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Wir sind noch nicht recht gewöhnt an eine Malerei, die wieder ungeniert Malerei ist, ohne sich noch jenem Programm zu unterwerfen, das wir meist etwas gedankenlos Kunst nennen. (...) von Lüge zu reden, wäre in der Kunst ein harter Vorwurf, in der Malerei aber eine feine Beschreibung, denn sie verfügt über schöne und alte Lügen, wenn man ihre erprobten Regiespiele der Wahrnehmung so nennen darf, auf die wir wie ein neugieriges Theaterpublikum warten. Wir nehmen auch sonst die Welt wahr, nicht nur in der Malerei. aber in der Malerei sind wir als Person im Gespräch mit einer anderen Person, die hinter der Wahrnehmung Regie führt. Dieser stumme Dialog macht Malerei lustvoll und rätselvoll. Hans Belting: Über Lügen und andere Wahrheiten der Malerei: einige Gedanken für s. p. in: Sigmar Polke. Die drei Lügen der Malerei. Ostfildern-Ruit, 1997. s.129.

Die Bilder des Malers Florian Süssmayr rücken Alltägliches, oftmals Nebensächliches in den Fokus der Betrachtung. Sie bergen viel von jenem Lustvollen und Rätselvollen, das Hans Belting der Malerei zuspricht. Die zum Teil monumentalen Gemälde Süssmayrs wirken luzide und geheimnisvoll zugleich, oszillieren zwischen der gemalten Bildfläche und der malerischen Form. Wie viele Maler seiner Generation bewegt er sich auf dem schmalen Grat zwischen figürlich und abstrakt und flirtet dabei offen mit "realistischer" Malerei, ohne Zwang und Ironie. Seine Bilder kombinieren eine nervöse Textur und reduzierte Farbpalette mit psychologischer Eindringlichkeit und Underground Atmosphäre. Die Motive sind historischer, politischer und sozialer Natur, die Darstellungen Illustration und Ausdruck eines Lebens am Rande der Gesellschaft. Im Fokus von Süssmayrs Bildern stehen seine Geburtsstadt München, ihre Kneipen und Graffitis, und die Leidenschaft, die er mit seinen Freunden für Punk und Fußball teilt. Das Ergebnis ist die gemalte Topografie einer ganz persönlichen Reise, die illustrierte Autobiografie des Künstlers.

Die nüchterne und außergewöhnliche Exaktheit der gemalten Szenerien ähnelt dem Bericht eines Augenzeugen oder dem Blick eines Fotojournalisten. Ebenso die repetitiven, nahezu amtlich genauen Titel der Arbeiten, wie "Bahnhof Freising", "Öffnungszeiten" oder "Hofbräuhaus, Tisch 5". Süssmayr lässt nichts weg, sondern malt das, was er vorfindet. Er arbeitet auf der Grundlage von fotografischem Material – seine Bilder erinnern an die Aufnahmen Brassaïs und anderer großer Fotografen, die das Leben in der Stadt realistisch, ungeschönt wiedergeben, zuweilen auch an das "dirt&stain" Vokabular experimenteller Filmemacher.

Der Künstler nennt seinen Grossvater Josef Süssmayr, Adolph Menzel, Kenneth Anger, Otto Mühl, Nan Goldin und die Ramones als Quellen der Inspiration. Somit ist auch er ein Maler, der sich über Fotografie und Film energisch seinen Weg hin zur Malerei bahnt. Hauptsächlich arbeitet er in Öl auf Leinwand und Hartfaserplatte und benutzt dabei grafische Techniken wie z.b. die Frottage nach Max Ernst. Süssmayr hat eine Vorliebe für schwierige, zum Teil skurrile Räume und nutzt oftmals leerstehende Flächen für seine Ausstellungen, wie etwa die ehemalige Schalterhalle der Volkseigenen Sozialversicherung, Berlin, oder das leere Shopping-Areal des Bayerforums, München.

Stets treten seine Bilder in einen Dialog mit dem Raum, in dem sie gezeigt werden; so können seine Ausstellungen immer auch als Installationen verstanden werden. Die aktuelle Ausstellung "Bilder für deutsche Museen" findet in der ehemaligen Ehrenhalle des Haus der Kunst statt und ist Süssmayrs erste Präsentation in einer öffentlichen Kulturinstitution. Ca. 40 Ölgemälde, die in den Jahren 1998 bis 2004 entstanden, werden in Form einer Installation gehängt und zeigen Themen wie "Beirut", "Stehausschänke", "Fußballfelder", "Graffitis" oder "Tattoos".

Parallel zur Ausstellung im Haus der Kunst zeigen auch die Galerie Rüdiger Schöttle (Florian Süßmayr und Thomas Helbig, 10. März bis zum 09. April 2005, Eröffnung am 09. März) und der Kunstbau der Städtischen Galerie im Lenbachhaus (Favoriten – Neue Kunst in München, 12. Februar bis 16. Mai 2005, Eröffnung am 11. Februar) Werke des Künstlers.

Florian Süssmayr über seine Arbeit Es gab eine Zeit, in der ich meine Bilder überhaupt nicht zeigen wollte. Niemandem. Erst als klar war, dass ich der Malerei nicht entkomme, hat sich das geändert. ... Die Themen sind einfach, vielleicht unfreundlich; sie zeigen eine bestimmte Haltung. Skepsis, Distanz. Es ist eher etwas Düsteres, Aggressives, das sich breit macht. Und es geht um Alltäglichkeiten. Die meisten Motive sind unspektakulär. Der Bildaufbau ist flach. Kein Vordergrund, kein Hintergrund. Für das zweidimensionale Medium Bild suche ich mir eine zweidimensionale Vorlage. Am liebsten Wände, auf denen sich dann aber auch alles abspielen muss, was Malerei ausmacht: Licht, Schatten, ein Schwanz, ein Hakenkreuz oder ein Bier. Eine Geschichte also. Im Grunde ist es so, dass ich meine Motive einfach finde, das heißt ich finde einen Ausschnitt aus meiner Welt. Es geht um das sehen und erkennen. Nur manchmal denke ich mir etwas aus, ein Großteil ist dokumentarisch. Die Motive drängen sich auf. Die Titel der Bilder beziehen sich immer auf den Ort. Glamour verbreitet sich über Stehausschänken und Umkleidekabinen.

Erzählte Biografie des Künstlers Florian Süssmayr wurde 1963 in München geboren und hat seine Wurzeln in der lokalen politisch-künstlerischen Subkultur der frühen 80er Jahre. Zusammen mit Wolfgang Biehlmayr vom Münchner Werkstattkino und Anatol Nitschke vom X-Filmverleih, Berlin, war er Mitglied der Punk-Bewegung "Freizeit 81". Für das Fanzine dieser Jugendbewegung entstanden durch Dada inspirierte Fotocollagen. Gemeinsam mit dem Schriftsteller Lorenz Schröter gründete Süssmayr die Punkband "Lorenz Lorenz". Auftritte bis 1984, unter anderem in der Galerie Rüdiger Schöttle, München, und im So36, Berlin.

Seit Anfang der achtziger Jahre ständiger Kontakt zum Münchner Werkstattkino. Die erste Filmrolle, aufgenommen mit einer Super-8-Kamera, begeisterte das junge Team (trotz Überbelichtung).

Von 1990 bis 2000 arbeitete Süssmayr als Kameramann und Lichttechniker bei Experimental-, Dokumentar- und Spielfilmen wie "Eine Freundschaft in Deutschland" und "Das Himmler Projekt" von Romuald Karmakar oder bei "Warshots" von Heiner Stadler. In den frühen Neunzigern entstanden die ersten Fotografien. Süssmayr experimentierte mit unterschiedlichen Techniken wie Gummidruck und Cyanotypie. Gleichzeitig zeichnete er seine ersten realistischen Porträts.

Seit 1997 malt er hauptsächlich in Öl, zunächst Porträts, später, nach einem Dreh in Beirut, Bilder von der zerstörten Stadt und den Flüchtlingslagern. Die Arbeiten basieren auf fotografischem und filmischem Material.

1999 richtete er mit den Beirut-Bildern seine erste öffentliche Ausstellung in einem Raum des Münchner Stadtmuseums aus.

2000 folgte eine Ausstellung im Münchner Hauptbahnhof, bei der Süssmayr Bilder aus der Serie "Stehausschänke" zeigte. Im gleichen Jahr beschloss er, sich ausschließlich der Malerei zu widmen.

2002 stellte die Zürcher Galerie Jörg Stummer den Zyklus "Farb- und Fußballfelder" aus – Süssmayr ist Amateur-Fußballer und gewann mit seinem Team "FC/DC" 1993 den Münchner "Größenwahncup".

2003 folgte die Ausstellung "Texte zur Kunst" in der Frankfurter Allee in Berlin. Der Ort: eine ehemalige Schalterhalle der Volkseigenen Sozialversicherung.

Im Herbst 2004 zeigte Süßmayr seine "Bilder für deutsche Museen" in einem weitläufigen, leeren Shopping-Areal des Bayerforums nahe des Münchner Hauptbahnhofs. In jüngster Zeit waren Werke von Süssmayr oft auch als Illustration zu Feuilletonseiten deutscher Tageszeitungen zu sehen.

Seine Arbeiten sind Teil diverser Privatsammlungen. Seit kurzem wird er von der Münchner Galerie Rüdiger Schöttle vertreten. Florian Süssmayr lebt und arbeitet in München.

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Florian Süssmayr - Bilder für deutsche Museen