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Die raeumliche Praxis einer Gesellschaft bringt ihren Raum hervor; sie setzt ihn und setzt ihn voraus, in dialektischer Wechselbeziehung; langsam, aber bestimmt erzeugt sie ihn, beherrscht und eignet sich ihn an. (Henri Lefebvre)

Ein spiegelglatter See. Auf dem Wasser ein Ruderboot, darin ein elegant gekleideter Mann. Das Boot erreicht das steinumfasste Ufer. Der Mann betritt die gestutzte Grasflaeche, laeuft die minimalistische Kante des Kanals ab. Vor ihm erstrecken sich seriell wiederholte Baumquadrate, ein Kreis aus Wasser, Perspektivlinien.

Auf den ersten Blick scheint Giorgio Cappozzos & Robert Gschwantners gemeinsame Videoarbeit The Perfect Circle (2007) in einer utopischen Landschaft gedreht. Die puderige-helle Atmosphaere betont die akkuraten Geometrien aus Baeumen, Gruen und Wasser. Doch dieser Raum ist real: Es handelt sich dabei um den Grand Canal im Park von Versailles. André Le Notrê entwarf diese Topografie einer kuenstlichen Natur. Er nahm damit bereits im 17. Jahrhundert eine moderne Raumgestaltung vorweg, die spaeter die europaeische Stadtplanung dominierte. Haupt-, Quer- und Diagonalachsen werden durch rund-, halbrund- und sternenfoermige Plaetze verbunden. Gschwantner bemerkte bei einem Aufenthalt in Paris die Aehnlichkeit von geplanter Natur und Stadt: "Das Faszinierende am Park von Versailles sind die Perspektiven und Dimensionen. Obwohl ich inmitten einer kuenstlich geschaffenen Naturlandschaft stand, wurden mir ihre staedtischen Raumprinzipien bewusst." 350 Jahre spaeter tauchen die Geometrien des Achsenkreuzes und Kreises wieder auf: fernab von Europa bei den Planungen eines chinesischen Großprojektes. Lingang New City, eine am Reißbrett entworfene Hafenstadt fuer 800.000 Einwohner bekommt zum Zentrum ebenfalls einen See. Der Entwurf des Architekten Meinhard von Gerkan sieht eine moderne Idealstadt vor, auch hier bildet das Wasser den Mittelpunkt.

Robert Gschwantners Einzelausstellung 1662 in der Gitte Weise Galerie greift diese beiden Orte und ihre Topografien in Bildern und einem Video auf. Seine Bilder lagern diese beiden historisch und raeumlich voneinander entfernten Orte uebereinander an. Ihre aus der Vogelperspektive der Planer abstrahierten Arrangements vereinigte Gschwantner mithilfe von Architekturmodellen unter einer Textur aus Plastikroehrchen. In das filigrane Netz, welches sich ueber die Bildtraeger verspannt, fuellt er Wasser aus dem Grand Canal. Nicht nur die uebereinander gelagerten Raumdarstellungen, sondern ebenfalls dieses Gewebe aus lichtdurchlaessigen Plastikroehrchen bilden den Kern seiner Arbeiten: Lichteinfall und Beobachtungswinkel, Differenz zwischen Grund- und Oberflaeche sie machen die Tiefe und Wandlungsfaehigkeit seiner (Bild-) Raeume aus.

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Giorgio Capozzo & Robert Gschwantner