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Erstmals sind nun im Kunstmuseum Bayreuth die archaisch anmutenden Zeichnungen von Hannsjörg Voth und die poetischen Schwarzweiß-Fotografien der marokkanischen Marha-Ebene von Ingrid Amslinger gemeinsam zu sehen.

Hannsjörg Voth wurde durch seine großen Landschaftsobjekte bekannt. Schon 1977 war er mit einem 30 m langen Floß, darauf eine riesige Mumie mit einer Bleimaske, den Rhein hinab ins Meer gefahren. Im Ijsselmeer hatte er 1978 – 81 in einer archaischen Pfahlpyramide gelebt und ein „Boot aus Stein“ geschlagen. Er beteiligte sich an zahlreichen Symposien der Land Art und realisierte in den letzten 25 Jahren in der Wüste der marokkanischen Marha-Ebene drei architektonische Großskulpturen: die „Himmelstreppe“ mit den geschmiedeten Eisenflügeln, die „Goldene Spirale“, die sich langsam aus dem Sand heraus erhebt, um sich schließlich in ihrem Zentrum in die Erde zu bohren und die „Stadt des Orion“, deren abgestufte Türme der Helligkeit der Himmelskörper im Sternbild entsprechen. Die Werke und ihr Entstehen wurden begleitet und dokumentiert durch seine kongeniale Partnerin, die Fotografin Ingrid Amslinger. In ihren eindringlichen Bildern hat sie festgehalten, was vergänglich war oder zerstört wurde. In den hier gezeigten Schwarzweiß-Fotografien ist vor allem die einzigartige, weite Wüstenlandschaft zu sehen: Steine und Sandstrukturen, das flirrende Licht der Sandstürme und die absolute Klarheit der Formen, den Horizont und die bewegten, hohen Himmel. Hier klingen Weite, Tiefe und Nähe, scheinbar Unveränderliches und beständige Veränderung zusammen.

Anders als in diesen Fotografien spielt in den Zeichnungen von Voth die Wüste selbst keine Rolle, wohl aber die Bildwelt archaischer, nomadischer Kulturen. Voth hat von klein auf gezeichnet. Weithin bekannt sind seine Projektzeichnungen, oft auf Transparentpapier, die gleichermaßen exakt und impressionistisch – als „Partituren für eine Inszenierung“ (Heinz Neidel) – wirken. Die hier gezeigten freien Zeichnungen, die mit vorgefundenen Materialien, Erden und Sand, Kohle und Wasserfarben, Stiften und Fingern in der Einsamkeit der selbst entworfenen Wüstenbauten entstanden, unterscheiden sich davon grundlegend.

Tiermenschmischwesen bevölkern diese Blätter, Insekten und Schlangen, Ziegen und Antilopen, Panther und Löwen, Hunde oder Schakale. In dieser wilden Welt gibt es Jäger und Gejagte, oftmals ununterscheidbar durch Linien miteinander verflochten. In jedem Jahr hat Voth mehrere Monate lang in Marokko gelebt, gearbeitet und gezeichnet. Nacheinander entstanden hier verschiedene Zeichnungen: „Wasserfarben“ – aquarellartige Pinselzeichnungen in der „Himmelstreppe“ mit dem Brunnen, den die Nomaden als „Hassi Romi“ (Brunnen der Römer = Europäer) bezeichneten, und Stiftzeichnungen in der Goldenen Spirale und in der „Stadt des Orion“.

Sowohl Amslingers zeitlose Fotografien als auch Voths archaisch anmutende Zeichnungen sind grundsätzlich elementare Bilder, die „jenseits der Zeit“ in dieser Ausstellung und dem wunderbaren Katalog, der von den Künstlern gestaltet wurde, zusammenfinden.