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Am 26. Januar 2014 zeigt die Künstlerin Hella Gerlach (*1977, lebt in Berlin) eine für die Räume der Ausstellung „Ägypten“ des Roemer- und Pelizaeus-Museums entwickelte performative Intervention. Die Künstlerin setzt durch die Installation ihrer Keramik-Objekte und Abbildungen Markierungen in der Sammlung und öffnet Dialoge durch subtile Gesten der Annäherung. Sie bringt antike Exponate in einen Assoziations- und Bedeutungstanz, in dem erzählerische Momente aufblitzen, Materialien, Farben und Formen korrelieren oder kontrastieren. Eine neue Serie hybrider Elemente (Kreuzungen von Haushaltsrobotern und Turbanen) bewegt sich autonom durch die Ausstellungsräume: Die Skulpturen kreuzen die Wege der Besucher, unternehmen Suchbewegungen, bilden Achsen und Zusammenhänge, um sie sofort wieder aufzulösen. Sie folgen ihrer eigenen Logik, ecken an, ändern die Richtung auf unberechenbare Weise und bahnen sich so einen Gang durch die Ausstellung, der einem anderen Programm als demjenigen der Besucher entspricht.

Eine Soundarbeit (entstanden in Zusammenarbeit mit den Musikern Andras Fox und Sabine Gottfried) durchdringt in regelmäßigen Abständen das Museumsgebäude, erzeugt eine Shopping-Mall-Atmosphäre. Klänge, die zum „relaxen“ auffordern, wechseln ab mit Textfragmenten, die zu meditativen Atemübungen und gedanklichem Stretch anleiten. Orte und ihre spezifischen Eigenschaften kommen zu einem „Clash“, einem Aufeinandertreffen, aus dem ein dritter, undefinierter Raum hervorgeht. Räume im Raum nehmen wir nicht zuletzt über unseren Geruchssinn wahr, der das Vorhandene plötzlich anders aufladen, mit Erinnerungen und Bildern ausstatten kann. Ein von Gerlach mit dem Parfumeur Christophe Laudamiel entwickelter Duft ist Teil einer Skulptur, durchweht einen der Sammlungsräume – auf allen sinnlichen Ebenen entfaltet sich die Ausstellung neu, bricht mit musealen Gewohnheiten, klingt, duftet, gerät in Bewegung, balanciert und vervielfältigt sich in andere Sinneseindrücke und Bilder hinein. Hin un d wieder erscheinen Performer im Laufe des Tages, fügen sich in das Bild ein und eine weitere sinnliche Ebene hinzu.

Hella Gerlachs Skulpturbegriff ist ein beweglicher: In ihrer bildhauerischen Praxis fokussiert sie Aspekte des architektonischen, physischen und sozialen Körpers, die in ihren Werken und ortsspezifischen Interventionen immer wieder neu bestimmt und verhandelt werden. Ihre abstrakten und poetischen Werke beziehen sich auf den Menschen, seine Bewegungen, sein Begehren und seine Grenzen. Im Dialog mit der Ausstellung „Ägypten“ erweitert Gerlach das Feld der musealen Schau um eine spielerische Neuentdeckung von Display und Situation, Material, Farbe und Ausdruck. Unerwartete Kombinationen von Objekten unterbrechen eingeübte Wahrnehmungsmuster, verschieben Akzente und versetzen die Objekte in einen Zwischenzustand, in dem ihre Bedeutung changiert und variiert. Mit Move and Scale (cancelset) setzt Gerlach auf allen Ebenen Momente der gezielten ästhetischen Erweiterung in Gang, die Herausforderung zum Spiel, das Verlassen üblicher Wege und die Neubetrachtung von Dingen, ihren Bedeutungen, Möglichkeiten und ihrer enigmatischen Kraft, uns zu affizieren, zu faszinieren und zu irritieren.

Hella Gerlach (*1977 lebt in Berlin) Ausstellungen/Performances (Auswahl): Goethe Institut, Glasgow (2013), Kunstverein Langenhagen (2013), Kunstverein Schwerin/Museum Schloss Schwerin (2013), SOX, Berlin (2013), Kunsthaus Dresden (2012), Museo Apparente, Neapel (2012), STUDIO, Berlin (2011), KW Institute for Contemporary Art, Berlin (2011), Kunstverein Hamburg (2010), Mark Morgan Perez Garage, Buenos Aires (2010), St. Michael, Köln (2010) Silberkuppe, Berlin (2009), Bonner Kunstverein (2006), Kunstpavillon Innsbruck (2006)

Zur Reihe "Von den Dingen" Das Jahresprogramm des Kunstvereins Hildesheim stand im Jahr 2013 unter dem Titel "Von den Dingen". Der Umgang mit Dingen gibt Auskunft über Mangel und Überfluss, Wünsche und Bedürfnisse, über Traditionen, Disziplin und Innovation. Aus der Distanz betrachtet erscheinen Dinge nicht mehr selbstverständlich, sondern voller Geheimnisse, Spuren, Informationen für den, der sie zu lesen vermag. Wo und unter welchen Bedingungen wurde etwas hergestellt? Warum hat das Ding eben diese Form und keine andere? Für als Kunstwerke eingestufte Dinge, die in der Regel betrachtet, aber nicht berührt werden sollen, ohne praktischen Zweck sind, stellt sich neben der Frage ihrer Gestaltung auch diejenige ihrer Interpretation: Wie „lesen“ wir das Ding? In welchen Zusammenhängen mit anderen Dingen, Geschichten und Ideen können wir es verstehen? Wie hängen wir mit den Dingen zusammen und von ihnen ab, emotional und funktional? Welche Geschichten schlagen sich in ihnen nieder?

Zu Entzifferungsunternehmungen und Betrachtungen dieser Fragen lädt der Kunstverein Hildesheim mit der Reihe "Von den Dingen", welche das Jahresprogramm 2013 abschließt. Die Lecture Performance "harmless entrepreneurs" von Judith Raum (19.01.), eine Filmvorführung unter dem Titel "No Thing is My King" (20.01.), die Intervention "Move and Scale (cancel set)" im Roemer- und Pelizaeus-Museum von Hella Gerlach (26.01.) und ein Künstlervortrag von Peter Wächtler (1.02.) stehen hier auf dem Programm. Details unter www.kunstverein-hildesheim.de.

Danke an die Förderer und Unterstützer: Das Projekt Von den Dingen wird gefördert durch das Land Niedersachsen und die Stadt Hildesheim. Das Vermittlungsprogramm des Kunstvereins Hildesheim wird gefördert durch das Land Niedersachsen und die VGH-Stiftung. Wir danken dem Roemer- und Pelizaeus-Museum für die Zusammenarbeit im Rahmen von Hella Gerlachs Intervention.

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Hella Gerlach. Move and Scale (cancelset)

Künstler:
Hella Gerlach

Kuratoren:
Kathrin Meyer