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Franz Erhard Walther. Körper Raum Zeit

18.04.2021 – 27.06.2021

Franz Erhard Walther (*1939, lebt und arbeitet in Fulda) zählt zu den renommiertesten deutschen Künstlern. Eine entscheidende Wegmarke in seiner künstlerischen Entwicklung bildet der Erste Werksatz (1963 – 1969), der 58 sogenannte Werkstücke umfasst: Skulpturale Handlungsanweisungen, die durch körperlichen Einbezug des Menschen als Kunstwerke aktiviert und damit vervollständigt werden. Die genähten Stoffobjekte wirken formal reduziert und treten nicht als sofort erkennbare Gebrauchsgegenstände auf, doch deuten ihre Formen die damit auszuführende Handlung ein Stück weit an: Die Lasche provoziert den Handgriff oder der Hohlraum seine Ausfüllung. Die Werkstücke orientieren sich dabei stets am menschlichen Mass: sie bieten sich als Gegenstück zum Körper an oder geben eine Sicht-, Sitz-, Liege- oder Gehrichtung vor.

Franz Erhard Walthers Konzept der Aktivierung ist in zweierlei Hinsicht von Bedeutung: Durch die Benutzung der Objekte wird sowohl auf kognitiver als auch physischer Ebene ein Bild- und Raumprogramm aktiviert, andererseits wird das Kunstwerk in die Gegenwart geholt und aktualisiert. Franz Erhard Walther verlängert erstens die Erkenntnis der Romantik, dass ein Kunstwerk nur durch den gedanklich engagierten Betrachter lebendig und sinnvoll wird, ins Physische; und er verschafft zweitens seinen Werken eine im Prinzip endlose Werkgeschichte, die durch jede Aktivierung ein neues Kapitel erhält.

Die Präsentation im Oberlichtsaal fokussiert den Aspekt der Aktivierung und deren Dokumentation. Sie beinhaltet Ausstellungskopien von vier Werkstücken (Nr. 28 Gegenüber, Nr. 29 Form für Körper, Nr. 42 Vier Körpergewichte und Nr. 57 Zehn Sockel ), Skizzen und Zeichnungen, sogenannte Nachzeichnungen, die erst später entstanden, darüber hinaus zu jedem Werkstück ein filmischer Zusammenschnitt einer Aktivierung sowie ein fotografischer Querschnitt von bisherigen Aktivierungen.

Die Ausstellungskopien der vier Werkstücke sind zur sorgfältigen Benutzung unter Aufsicht freigegeben und bieten dem Publikum die Möglichkeit, sich in die Werkgeschichte einzuschreiben. Auf Voranmeldung bietet die Kunsthalle für Gruppen ab 10 Personen die kostenlose Dokumentation durch einen professionellen Fotografen an, ausserdem besteht für alle AusstellungsbesucherInnen das Angebot, jeweils am Donnerstag von 16 bis 18 Uhr ebenfalls unter Anleitung spontan aktiv zu werden und die vier Werkstücke alleine, zu zweit, zu viert oder zu zehnt zu aktivieren.