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Im Herbst 2008 präsentiert das BA-CA Kunstforum Meisterwerke der historischen Fotografie der hauseigenen Sammlung Fotografis und stellt sie etablierten Positionen der Gegenwartsfotografie gegenüber. Mit der Sammlung Fotografis besitzt das BA-CA Kunstforum eine reiche Schatzkammer von mehr als 400 fotografischen Werken von der Pionierzeit der Fotografie im 19. Jahrhundert über den Piktorialismus und die Straight Photography bis zu experimentellen Positionen der Avantgarden und zu zeitgenössischen Beiträgen. Einen Schwerpunkt der Sammlung bilden die klassischen Beispiele des Mediums Fotografie: Dokumentation, das »schwarz-weiße Kolorit« und das gewohnte Kleinformat. Die Werke aus dem 19. Jahrhundert verdeutlichen die ursprüngliche Aufgabe der Fotografie, die Wirklichkeit direkt abzubilden, authentischer, als es die Malerei je erreicht hatte. In dieser Funktion übernimmt das »Neue Medium« nun die Vorherrschaft. Historisierende Reisefotografien ferner, exotischer Orte sowie klassische Porträts sind Beispiele dafür.

Um 1900, als die Fotografen malerische Effekte in der Manier des Impressionismus einsetzen, findet eine Annäherung der beiden Medien statt: Alfred Stieglitz, Edward Steichen oder Heinrich Kühn sind die herausragenden Protagonisten des Piktorialismus, der mit Inkunabeln in der Sammlung vertreten ist.

Paul Strand und Edward Weston leiten in den 1920er Jahren unter dem Begriff »Straight Photography« ein Kapitel der Kunstfotografie-Geschichte ein, bei dem der Eigenwert der Fotografie im Mittelpunkt steht: Präzise, gestochen scharfe Bilder der Wirklichkeit – menschliche Körper, Pflanzen oder architektonische Ausschnitte mit Schlagschatten sind vorwiegende Sujets. Damals erweitern die Avantgardekünstler, besonders die Dadaisten und Konstruktivisten, die Möglichkeiten der Fotografie radikal: Man Rays Rayogramme sowie Alexander Rodtschenkos konstruktivistische Collagen sind weitere Highlights der Ausstellung. Ein zusätzlicher Schwerpunkt der Sammlung Fotografis ist die Reportagefotografie von der Nachkriegszeit bis in die Gegenwart, vertreten etwa durch sozialkritische Mode- und Celebrity-Fotos von Weegee und Diane Arbus.

Heute ist die Fotografie den traditionellen Medien der Bildenden Kunst ebenbürtig. Mehr noch: Das Foto tritt in direkte Konkurrenz mit dem monumentalen Gemälde. Jeff Wall und ehemalige Becher-Schüler wie Andreas Gursky, Thomas Struth, Thomas Ruff oder Candida Höfer schaffen seit den späten 1970er Jahren großformatige Fotografien, die einen ähnlichen Betrachtungsvorgang erfordern wie ein monumentales Bild von Claude Monet oder Jackson Pollock. Der Betrachter taucht »körperlich« in die Fotografie ein, wird gleichsam von ihr umgeben. Hinzu kommen formalästhetische sowie kompositorische Strategien der Fotografen, die denen der Maler ähneln: Inszenierung, Verfremdung, malerische Verschleierung anstelle der Wiedergabe des Gesehenen per Auslöser. Eine repräsentative Auswahl der aktuellen Fotografie erweitert die fotografische Sammlungsschau. Die Ausstellung präsentiert ein spannendes Beziehungsgeflecht »piktorialistischer« Strategien von Gestern und Heute: Stieglitz, Steichen, Kühn – Gursky, Wall, Ruff und Esser.