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Die fotografischen und filmischen Arbeiten des irischen Künstlers Gerard Byrne greifen auf Texte und Bilder zurück, in denen auf subtile Weise gesellschaftliche Befindlichkeiten verhandelt werden. Das Spektrum reicht von einem Gespräch mit Jean-Paul Sartre bis zu Interviews aus Lifestyle-Magazinen der 60er und 70er Jahre, die Byrne mit Schauspielen in Szene setzt. Dass von Visionen retrospektiv häufig wenig übrig bleibt, obschon sie zugleich noch immer Aktualität zu besitzen scheinen, zieht sich dabei wie ein Grundmotiv durch sein Werk.

Das Gebäude des Kunstvereins – eine von den Versprechungen des Modernismus geprägte Architektur – hat eine wichtige Rolle bei der Entscheidung gespielt, Gerard Byrne zu einer Einzelausstellung einzuladen, da dieser in seinen Arbeiten oft das „progressive Denken“ der Spätmoderne in einen Dialog mit Fragen der Repräsentation stellt. Wie schreiben sich Bildern Ideologien ein und inwieweit müssen Ideen des Modernismus aus dem Kontext ihrer Zeit heraus betrachtet werden? Byrnes Methode, Historisches wiederaufzuführen, stützt sich auf vorgefundenes Material wie Werbungen und Zeitschriftenartikel, die im Rahmen von Installationen rekontextualisiert werden. Ausgangspunkt von „New Sexual Lifestyles“ (2003) sind beispielsweise die parallelen Geschichten des Goulding House, einer gläsernen modernistischen Architektur in Irland, und einer Diskussion über die „Sexuelle Revolution“, die 1973 im amerikanischen Playboy veröffentlicht wurde. Die Diskussion wurde mit verschiedenen Schauspielern in den Räumen des Goulding Houses re-inszeniert. In einer Installation sind die Videorekonstruktionen des Gesprächs über drei Monitore verteilt und werden im Raum von großformatigen Fotografien des Goulding House begleitet. „New Sexual Lifestyles“ etabliert so eine Beziehung zwischen der Geschichte der Architektur und jener der Zeitschrift, die in völlig unterschiedlichen Medien jene ideologischen und rhetorischen Figuren zu Tage treten lassen, die die 70er Jahre geprägt haben.

In dem Film „1984 and beyond“, der auf einer 1963 im „Playboy“ erschienenen Gesprächsrunde zwischen Wissenschaftlern und Science-Fiction-Autoren über George Orwells Zukunftsvision basiert, werden ebenfalls aus heutiger Sicht absurde Vorstellungen von der Zukunft präsentiert, ohne das Potenzial der Auseinandersetzung mit Orwell zu denunzieren. Vergangenheit und Gegenwart treffen vielmehr in einer Form aufeinander, in der sich gesellschaftliche und ideologische Perspektiven überlagern.

Byrnes filmische Arbeiten sind geprägt von Bertolt Brechts Schriften zum epischen Theater und greifen dessen Vorstellung des Verfremdungseffektes als Erkenntnis schaffendes Instrument auf. Der distanzierte Blick auf Themen einer anderen Ära, die für uns veraltet scheinen, wird so ein weiteres Mal distanziert und gerät zum absurden Spiel zwischen Spekulation und Wirklichkeit.

Gerard Byrne bespielt den Irischen Pavillon der diesjährigen Venedig-Biennale. Seine Einzelausstellung im Kunstverein für die Rheinlande und Westfalen – die erste umfassende Präsentation seines Werkes in Deutschland – bietet einen Überblick über sein bisheriges Schaffen. Eine gemeinsam mit dem Irischen Pavillon herausgegebenen Publikation (in englischer Sprache) erscheint während der Ausstellung.

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Gerard Byrne