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Sonntägliche Freizeitvergnügungen sind ein El Dorado für Fotografen, die sich für Menschen interessieren. Hier kann man unbemerkt das Kameraauge über die Menge schweifen lassen und entdeckt mit Sicherheit das ein oder andere lohnende Motiv. Doch was ist ein lohnendes Motiv? Für viele wäre es der "gelungene Schnappschuss" mit einer ordentlichen Portion unfreiwilliger oder unbewusster Situationskomik, ein vom Fotografen geschickt herausgegriffener Moment menschlicher Schwäche, an dem der Betrachter seine Freude haben soll.   Zwei Spezialisten auf dem Gebiet der fotografischen Erkundung von Menschen während sonntäglicher Freizeitvergnügungen sind Gabriele und Helmut Nothhelfer. Allerdings durchstreifen sie die "Tage der offenen Tür", die Volkfeste, Zoologischen Gärten, Straßenfeste oder Festivals nicht als Jäger skurriler Bildmomente, sondern auf der Suche nach Menschen-Bildern, die eine allgemeingültige Aussage über die Zeit treffen. Ihr seit knapp 30 Jahren entstehendes gemeinschaftliches Oeuvre zählt zu den beeindruckendsten fotografischen Leistungen in Deutschland. Ein höchst stringentes, konzeptuelles Werk.   Gabriele und Helmut Nothhelfer begannen ihr fotografisches Projekt - ursprünglich als Dokumentation zu "Entfremdung der Freizeit" angedacht - 1973 in Berlin. Bereits 1977 wurden sie zur Documenta nach Kassel eingeladen, wo erstmals Fotografie als selbständige Abteilung gezeigt wurde. Seither haben sie kontinuierlich weitergearbeitet, beobachten mit der Kamera Menschen, die "für unsere Zeit einen charakteristischen Zug entwickeln". Mit Fotografien von 1974 bis heute bietet die Galerie Thomas Zander einen Einblick in dieses einzigartige und gleichbleibend hochaktuelle Werk.   Die Existenz eines Nothhelfer-Bildes verdankt sich eben nicht allein dem schnellen Klick und der handwerklichen Entwicklungsarbeit in der Dunkelkammer. Beides sind nur notwendige Vorbereitungen, die gewissermaßen das Basis-Material liefern, das dann von beiden Partnern gemeinsam gefiltert, analysiert, diskutiert wird. Nicht von ungefähr haben sie sich zur Aufgabe der üblichen individuellen Autorschaft entschlossen. Egal wer von beiden auf den Auslöser gedrückt hat - "jedes einzelne Bild stammt von beiden Nothhelfers".   Die Qualität ihrer Arbeiten ergibt sich nicht zuletzt aus ihrer sehr anspruchsvollen Berufsauffassung: "Das Metier des Fotografen ist es, die sichtbare Wirklichkeit nach ihrem Bedeutungsgehalt zu untersuchen, eine Wahl zu treffen und so das hervorgehobene Bild in ordnende Zusammenhänge zu stellen. Auf diese Weise sollte sich sein Denken und Fühlen mitteilen." Nur die wenigsten Bilder erfüllen auch in den Augen ihrer Autoren diese Ansprüche. Entsprechend schmal ist das Oeuvre der Nothhelfers (1993, also nach 20 Jahren, umfasste es knapp 100 Bilder, heute sind es rund 130!).   Je länger die Arbeit an diesem Werk dauert, um so stärker treten seine Qualitäten hervor. Dies liegt nicht zuletzt an den stets verfeinerten Arbeitsmethoden, die nichts mit Kameratechnik zu tun haben, sondern das Ergebnis eines reflektierten Sehens sind. Dass die Geschichten, von denen Nothhelfer-Bilder zu erzählen scheinen, nicht so eindeutig sind, "dass sie sich leicht in Worte fassen ließen", ist den Fotografen klar, ja liegt gerade in dieser Vieldeutigkeit oft ihr Motiv für die Auswahl eines bestimmten Bildes. Ein Bild von Gabriele und Helmut Nothhelfer ist kein Abklatsch oder Zufallstreffer, es setzt keinen Schlussstrich. In ihren Fotografien geht es vielmehr um eine "Aktivität des Gehirns, um das Denken, Erinnern, Empfinden, um das Produktive im Umgang mit der Realität" - ganz wie es Herbert Molderings für eine konstruierende Fotografie gefordert hat. Zwar ist der künstlerische Ansatz der Nothhelfers charakteristisch für eine Zeit, als noch der Glaube an die Macht der Bilder herrschte. Gleichwohl ist es ihnen über die Jahrzehnte gelungen, mit ihren Photographien "die Wirklichkeit in ihren Zusammenhängen aufzudecken und zur Erkenntnis der gegenwärtigen Welt beizutragen". Eine Tatsache, die in der Ausstellung in der Galerie Thomas Zander auf's Eindrucksvollste zu erleben ist.   Gabriele und Helmut Nothhelfer, beide 1945 geboren, studierten an der Lette-Schule in Berlin sowie kurz bei Otto Steinert in Essen. Beide leben und arbeiten seit 1970 in Berlin. Ihre erste Kunstgalerie-Einzelausstellung hatten sie 1976 in der Kölner Galerie Wilde; 1993 zeigte Klaus Honnef im Rheinischen Landesmuseum eine umfassende Retrospektive. Werke der Nothhelfers befinden sich in zahlreichen internationalen öffentlichen Sammlungen, wie dem Metropolitan Museum of Art, New York; Museum of Modern Art, New York; Museum Folkwang, Essen; Museum Ludwig, Köln; Rheinisches Landesmuseum Bonn, Münchner Stadtmuseum-Fotomuseum, Stedelijk Museum, Amsterdam u.a. Pressetext