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Franka Hörnschemeyer hat für ihre Ausstellung “Imaginary State” eine große ortsspezifische Installation in den Ausstellungsräumen im ersten Obergeschoss entwickelt. Mit dieser Arbeit lotet sie die architektonischen und räumlichen Begebenheiten aus und schafft so eine treffende Einweihung der neuen permanenten Ausstellungsräume der Galerie Nordenhake in Berlin. Neben der labyrinthartigen Installation aus Metallständerwerk und Gipskartonplatten werden Wandobjekte aus industriellen Baumaterialien und Architekturplänen zu sehen sein. Diese Objekte sind Teil einer Werkgruppe, die sie seit den frühen 1990ern kontinuierlich weiterentwickelt. Die Künstlerin ist für ihre umfassende künstlerische Erforschung von Raum und dessen Bezug zum Menschen bekannt. Ihre Arbeiten beziehen sich gleichzeitig auf einen konkreten Ort wie auch auf allgemeine historische, philosophische und soziologische Fragen zum Raum. Dabei legt sie einen umfassender Raumbegriff zugrunde, der ausdrücklich das körperliche Erleben, das Raumgefühl, einschließt.

Die Installation für den Galerieraum basiert auf den für die Künstlerin so typischen Verschiebungen. Sie benutzt das Metallständerwerk entgegen seiner konstruktiven Beschaffenheit nicht als Trägerwerk, das mit Gipskartonplatten verkleidet eine stabile Wand erzeugt, sondern verarbeitet es zu selbsttragenden Modulen. Im Sinne des minimalistischen Prinzips des Stapelns hat Hörnschemeyer eine solide Struktur errichtet; die einen eigenen Raum erzeugt. Die Gitterkonstruktion mäandert durch den gesamten Galerieraum und greift dabei in ihrem Grundriss die markante Deckenkonstruktion des Galeriegebäudes mit ihren parallelen Betonträgern auf.

Die Gipskartonplatten, die üblicherweise zur Konstruktion von Trockenbauwänden dienen, finden sich zu Körpern aufeinandergeschichtet auf dem Boden wieder. Die fahlgrünen Platten sind mit zahlreichen kreisrunden Löchern perforiert und zeigen deutliche Spuren des zeitintensiven Bearbeitungsprozesses. Dadurch tritt die Beschaffenheit wie auch die eigentliche Fragilität dieses omnipräsenten und heute scheinbar unvermeidlichen Baumaterials zum Vorschein. Löcher sind ein wiederkehrendes Element in Hörnschemeyers Arbeit. Sie machen das Material durchlässig und verbinden, wie Henry Moore hervorhob, eine Seite mit der anderen. Die Ein- und Durchbrüche, die auch die Ständerwerk-Installation prägen, machen Raum auf einer physisch erfahrbaren Ebene präsenter. Das Baumaterial, mit dem die Künstlerin seit den 1990ern wiederholt arbeitet, fungiert auch auf einer symbolischen Ebene. Gipskarton ist ein Wegwerfmaterial, das ein kurzlebiges, improvisiertes Bauen möglich macht, und so emblematisch ist für unsere schnelllebige, durch eine expansive und homogenisierende Konsumkultur geprägte Zeit.

Die Kombination aus Ständerwerkinstallation und Bodenarbeiten bildet ein dichtes Labyrinth. Beim Durchschreiten verliert sich jedoch jegliche Vorstellung von festgelegten Grenzen und Endpunkten, Innen und Außen sind untrennbar miteinander verschränkt und es eröffnen sich multiple Wahrnehmungsmöglichkeiten und Wege durch den Raum. Die so erzeugte Durchlässigkeit bedeutet vor allem eine Kategorie zur Beschreibung von Wirklichkeit, geht man von der quantenphysikalischen Einsicht aus, dass die Grenze zwischen Subjekt und Objekt fließend ist.

Franka Hörnschemeyer wurde 1958 in Osnabrück geboren, sie lebt und arbeitet in Berlin. Seit 2015 hat sie eine Professur für Bildhauerei an der Kunstakademie Düsseldorf inne. Zu ihren jüngsten Einzelausstellungen zählen: Room in Room 03, Grüntuch Ernst Lab, Jüdische Mädchenschule, Berlin (2016), Lifting, ADN Pförtnerhaus, Fahrbereitschaft, Berlin (2013), Discrete Case II, Albertinum Dresden (2011), Peenemünde, Jewish Museum, Athens (2008), Franks International, Henry Moore Institute, Leeds (2007), Nordhorn (2006), TSE 11022, Hamburger Bahnhof Museum für Gegenwart, Berlin (2002), und PSE 900, Lehmbrucksaal, Kunsthalle Hamburg (2000). Zu ihren Installationen im öffentlichen Raum gehören: Trichter, Dresden, (2011), Koordinaten, Kunstwegen Station, Neugnadenfeld (2011), BFD—bündig fluchtend dicht, Paul-Löbe-Haus, Deutscher Bundestag, Berlin (2001), Kiosk und Doppelgänger, Landesversicherungsanstalt, Münster (1998). Sie nahm an zahlreichen internationalen Gruppenausstellungen teil, u.a. in: Kunstsaele, Berlin (2016), Kunstverein Hannover (2015), Museum Marta, Herford (2011), Hamburger Kunsthalle (2011 und 2009), Temporäre Kunsthalle Berlin (2010), National Museum of Contemporary Art, Seoul (2002), National Museum of Modern Art, Kyoto (2001), Kunsthalle Düsseldorf (2000), Kunsthalle Baden-Baden (1999), Neues Museum Weserburg Bremen (1998). Dies ist ihre dritte Einzelausstellung in der Galerie Nordenhake.