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Beide Künstler dieser Ausstellung, Henning Hennenkemper und Jan Imberi, haben sich in ihrem bisherigen Werk immer wieder mit dem Raum auseinandergesetzt, sei es mit dem Ort Ihrer Präsentation oder mit dem Raum, der dem Werk selbst immanent sein kann. Untrennbar damit verbunden ist für beide das Moment der Zeit, gleichsam als eine vierte Dimension. Raum- und Zeitgefüge sind es also, mit denen beide Künstler sowohl auf diesen Ausstellungsort als auch auf das Werk des jeweils anderen reagieren.

Jan Imberi hat für seine Installation ohne Titel (2010) Kiefernstämme aus einem Forst vor Berlin geholt und über Kopfhöhe um den Pfeiler im ersten Raum gespannt. Die Stämme, naturbelassen mit Rinde und mit Spuren der Abholzung, durchmessen nicht nur den Raum in der Horizontalen, indem sie von einer Wand zur anderen reichen. Imberi hat einige Stämme scheinbar lose aufgelegt, sie im Kappengewölbe des Raumes verkeilt, und so bis fast zum Boden geführt, ohne diesen jedoch zu berühren. Zwei Hölzer rage durch die Tür zum zweiten Raum, setzen sich dort fort, bis sie abrupt abbrechen. Der Eindruck, bewegt man sich unter dieser Installation, alterniert zwischen Ausgewogenheit und Instabilität. Imberi hat bewusst auf die Fixierung des Holzes mit Schrauben verzichtet und ausschließlich auf orangefarbene Spanngurte zurückgegriffen.

Henning Hennenkempers Skulptur, ebenfalls ohne Titel (2010), befindet sich im zweiten Raum: eine große, sperrige Tonne aus Glasfaserkarton hängt frei, auch hier ohne Bodenkontakt. mehrfach durchbrochen von Formen, die die Tonne tangieren oder mitten durch sie hindurchgehen. Das Werk gibt Durchblicke frei, auf andere Durchbrüche oder auf den Fußboden, die Decke und Wände. Die Außenfläche der Tonne ist in Schwarz gehalten, in glänzendem Alkydharzlack, in dem als Trompe-l’œil-Effekt die Maserung eines Marmorblocks gekratzt wurden. Dabei bleibt die Struktur der industriell gefertigten Tonne sichtbar. Die Durchbrüche hingegen setzen sich durch grelles Gelb vom Grundkörper ab. Befestigt ist das Objekt durch zwei Stahlgewinde, die sich an alte, bereits zuvor im Raum befindlichen Deckenaufhängungen anschließen und durch eine weiße Bemalung leicht und vergleichsweise unsichtbar im ebenfalls weißen Raum erscheinen.

Hennenkemper wie Imberi gehen auf jeweils eigene Weise einen Dialog mit dem Raum ein. Das Souterrain, ein Kellergeschoss, wird durch den scheinbar schwebenden Zustand des massiven Materials im Auge des Betrachters gehoben. Beide nutzen vorhandenen Architekturelemente und binden sie in ihr Werk mit ein. Imberi „spiegelt“ gen Holzfußboden, Hennenkemper stellt sich in drastischem Kontrast dazu. Die Zeit scheint angehalten, bei Imberi wie Mikadostäbe im Augenblick des Falls, bei Hennenkemper wie eine Rakete kurz nach dem Start.

Doch auch das Gefüge der Einzelwerke untereinander zeigt die Kommunikation der Künstler im Rahmen dieser Ausstellung, eine Kommunikation, die die Papierarbeiten beider Künstler und Imberis Fotografie fortführen. Die Linien, die Imberis Baumstämme beschreiben, durchstoßen die Wände und durchstoßen die Tür. Im zweiten Raum lassen sie sich als positive Linien gedanklich weiterführen, während Hennenkempers Durchbrüche gedachte Negativ-Linien ziehen können. Und nicht zuletzt sind es die Materialstrukturen, die reine Natur und die reine Konstruktion, die spannungsreiche Gefüge herzustellen verstehen.

Peer Golo Willi

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GEFÜGE
Henning Hennenkemper / Jan Imberi
Kurator: Peer Golo Willi