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Ihr Werk fehlt in keinem Überblick zur Entwicklung der Plastik im 20. Jahrhundert und doch ist Germaine Richier (1902-1959) eine Ausnahmekünstlerin. Ihr gesamtes Schaffen ist auf den Menschen ausgerichtet und die Möglichkeit, ihn angemessen ins Werk zu setzen. «Allein das Menschliche zählt», hat Germaine Richier einmal über ihr Arbeiten gesagt.

Aus der Tradition der figürlichen Skulptur, die sie als Privatschülerin von Émile-Antoine Bourdelle in Paris intensiv kennenlernte, ist sie künstlerisch einen so eigenständigen und zugleich vielfältigen Weg gegangen, dass ihr Werk noch heute nicht einfach einzuordnen ist. Wie das Werk von Alberto Giacometti, mit dem sie gemeinsam bei Bourdelle studiert hat, wird auch ihres in den Zusammenhang mit der Philosophie des Existentialismus gestellt. Bei genauerem Hinsehen kann man verstehen, dass man existentialistische Ideen in ihren schrundig aufgerissenen, der Sicherheit des Daseins beraubten und in Drahtverspannungen eingeschriebenen Figuren wiedererkannt hat – dennoch geht Richiers Arbeit am Menschenbild auch in ganz andere Richtungen. Ihre Gleichsetzungen von Menschen und Tieren in hybriden Mischgestalten zeigen ihre starke Identifikation mit der Natur, die, gespeist aus den Mythen und Geschichten ihrer provenzalischen Heimat, sie heute auch als eine ökologisch empfindende Künstlerin erscheinen lässt: Der Mensch ist Teil der Schöpfung und schwebt nicht über ihr. Zudem hat ihre Karriere als eine der ersten international erfolgreichen Bildhauerinnen früh Anerkennung gefunden.

Germaine Richier war der Schweiz eng verbunden. Ihren ersten Ehemann, den Zürcher Otto Charles Bänninger, lernte sie im Atelier Bourdelle kennen. Als 1939 der Zweite Weltkrieg ausbricht, bleibt sie mit Bänninger in Zürich und trifft dort Alberto Giacometti, Marino Marini, Hans Arp, Le Corbusier und Fritz Wotruba wieder, mit denen gemeinsame Ausstellungen und ein intensiver Austausch entstehen. 1946 kehrt sie nach Paris zurück, pendelt aber noch lange nach Zürich und nimmt viele Schweizer Schüler an. 1945 zeigte die Kunsthalle Bern sie bereits zusammen mit Marino Marini und Fritz Wotruba und widmete ihr ein Jahr vor ihrem Tod 1958 eine Einzelausstellung mit neusten Plastiken.

55 Jahre danach zeigt das Kunstmuseum Bern die erste Retrospektive der Künstlerin in der Schweiz. Mit ca. 60 Plastiken präsentiert die Ausstellung einen nach Themen geordneten Überblick über Richiers gesamtes Schaffen. Zudem werden „Gäste“ aus den Sammlungen des Kunstmuseums Bern und der Kunsthalle Mannheim (zweite Station der Ausstellung) in die Ausstellung integriert, um den Horizont der Fragen an Richiers grosses Œuvre zu erweitern.

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Germaine Richier
Retrospektive

Künstler:
Germaine Richier

Kuratoren:
Daniel Spanke

Stationen:
Kunsthalle Mannheim
Kunstmuseum Bern