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Hanna Mohns „Köpfe“ sind klassische Skulpturen. Jeder einzelne Kopf, stets kleiner oder größer als ein Schädel in Lebensgröße, wird langwierig aufgebaut. Aus einem Styroporblock wird zunächst die Grobform herausgearbeitet, diese dann mit Rupfen überzogen und weiter modelliert, schließlich eine pigmentierte Spachtelmasse aus Holzmehl und Binder aufgetragen (und ggf. geraspelt), die den Köpfen ihre spezifische taktile und farbige Oberfläche verleiht. Erst am Ende dieser plastischen Formung und Oberflächenmodulierung erhält jeder Kopf seine (z.T. minimale) Standfläche - und seinen Sockel.

Die Ausstellung der „Köpfe“ zeigt eine Ansammlung von Einzelskulpturen auf verschieden hohen Sockeln im Raum. In dem räumlichen Ensemble gewinnen die Köpfe Qualitäten, die über die einer klassischen Skulptur hinausgehen. Die Verhältnisse werden komplexer: Jeder Kopf hat einen Bezug zu seinem Sockel, der ihn trägt und von dem er sich absetzt. Durch die unterschiedliche Höhe und Ausrichtung der Sockel fällt der Blick auf jeden Kopf aus einer unterschiedlichen Perspektive. Die Köpfe stehen frei im Raum und sind alle zu umschreiten. Mal begegnet das Auge frontal einem Antlitz, mal nähert es sich einem Halbprofil, mal fokussiert sich der Blick hinab auf einen kleinen Kopf, mal prallt er auf die Monumentalität eines anderen. Der Betrachter betritt einen Raum, der schon bevölkert, belebt zu sein scheint, in dem schon eine Gesellschaft von „Köpfen“ ruht, bzw. von Sockeln getragen wird. Die Ausdehnung dieses geselligen Ensembles im Raum und die gleichzeitige Konzentration jeder Einzelskulptur auf sich selbst erzeugen eine eigenartige Atmosphäre von Verschwiegenheit und Kommunikation, Welthaltigkeit und Innerlichkeit, Zuwendung und Abwendung. Im Raum ist Ruhe. Nur in Ruhe kann man sich seinem sichtbaren und unsichtbaren Potential zuwenden.

Die Situation im Ausstellungsraum entspricht der in Hanna Mohns Atelierraum. In den letzten sechs Jahren entstanden über 25 „Kopf“-Skulpturen. Jede liegt und lagert auf einem Sockel und füllt(e) nach und nach das Arbeitszimmer. Hanna Mohn arbeitet lange an einem Kopf, an einer „kraftvollen“ Form, die über die Jahre nun immer wieder mündet in einem – je verschiedenen - abstrahierten Kopf, einer individualisierten Urform, einem ruhenden Ei, das erweitert und gezeichnet ist von menschlichen Sinnesorganen (Auge, Ohr, Nase, Mund) und einer Oberfläche, die von Materialität und Berührung zeugt und in ihrer im Licht changierenden Farbigkeit nicht Zugriff, sondern Bewegung, Wahrnehmung und Abstand fordert.

„Die Ruhe der Köpfe geht auf mich über“, sagt Hanna Mohn in ihrem Arbeitsraum, durch dessen Leere sie ihre Gegenüber ertastet(e). Köpfe haben ein Innenleben. Ihre Sinnesorgane sind wie Fenster zu verschiedenen Welten und zu Anderen. Im Atelier entspannt sich ein Dialog mit jedem einzelnen Kopf. Seine Hervorbringung ermöglicht Projektionen und Übertragungen. Eine Ausstellung ist ein öffentlicher Ort, den viele Einzelne betreten. Sie betreten eine verschwiegene Welt der Begegnungen und des Bei-Sich-Seins und werden sie schließlich im Kopf mit sich und fort tragen, auf die Straße, unter die Anderen.

Zur Ausstellung erscheint ein Katalog.

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Hanna Mohn
Köpfe