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„So aber ergeht es mit den Dingen dem großen Sammler. Sie stoßen ihm zu. Wie er ihnen nachstellt und auf sie trifft, welche Veränderung in allen Stücken ein neues Stück, das hinzutritt, bewirkt, das alles zeigt ihm seine Sachen in ständigem Fluten“ (Walter Benjamin)

Der Hintergrund Sammeln entlang des Alltags ist eine weit verbreitete Obsession: ob Schaufensterpuppen, Avocadokerne oder Reklamefilme für Landmaschinen: der persönlichen Sammelleidenschaft sind keine Grenzen gesetzt.

Das ungewöhnliche, von Bogomir Ecker und Claudia Banz kuratierte Ausstellungsprojekt, bei dem der Zufall eine wichtige konzeptuelle Größe darstellt, nähert sich dem Phänomen des Sammelns einmal aus einem völlig anderen Blickwinkel. Im Fokus stehen nicht private Kunstsammlungen, sondern private Sammlungen von DINGEN, die jenseits ihres reinen Gebrauchswertes eine ganz persönliche Bedeutung annehmen, die zu geistigen Reservaten ihrer Besitzer werden. Und da der Besitz eines einzigen Gegenstandes nicht befriedigt, entsteht die Sucht, das Streben nach einer ganzen Kollektion. Der Sammler will die Dinge HABEN. „Denn im Inbesitznehmen triumphiert die Leidenschaft, hier wird die tägliche Prosa der Gegenstände zur Dichtung, zu einer unbewussten und triumphalen Unterhaltung“ (Jean Baudrillard).

Um diese verborgenen Kollektionen überhaupt sichten zu können, wurden private Sammler im Raum Braunschweig per Zeitungsannonce gesucht und dazu aufgerufen, den Schritt an die Öffentlichkeit zu wagen, ihre persönlichen „Objekte der Begierde“ zu benennen und für eine Ausstellung als Leihgabe zur Verfügung zu stellen.

Die Ausstellung In der Ausstellung entsteht ein Kuriositätenkabinett, das neun dieser ungewöhnlichen, zufällig ausgewählten, privaten Sammlungskonvolute aus dem Braunschweiger Raum vorstellt und in der Ausstellung „HABEN. Über die Dinge, durch ihre Verwandtschaft“ in der Galerie der Hochschule für Bildende Künste Braunschweig erstmals öffentlich präsentiert. In den begleitenden Video-Interviews lüften die Sammler den Schleier des Geheimen und Verschlossenen und verraten, welche psychologischen Motivationen hinter den individuellen Sammlungen stehen.

Steht die in der Ausstellung inszenierte Wunderkammer als Spiegelbild eines emotional, assoziativ gesteuerten Sammelns, so reflektieren die dort vorgestellten künstlerischen Positionen das zentrale Leitmotiv auf der offiziellen institutionalisierten Ebene. Sie rücken entweder das Archiv als Stätte einer sich ins Unendliche fortsetzenden Sammlung von Bildern, Texten bzw. Dokumenten in den Mittelpunkt, werfen einen voyeuristischen Blick hinter die offiziellen Kulissen einer institutionalisierten Objektpräsentation, ironisieren die musealen Selektionsprozesse der Historisierung und Hierarchisierung oder begeben sich auf die Jagd nach dem unabdingbaren Meisterwerk, das jede Sammlung oder Ausstellung adelt. Aus dem Herzog Anton Ulrich Museum schließlich stammt zudem ein Konvolut von Präsentationsobjekten. Es verweist darauf, dass auch die Museen jenseits der wissenschaftlich objektivierbaren Sammlung DINGE in ihren Depots bewahren, die für gewöhnlich nicht ausgestellt werden. So stellt die Ausstellung etablierte museologische Wertehierarchien auf dem Kopf, stellt ein Museum der privaten Obsessionen jenseits des etablierten Betriebssystems Kunst vor.

Ausstellung, kuratiert von Prof. Bogomir Ecker/HBK und Dr. Claudia Banz/After Cage Network/Maastricht vom 8. bis 25. Juni 2006 in der Galerie der Hochschule

Beteiligte Künstler Matthias Burger, Arnold Dreyblatt, Sebastian Debold, Bogomir Ecker, Andrea Fraser, Alberto Giacometti (†), Giacomo Incorpora, Daniel Janik, Anna Mutz, Britta Stinn, Uwe Schinn

Pressetext

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Haben.
Über die Dinge, durch ihre Verwandtschaft
kuratiert von Bogomir Ecker und Claudia Banz
Ort: Galerie der Hochschule für Bildende Künste Braunschweig

mit Matthias Burger, Arnold Dreyblatt, Sebastian Debold, Bogomir Ecker, Andrea Fraser, Alberto Giacometti, Giacomo Incorpora, Daniel Janik, Anna Mutz, Britta Stinn, Uwe Schinn