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Gabriele Baschs Werk umfasst Papierschnittarbeiten, Malereien, Wallpaintings, Rauminstallationen und Fotographien. Alle Komplexe thematisieren die innere Zwiesprache der Künstlerin im kurzen Augenblick der unreflektierten, spontanen Wahrnehmung der Alltagswelt und den in Folge ausgelösten unbewussten, ungelenkten Imaginationen, Emotionen und Erinnerungen aus ihrem persönlichen und biografischen Umfeld. Die Wahrnehmung der Wirklichkeit ist Auslöser, Unbewusstes in das Bewusstsein fließen zu lassen. Ähnlich dem psychoanalytischen Verfahren der écriture automatique bringt das Sehen Bilder, Gefühle, Erkenntnisse und Eingebungen durch Introspektion der Psyche hervor, die in den künstlerischen Arbeiten Gabriele Baschs dann ihren Ausdruck finden.

Unspektakuläre Schnappschuss Fotografien, deren Motivwahl dem Zufallsprinzip unterworfen sind, bannen das Wahrgenommene in Sekunden, ohne genau und scharf zu fixieren oder Ort und Zeit zu dokumentieren. Die Fotografien sind nicht als ein persönlicher Erinnerungsfundus anzusehen, sondern Gedankenskizzen der Künstlerin. Erst in den Arbeiten Gabriele Baschs werden sie zu „period pieces“, bildnerisch dokumentierte Details einer bestimmten Epoche in der Biografie der Künstlerin, die im Prozess der künstlerischen Bearbeitung und dem damit verbundenen Erkennen der Zusammenhänge unwiederbringlich abgeschlossen wird. Die Umsetzung des Fotoarchivs avanciert zum Arbeitsprinzip: Selektive, fragmentarische Ausschnitte einer zunächst auf den ersten Blick gegenständlichen Welt verwandeln sich „Shot by Shot“ in den Arbeiten Gabriele Baschs in eine imaginäre Bilderwelt der Innerlichkeit, die in ein Netz realer Fragmente verstrickt ist, sich verbirgt, verstellt, versteckt und dem Betrachter nur an Schnittstellen offenbart. Reales, Assoziiertes und Erinnertes fügt sich zu einem atmosphärischen Bildraum zusammen im Grenzbereich zwischen Realität und deren Auflösung.

Im Werkkomplex der Papierschnittarbeiten Gabriele Baschs, setzt sich die Künstlerin neben der inhaltlichen Problematik von Wahrnehmung und Imagination mit den kategorialen Bestimmungen der Beziehung Bild und Raum auseinander. Der Umriss der Papierschnittarbeiten folgt dem Motiv, dem ornamentalen Raster oder der räumlichen Gegebenheit der Ausstellungssituation. Wallpaintings unterstützen oder ergänzen die Verbindungen zum Raum.

Gabriele Basch greift mit den Papierschnittarbeiten auf eine Tradition aus der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts zurück: dem Weißschnitt/ Spitzenbild, einer besonderen Form des Andachtsbildes in Europa. Die großformatigen Papierschnittarbeiten erfordern viel Geschick, Geduld und „Fingerfertigkeit“. Dem Begriff der „Handarbeit“, weiblich-negativ belegt, stellt sich die Künstlerin bewusst. Erinnerungen an die Kindheit werden geweckt, so dass neben den inhaltlichen Motiven der eigentliche Prozess der künstlerischen Tätigkeit im Herstellen des Papierschnittes zum Auslöser für die Wahrnehmung unterbewusster verborgener Erinnerungen, Gefühle und Gedanken wird.

Gabriele Baschs Arbeiten überschreiten Grenzen, im Inhaltlichen wie im Formalen. In der künstlerischen Auseinandersetzung mit Sehen und Wahrnehmen der alltäglichen Realität, im Entdecken, Benennen und bildlichem Fassen der "Wahrheit", die hinter dem scheinbar offensichtlich Sichtbaren liegt, in der Beschäftigung mit der eigenen Biografie, im Umgang mit Sein und Schein, entwickelt Gabriele Basch autonome gestalterische Stilmittel, die Tradiertes mit Gestaltungstechniken des Films und der Fotografie verbinden, um eine eng an die Persönlichkeit der Künstlerin geknüpfte Bildsprache zu entwickeln. Malerei und Cutouts werden zum Kommunikationsmedium zwischen Künstlerin und Betrachter. Die innere Zwiesprache und Bilderwelt Gabriele Baschs entlarvt das, was real sichtbar erscheint und transformiert es vielschichtig in eine Bildlichkeit, in sich oftmals überlagernde Motive, die als lesbare Gedankengänge die Klärung der Beziehung zwischen Realität, Vision, Emotionalität, und Erinnerung dialogisieren. In Gabriele Baschs period pieces spielen Zeit, Ort und Raum, als Fixpunkte der Alltagswelt, jenseits der gewohnten Maßstäbe keine Rolle.

Jutta Meyer zu Riemsloh M.A.

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Gabriele Basch: Shot by Shot
Kuratorin: Jutta Meyer zu Riemsloh