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Hans Schabus, 1970 in Watschig, Österreich, geboren, in Wien zu Hause, ist der Arnold-Bode-Preisträger 2006. International bekannt geworden durch seine Arbeit „Das letzte Land", die Überbauung des österreichischen Pavillons mit einem Bergmassiv auf der Biennale in Venedig 2005, bietet der Kasseler Kunstverein dem Bildhauer einen nicht weniger prominenten Ort an: das Museum Fridericianum. 1779 eröffnet, war es das erste als Museum errichtete Gebäude auf dem europäischen Kontinent, beherbergte verschiedene Sammlungen, künstlerische wie wissenschaftliche, war Bibliothek und Kuriositätenkabinett, wurde 1810 umgebaut zum ersten Parlament auf deutschem Boden, war Opfer der fast völligen Zerstörung im Zweiten Weltkrieg und wurde durch Arnold Bode schließlich zum Stammhaus der documenta.

Hans Schabus findet in diesem Gebäude seine Schnittstelle zum Begriff des Museums, das ursprünglich der Tempel der Musen war, den Schutzgöttinnen der Künste und Wissenschaften geweiht. Inzwischen sind Kunst und Wissenschaft selbst in die Tempel eingezogen, die Tempel sind in Paläste und Prunkräume verwandelt worden, schließlich in Schutzbauten für Sammlungen und Orte zur Wahrung des kulturellen Besitzes und der Bildung. In diesem Sinne, so Schabus, sind Museen auch Zellen für die „Innere Sicherheit" und der „White Cube“ auch soviel wie eine „Sicherungsarchitektur“. Hans Schabus' Interesse gilt aber auch der Tatsache, dass das Gebäude auf dem aufgefüllten Flutgraben der mittelalterlichen Stadtbefestigung errichtet wurde, die für die Erweiterung der Stadt bis auf den in das Gebäude integrierten Zwehrenturm geschliffen wurde. Als 1858 selbiges mit der Wiener Stadtmauer passierte, komponierte Johann Strauss die „Demolirer Polka“. Dieses Musikstück nahm Hans Schabus wiederum zum Anlass, um im Frühjahr in Salzburg (Kontracom06) eine neue Mauer zu errichten. Die Holzbretter des sechs Meter hohen Bauzauns entsprachen in ihrer Länge und Anzahl den Tonhöhen der Melodiefolge der Polka. Direkt am Haupteingang des Mirabellgartens blickten die Gottheiten der griechischen Mythologie nun von der Balustrade auf die rückseitige, blinde Wand. Diese „Demolirer Polka“ wird nun im Kasseler Kunstverein für die Vertonung der „Inneren Sicherheit“ herangezogen, und steht für eine der Musen, die wieder in das Museum zurückgeholt werden. Vorher aber wird Hans Schabus die Räume des Kasseler Kunstvereins im Fridericianum entkernen, vollständig zurückbauen, Stellwände und Blendmauern einreißen und den Kunstverein bloß legen. Alles wird abholbereit gemacht für den „alle-5-Jahre-Auszug" um der documenta Platz zu machen, während die Arbeit – der Sicherungsmaßnahmen entraubt – inmitten von Baumaterialien, Werkzeugen und Lagerwaren weitergeht.

Zum Ende der Ausstellung erscheint ein Katalog, der die umfangreiche Arbeit dokumentiert. Im Rahmen des 23. Kasseler Dokumentarfilm- und Videofest wird am 9. November um 22.15 Uhr im Großen Bali eine Werkschau des Künstlers gezeigt. Der Künstler ist anwesend.

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Hans Schabus
INNERE SICHERHEIT