press release only in german

Eröffnung: 11.12.2015, 18:00
Kontakt: Helga Droschl, hd@km-k.at, + 43 (0)316 740084
Mau Mau I mit Gästen: 17.12., 18:00
Mau Mau II mit Gästen: 14.01., 18:00

Publikation erhältlich

Die vielschichtige Praxis der Künstlerin Flora Neuwirth (geboren 1971 in Graz, lebt in Wien) setzt sich aus Untersuchungen, Zitaten und Adaptionen von Strukturen und Phänomenen aus den Bereichen Design, Architektur, Kunst und Alltagskultur zusammen. Die Künstlerin arbeitet dabei kontextorientiert und beginnt mit Aneignungen meist bereits vorhandener Bestandteile und Objekte. Als Ausgang ihrer Überlegungen und Eingriffe für die Einzelausstellung „clubblumen“ dienen Neuwirth Display und Interieur-Dekor aus dem von ihr in den Jahren 2008 bis 2011 unter gleichnamigem Titel in Wien betriebenen Raum für aktuelle Kunst, Musik, Essen, Trinken und Kommunikation. In Anlehnung an Gordon Matta-Clarks realitätstransformierendem Kunst- und Restaurantprojekt „Food“ im New Yorker Soho von 1971 sorgte die Künstlerin in einem ehemaligen Blumengeschäft, dem „clubblumen – eine Utopie im öffentlichen Raum“ als erweiterter Skulptur, sozialem Ort und Treffpunkt im 5. Bezirk für Furore.

Hatten die Objekte jedoch vor Ort in der Wiener Johannagasse 42 noch eindeutig bestimmte Funktionen, um die Koch-, Informations- und Diskussionsangebote des ideellen Raumes zu gewährleisten und dieses Modell zu unterstützen, zeigt die Künstlerin diese im Künstlerhaus, Halle für Kunst & Medien nun genau ihrer ursprünglichen Eigenschaften enthebelt. Sie überführt damit die Errungenschaften des vom klassischen Ausstellungsraum wegführenden situativ angelegten Projekts in ein analytisches. Inwieweit sich dabei mit der räumlichen Reinszenierung eine Historisierung des Projekts an einem anderen Ort, in einem expliziten Ausstellungsraum überhaupt steuern lässt bzw. die Besonderheit des Projekts ohne einhergehende Nostalgiesierung modifizierbar bleibt und welche Partikel und Ephemera als Träger des Gesamtkunstwerks „clubblumen“ über eine Inventarisierung und Dokumentation desselbigen hinausreichend funktionieren, sind dabei wesentliche Fragestellungen. Drei in das Ausstellungssetting integrierte und den Dokumentationscharakter verstärkende gestapelte Buchobjekte setzen diese fixen Zuschreibungen entweichenden Gedankenspiele fort: Zunächst das die Katalogpublikation ersetzende „Lass uns eine Bande von Scharlatanen spielen", welches die Transkription einer nachträglich für die Ausstellung inszenierten, aber für den „clubblumen“ typischen Mau Mau-Karten-Runde darstellt; dann eine auf das Lokalkolorit der unmittelbaren Umgebung des „clubblumen“ umgemünzte Adaption des Versuchs, einen Platz in Paris zu erfassen des französischen Schriftstellers und Filmemachers Georges Perec; sowie eine mehrere Übersetzungsprozesse durchlaufene und dadurch um surreale Bedeutungsverzerrungen bereicherte Sammlung an im „clubblumen“ zubereiteter Kochrezepte.

Mittels jener kleinen Verschiebungen und Irritationen gelingt der Künstlerin eine Neuproduktion, die zwar mit Elementen des Inventars des verblichenen „clubblumen“ arbeitet, aber gerade im Anführen der unzähligen Extras und adaptierten Details, die den Raum zuzeiten seines Bestehens zu einem sozial funktionierenden Ort machten, eines vieler möglicher Porträts als Skulpturenausstellung mit vorwiegend Einzelarbeiten der Künstlerin aus dem Jahr 2015 zeichnet.