press release only in german

Ausstellung im Zehnspeicher

"In drei Phasen verlief das künstlerische »Experiment« des Westwendischen Kunstvereins in der Gartower Seegeniederung: Aus einem geladenen Wettbewerb mit einer umfassenden Ausstellungspräsentation der vorgeschlagenen Projektentwürfe von Bob Braine, Mark Dion, Bogomir Ecker, Henrik Håkansson, der Galerie für Landschaftskunst, Tamara Grcic, Via Lewandowsky, Olaf Nicolai, Sandra Voets sowie Lois & Franziska Weinberger wählte eine externe Fachjury die fünf zu realisierenden Arbeiten aus.

In einer zweiten Phase wurden parallel zu den Planungs- und Realisierungsarbeiten der Außenprojekte diese fünf KünstlerInnen in einem breiteren Werkkontext in der Seegeniederung vorgestellt. Die dritte und letzte Phase beginnt mit quasi offenem Ende in dem Moment, da die einzelnen Skulpturprojekte fertiggestellt und als Ausgangspunkt für individuelle Beobachtungen dem Lauf der steten Weiterentwicklung und Veränderung übergeben werden. Das künstlerische Forschungsgelände Seegeniederung wird so zu einem »dramatischen Ort«, an dem in konzentrierter Form Fragen an das Natur- und Kulturverständnis, an die Ethik von Ressourcennutzung und -ausbeutung, an die Gestaltungsformen von Wildnis, Landschaft, Park und Garten, an die Natur als Gegenstand von Wissenschaft, Ökonomie und Ökologie aufgeworfen werden. Deshalb auch hat die Kunst ihren angestammten Raum in Atelier und Museum zu Recht und mit größerer Notwendigkeit denn je verlassen: Gegen die kalte Rationalität einer durchökonomisierten Freiraumplanung, gegen die falsche Idealisierung scheinbar unberührter Naturreservate, gegen die am Reißbrett entwickelten Flächennutzungspläne und gegen die auf bedeutungslosen Konsens zielende Bekunstung öffentlicher Flächen kann und muss eine engagierte zeitgenössische Kunst etwas setzen. Kunst im öffentlichen Raum wird dann zu einer zivilisatorischen wie kulturellen Notwendigkeit, wenn sie die vielfältig vernetzte Struktur des topografischen Ortes und dessen Bedeutungsschichten erfahrbar werden lässt, wenn sie die Gestaltung von Lebensräumen als Teil einer politischen Debatte und damit als verhandelbar sichtbar macht. Wenn Künstler zu Forschern werden, die das gesellschaftspolitische Leben als Experimentierfeld nutzen, um den öffentlichen Raum mit ästhetischen Mitteln auf seine Interessens-, Macht- und Bedeutungsbezüge hin zu befragen, dann kann eine merkwürdige, ebenso anregende wie verstörende Dialektik des öffentlichen Raumes aufscheinen – gleichermaßen luzide durchleuchtet wie rätselhaft ein Geheimnis bewahrend."