angegriffen. Eine mit Salzen behandelte Leinwand erzeugt beim Farbauftrag eine Maloberfläche, die wie zerfressen wirkt. Farbspuren überziehen die Inkarnatflächen. Sie entziehen den Bildern die plakative erotische Wirkung indem sie auf das Gemacht/Gemaltsein hinweisen. Einen ähnlichen Effekt rufen die Spiele mit Figur und Hintergrund hervor. Einige konturierte Flächen werden bewusst nicht ausgemalt. So offenbart ein hoher weißer Damenstiefel beim genauen Hinsehen nur weiße Leinwand. Ein erotisch konnotiertes Tigermuster auf der Kleidung wird als neutrales grau-weißes wieder Hintergrundmuster aufgegriffen. Diese Irritationen halten uns als die Betrachtenden in einem Vexierspiel zwischen Annäherung und Abstand.

Hilla Koch-Neumann arbeitet seit Ende der 1970er Jahre mit Ton. Sie hat viele Jahre mit der Töpferscheibe gearbeitet und ihre Werke aus Steinzeug gedreht und geformt. Ihr Interesse am europäischen Kunstgeschehen wie an fremden Kulturen, an historisch-traditionellen, archaischen Formen wie an klassisch modernen ließ sie zu ihrem eigenen Stil finden. Es lässt sie aber auch immer wieder neue Wege gehen. Seit einigen Jahren gestaltet sie Stelen, die von einem Gerüst aus Stahl gehalten werden.

Entstanden sind Mischwesen, Fabelwesen, mythische Figuren, meist Frauenfiguren, wie die „Königin der Nacht“ oder eine Katzenfrau. Die abstrahierten Körper fügen sich aus Röhren zusammen, die Köpfe sind als freie kugelähnliche Formen gedreht oder geformt. Die Oberflächen werden durch geritzte Linien oder farbige Flächen gegliedert. Details wie Münder und Augen können plastisch hervortreten oder durch Ritzungen angegeben sein. Linien können als Richtung über einen Körper führen oder sich zu Zeichen und Symbolen (Herz, Spiral, Stern) fügen. Hilla Koch-Neumann spielt souverän mit den Möglichkeiten, die die Keramik schon immer geboten hat: Ihre Gestaltungen bewegen sich im Spannungsverhältnis zwischen zweidimensionaler Fläche und dreidimensionalem Gegenstand. Daraus resultiert auch die Mehransichtigkeit einiger Keramiken, die zu immer neuen Überraschungen führt.

Zu den Künstlerinnen: Judith Sturm wurde 1973 in Saarlouis geboren. Von 1994 bis 2000 studierte sie freie Malerei an der Hochschule der Bildenden Künste Saar. Nach dem Diplomabschluss wurde Judith Sturm zur Meisterschülerin von Prof. Bodo Baumgarten ernannt. Im Jahr 2005 erhielt sie eine Einzelförderung des Ministeriums für Bildung, Kultur und Wissenschaft. 2006 und 2008 war sie zu Arbeitsaufenthalten in Tampa, Florida. 1999 wurde Judith Sturm mit dem „Kulturpreis Junge Kunst Saarlouis“ ausgezeichnet, 2000 erhielt sie ein Förderstipendium Der Landeshauptstadt Saarbrücken. 2007 nahm sie am „Kunstpreis Robert Schuman/Prix d’Art Robert Schuman“ teil. Seit 1995 wurden Judith Sturms Arbeiten auf mehr als 25 Ausstellungen in Deutschland, Frankreich, Irland, Italien, Polen, USA (Florida) und China gezeigt, ihre Werke waren auch zweimalig auf der Bridge Art Fair in Miami zu sehen.

Hilla Koch-Neumann wurde 1938 in Kassel geboren. Nach einer Ausbildung zur Musiklehrerin fand sie 1979 den Kontakt zum Material Ton. 1983 und 1984 war sie Gast an der Schule für Kunst und Handwerk in Saarbrücken und in den Badischen Töpfereien in Baden- Baden. 1989 und 1990 folgte die Weiterbildung an der Europäischen Akademie für plastisches Gestalten in Trier bei Hans Gassmann. Hilla Koch-Neumanns Fertigkeit im Freidrehen auf der Töpferscheibe wuchs im Laufe der Jahre, sie erprobte auch eigene Feldspatglasuren für den Steinzeugbrand. Aufenthalte in Nordafrika, Nepal, Jordanien, Syrien und Libanon hinterließen bleibende Eindrücke, die sich in der Gestaltung ihrer Stelen wiederfinden. Der ersten Ausstellung 1980 folgten mehr als 40 im Saarland, Rheinland-Pfalz, Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen.

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Farben & Formen
Malerei von Judith Sturm
Keramikstelen von Hilla Koch-Neumann