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Nach der Präsentation einer Auswahl von Spitzenwerken der Fotografiegeschichte des 20. Jahrhunderts zeigt das Museum Ludwig nun einen neuen Ausschnitt aus seinen umfangreichen fotografischen Sammlungen. Ab dem 11. Juni werden japanische und chinesische Fotografien des 19. Jahrhunderts aus der Sammlung Robert Lebeck präsentiert. Zu den Schätzen dieser Kollektion gehört auch das chinesische Reisealbum des Bremer Kaufmanns Julius Menke. Dieses zeigt seine Erlebnisse und Erfahrungen im China der 1860er Jahre in Form eines sorgfältig zusammengestellten Bilderatlas.

In der Ausstellung werden Fotografien der europäischen Pioniere Felice Beato und John Thomson sowie der frühen japanischen Fotografen Hikoma Ueno und Kimbei Kusakabe gezeigt, neben den kostbar aufgemachten Reisealben, in denen die Fotografien für den Verkauf präsentiert wurden. Noch heute entfalten diese oft zart kolorierten Fotografien den Reiz des Exotischen und suggerieren authentische Einblicke in ferne Kulturen. Dabei haben Sie schon im 19. Jahrhundert nicht die Realitäten der Gegenwart thematisiert, sondern zeigen die jahrhundertealten Lebenstraditionen, beispielsweise in Fotografien einer Japanerin im Kimono, die in einer Reisesänfte getragen wird, einer jungen japanischen Mutter, die ihr Kind in einem traditionellen gewebten Tuch auf dem Rücken trägt oder eines Besenverkäufers, der seine handgefertigten Reisigbesen feilbietet. Die westlichen Interessen an Japan und China waren im 19. Jahrhundert nicht nur wirtschaftlicher Natur, sondern auch von der Neugier an exotischen Lebenswelten geprägt. Früh gelangte das technische Wissen zur Herstellung von Fotografien auch in die fernen Länder Asiens, in denen schnell eine umfassende Bildproduktion für den Export entstand. In kostbaren Reisealben mit reich verzierten Lackdeckeln wurden die Fotografien für den Verkauf präsentiert. Die Touristen konnten sich diese Alben teilweise selbst aus einer riesigen Auswahl von Fotografien zusammenstellen. Diese Fotografien dokumentieren die Inszenierung der fremden Kulturen und die Sichtweisen und Darstellungen, die die dortigen Fotografen für den Export vorgesehen hatten. Umfang und Qualität dieser Bildproduktion beweisen den enormen Erfolg dieser Verkaufsstrategien.

In der gemeinsamen Ausstellung von Fotografien aus Japan und China erhält der Besucher faszinierende Einblicke in die ‚virtuellen' Welten der fremden Kulturen, die trotz der geographischen Nähe ganz unterschiedlich dargestellt wurden. Gleichzeitig kann in der Betrachtung dieser originalen Fotografien die enorme westliche Faszination an japanischen und chinesischen Lebenswelten nachvollzogen werden, die nicht zuletzt maßgeblich die gesamte Kunst um 1900 beeinflusst hat.

Kurator: Prof. Dr. Bodo von Dewitz