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Heimo Zobernig, seit den 1980er Jahren eine Schlüsselfigur der österreichischen Kunstszene, zeigt unter dem Titel „Total Design“ innerhalb der MAK-Ausstellungsreihe „KÜNSTLER IM FOKUS“ eine Zusammenstellung von Werkgruppen, die an der Schnittstelle von Skulptur, Raum, Architektur und Design angesiedelt sind. Mit kalkuliert-ironischer Distanz durchleuchtet er tradierte Systeme und Normen, insbesondere die Rahmenbedingungen von Kunst. Eigens für seine Ausstellung in der MAK-Schausammlung Gegenwartskunst entwickelt Zobernig eine Installation, in der er sich mit spezifischen Gegebenheiten des Ausstellungsraums auseinandersetzt.

Seine Produktion, die mit Arbeiten für das Theater ihren Anfang nahm, gebraucht ein breites Spektrum künstlerischer Ausdrucksformen: ob Malerei, Skulptur, Architektur, Installation, Video oder Sprache, Zobernig weiß sie entsprechend einzusetzen. All seine Werke tragen die Bezeichnung „ohne Titel“, womit das Objekt selbst seine Bedeutung und jegliche Interpretation offen lässt. Die Auseinandersetzung des Künstlers mit modularen Elementen wiederholt sich in der Verwendung von Materialien wie Pressspan, Karton oder Beton und Gegenständen aus industrieller Herstellung. Rein formal reduziert Zobernig seine Objekte auf ein Minimum zu ihrer Funktion notwendiger Eigenschaften. Das Ergebnis sind kontroverse Grenzüberschreitungen und Kurz-Schlüsse, die sich in einer betont reduzierten, auf die Minimal und Concept Art der 1960er Jahre verweisenden ästhetischen Formensprache manifestieren. Eine chronologisch angeordnete Reihe von Regalen ab den späten 1980er Jahren, die in der MAK-Ausstellung eine in sich geschlossene Werkgruppe darstellen, reflektiert die programmatische Indifferenz des Künstlers hinsichtlich des Paradigmenwechsels von angewandter und bildender Kunst – ein Ansatz, der ihn von Donald Judd unterscheidet, einem der bedeutendsten Vertreter minimalistischer Kunst, der den Gegenstand aufgrund seiner Funktion als Kunst- oder Designobjekt definiert.

Für die MAK-Ausstellung entwickelt Zobernig eine raumgreifende Installation. Ein Tunnel, umhüllt von Bühnengaze, leitet den Besucher in den Ausstellungssaal und dient gleichzeitig als Kinoraum. Zu sehen ist das „Video Nr. 17“ (1998), aufgenommen während der Eröffnung der von Christian Meyer kuratierten Gruppenausstellung „Sharawadgi“, mit Tacita Dean, Charles und Ray Eames, Olafur Eliasson, Peter Fischli und David Weiss, Dan Graham, Donald Judd, Florian Pumhösl, Heimo Zobernig u.a., in der Felsenvilla in Baden aus der Gründerzeit, wobei der Fokus auf der „Verortung künstlerischer Praktiken“ liegt. Entsprechend der Blue-Box-Technik wurden die Wände eines Zimmers mit blauem Fotokarton ausgekleidet und eine zusätzliche Bildebene eingeblendet. Zobernig integriert diesen Ausstellungsrundgang wiederum in die aktuelle Schau und verwebt so den Raum der Installation mit dem örtlichen und diskursiven Kontext.

Eine Reihe von Arbeiten setzt sich mit Mechanismen der Wahrnehmung auseinander. Durch das Ausloten des Ausstellungsraums schafft Zobernig eine temporäre Installation, die durch die Zusammenstellung zweier Werke entsteht und einen labyrinthischen Raum erzeugt: „ohne Titel“ (1998) besteht aus drei Paravents, die von einem mit Spiegeln verkleideten Wandelement reflektiert werden und so den Betrachter in das Schaustück involvieren. Die Idee des Panoramas hingegen zeigt sich in der auf ein architektonisches Versatzstück verweisenden Arbeit „ohne Titel“ (2008), einer schwebenden konkaven Fläche, die von einer einfachen Konstruktion aus Holz getragen wird.

Ein Zugang zur aktuellen Ausstellung „Total Design“ führt durch die MAK-Schausammlung Wiener Werkstätte, die von Zobernig in den 1990er Jahren neu gestaltet wurde, entsprechend dem experimentellen Ansatz des Hauses, angewandte Kunst, bildende Kunst und Architektur zu verbinden. Ein Objekt der von Zobernig konzipierten Präsentation findet sich in der Arbeit „ohne Titel“ (2003) wieder und stellt somit einen ideellen Zusammenhang zur Sammlung angewandter Kunst des MAK her. Das Ensemble zeigt drei Kopien nach dem Vorbild eines Schranks von Koloman Moser (1904) für das Sanatorium Purkersdorf, entstanden für die Ausstellung „Josef Hoffmann und die Wiener Werkstätte“ im Kunsthaus Zug (2003); indem Zobernig selbst eine Kopie ausführt und zwei weitere Nachbauten durch zwei Haftinsassen und den Tischlermeister des Kantonalen Gefängnisses Glarus anfertigen lässt, ergibt sich einerseits eine multiple Autorenschaft künstlerischer Interpretation, andererseits wird die Institution Anstalt als Instrumentarium thematisiert.

Eine narrative Geste stellt Zobernig zum Werk von Franz West her, mit dem ihn eine Reihe kooperativer künstlerischer Produktionen und auch etliche Gemeinschaftsausstellungen verbinden. So erklärt Zobernig ein von West für die Präsentation einer chronologischen Abfolge von Stühlen entworfenes Podest aus der vorhergehenden Ausstellung „FRANZ WEST. Sit On My Chair, Lay On My Bed. Angewandte Kunst“ in der MAK-Schausammlung Gegenwartskunst zum Kunst-Objekt, das dem Besucher als Sitzgelegenheit angeboten wird.

Für die MAK-Ausstellung „Total Design“ schafft Zobernig ein Zusammenspiel imaginärer Resonanzräume, die unmittelbar mit singulären Objekten, Werkgruppen und räumlichen Interventionen korrespondieren und als Transporter des von ihm angezettelten Diskurses fungieren.

„HEIMO ZOBERNIG. Total Design“ ist die mittlerweile fünfte Präsentation im Rahmen der Reihe „Künstler im Fokus“, mit der das MAK ein richtungweisendes Konzept zur Neupositionierung der MAK-Schausammlung Gegenwartskunst verfolgt. Für jeweils circa sechs Monate wird der Saal der Schausammlung einem in der Sammlung vertretenen Künstler gewidmet. Das Hauptaugenmerk liegt auf spezifischen Werkgruppen, wobei die in der MAK-Sammlung vertretenen Positionen mit Leihgaben ergänzt werden. „KÜNSTLER IM FOKUS“ ermöglicht nicht nur eine konzentrierte Auseinandersetzung mit Positionen wichtiger in der Sammlung vertretener Künstler, sondern gibt darüber hinaus mit der Präsentation zusätzlicher Leihgaben im Kontext einer Ausstellung einen Impuls für Neuankäufe bzw. Donationen. Damit werden neue Perspektiven zur Erweiterung und Ergänzung der Sammlung geschaffen.

Nach „RAINER, sonst keiner! Überschriftungen“, „Alfons Schilling. SEHMASCHINEN 007“, „Padhi Frieberger. OHNE KÜNSTLER KEINE KUNST!“, „Franz West. SIT ON MY CHAIR, LAY ON MY BED. Angewandte Kunst“ und „Heimo Zobernig. TOTAL DESIGN“ soll „KÜNSTLER IM FOKUS“ mit Präsentationen von Vito Acconci, Liam Gillick und Martin Kippenberger fortgeführt werden.

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KÜNSTLER IM FOKUS #5
Heimo Zobernig
TOTAL DESIGN