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Der holländische Künstler Guido van der Werve (*1977, Papendrecht) präsentiert in der Kunsthalle Basel Filmarbeiten, welche zwischen 2003 und 2007 entstanden sind. Seine sorgfältig inszenierten Filme umkreisen meist Ereignisse, die den Lauf der Zeit und die Routine des Alltags durchbrechen. Themen wie Melancholie, die romantisierte Figur des schöpferischen Künstlers sowie die unkontrollierbare Grösse des Zufalls werden in ihnen aufgenommen und mit den rationalen Denkweisen klassischer Musik verknüpft. Die traumartigen Sequenzen mit mehreren Protagonisten werden dabei immer wieder mit slapstick-artigen Handlungen des Künstlers oder von unerwarteten Geschehnissen unterbrochen. Die Beschäftigung mit der Bewegung des Fallens und der physischen Unterlegenheit hinsichtlich der Schwerkraft, nähert van der Werves Aktionen an das konzeptuelle Werk von Bas Jan Ader an, welcher in den 1970er Jahren auf der Suche nach dem „Wunderbaren” das heroische wie komische Scheitern des Künstlers und des Menschen an sich thematisiert hat (beispielsweise in den Filmen Fall 1 und Fall 2, 1970 und in seinem letzten, unbeendet gebliebenenen Projekt In Search of the Miraculous, 1975).

Ähnlich wie Aders Arbeitsweise ist auch diejenige van der Werves performance-orientiert und erfordert oft einen hohen Körpereinsatz. Der Künstler begibt sich für seine Arbeiten in riskante Situationen, in welcher die Gefahr durch Naturelemente wie Wasser (oder wie das Meer auf welchem auch Ader in seinem Einmannsegler 1975 verschollen ist) für die Entfremdung von der Gesellschaft sowie für das Streben nach tieferen menschlichen Wahrheiten steht. In den zwei aktuellsten Filmen (beide 2007) wird dies besonders deutlich: nummer acht: everything is going to be alright zeigt van der Werve, wie er über das zugefrorene finnische Meer geht, gefolgt von einem meterhohen Eisbrecher, der das Eis hinter ihm bedrohlich teilt. Für nummer negen: the day I didn’t turn with the world hat sich der Künstler in der Arktis auf den Achsendrehpunkt der Erde gestellt und sich dort für 24 Stunden entgegen der Erdrotation bewegt.

Van der Werve benennt seine Filme, die teilweise bis zu einem Jahr Entstehungszeit benötigen, mit Nummern. Die Titel wie nummer twee bis nummer negen (Nummer zwei bis neun) weisen auf ein fortlaufendes Projekt des Künstlers hin. Die Filme sind zudem in mehrere Kapitel geteilt, die sich auf diejenigen anderer Werke innerhalb der Serie beziehen können. Die Filme mündeten diesen Frühling in die umfassende Publikation nummer tien: works 2003-2007, welche Bilder aller filmischen Arbeiten van der Werves umfasst. Die konsequente Durchnummerierung der Arbeiten lässt sich in Beziehung zu Musiknoten wie auch zu den Titeln klassischer Kompositionen von Chopin, Rachmaninow oder Mozart verstehen. Klassische Musik ist für van der Werve, der selbst klassische Klaviermusik studiert hat, ein wichtiges Mittel, welches er als narrative Suggestion in seinen Filmen einsetzt. Die klassischen Stücke können am Anfang einer Idee zu den Filmen stehen und legen eine poetische, wenn nicht sogar emotional aufgeladene Atmosphäre über die Szenen. Das durch die Musik entstehende Pathos wird jedoch immer wieder gebrochen, wenn der Künstler etwa am Ende des Filmes nummer vier: I don’t want to get involved in this, I don’t want to be part of this, talk me out of it, in welchem er unter anderem auf einem Floss im See treibend Klavier spielt, plötzlich vom Himmel in einen Fluss fällt. In nummer zes: Steinway grand piano. Wake me up to go to sleep and all the colors of the rainbow, der die Geschichte der Steinway Piano Company nacherzählt, wird im Laufe der Handlung ein Steinway-Flügel von der Strasse aus mit einem Kran in die Wohnung des Künstlers transportiert, wo dieser gemeinsam mit einem Symphonie-Orchester ein Konzert von Frédéric Chopin spielt.

In der Kunsthalle Basel wird Guido van der Werve unter dem Titel On parity of days (dt. Von der Gleichwertigkeit der Tage) seine Filme Nummer zwei bis neun präsentieren. Die Filme wechseln jeden Tag: An geraden Tagen werden Nummer zwei, vier und sechs zu sehen sein und an ungeraden Tagen Nummer drei, sieben und neun. Als Fixpunkt wird nummer acht: everything is going to be alright konstant in der Mitte der Ausstellung projiziert. Mit dem Wechsel der Filme thematisiert der Künstler seinen konzeptuellen Umgang mit der Wahrnehmung und Berechnung von Zeit und wendet sich gegen die tägliche Gleichheit konventioneller Ausstellungspräsentationen. Die Besucherinnen und Besucher werden je nach Datum des jeweiligen Tages eine andere Ausstellung antreffen. Sie haben jedoch die Möglichkeit, mit dem selben Eintrittsticket am folgenden Tag die andere Konfiguration der Filme zu sehen. Mit diesem Ausstellungskonzept fokussiert der Künstler ebenfalls die Hauptmotive in seinen Werken: Die Faszination an den berechenbaren sowie an den unvorhergesehenen Ereignissen im Leben.

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Guido van der Werve
On parity of days