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Henrik Schrat lebt seit vielen Jahren in Berlin und hat sich längst mit Ausstellungen, Radiosendungen und performativen künstlerischen Aktionen in den Kunstbetrieb eingeschrieben. Für seine hintersinnigen Bilderzählungen bevorzugt der 1968 in Greiz geborene Künstler Schattenrisse und die damit verbundene Form scharf konturierender, doppelbödiger und physiognomischer Beschreibung. Schrat verschränkt die Welt der Märchen und Mythen mit der Realität einer von Banken, Börsen und ökonomischen Bilanzen bestimmten Gegenwart und verhandelt Warenströme und Waldeinsamkeit als gemeinsames und irritierendes Ganzes. Das ist einfach und abgründig zugleich, bezeichnet aber auch jene künstlerische Intensität, mit der Schrat alle Bereiche des Daseins durchforscht und Parallelitäten aufdeckt, die er voller Lust und subversiver Ironie einem Spiel einordnet, in welchem sich alles verwirbelt.

Die Jenaer Ausstellung bezieht sich auf Joseph Conrads Erzählung Herz der Finsternis aus dem Jahr 1899. Der an Metaphern reiche Text wurde als Reisebericht, Krimi, als Kolonialkritik oder auch als Reise in die Dunkelheiten der Seele gedeutet. In der Ausstellung reihen sich elf Räume aneinander und ergeben eine verschlungene Linie, analog zum Fluss in Conrads Text, den das Dampfschiff im Kongo hinauf fährt und sich immer tiefer im Urwald verliert. Das Verhältnis und Verständnis von Kultur, Gewalt, Zivilisation und Barbarei kehrt sich auf dieser Reise mehrfach um. Das Ziel der Reise ist der Handelsagent Kurtz, der im Dschungel Elfenbein sammelt und eine Schreckensherrschaft über die Eingeborenen errichtet hat. Conrad thematisiert die Verrohung einer Gesellschaft, in der der der geschäftliche Gewinn kultischen Status besitzt. In der Ausstellung liegen diese Themen als roter Faden unter vielen der Arbeiten, durch die der Betrachter gleichsam reist. Er wird im letzten Raum ein Ziel erreichen, die Schnittstelle, die den Betrachter zum Konsumenten macht, die ultimative kultische Verlockung: ein Schaufenster.

Heute, 2014, in Anbetracht von Finanzkrisen und skrupelloser Spekulanten mag die Symbolik aus Conrads Erzählung durchaus gerechtfertigt sein. Die großen Erzählungen des letzten Jahrhunderts haben sich jedoch in viele kleine, lokale und temporäre Diskurse zerfasert. Das Herz der Finsternis ist keine monolithische Utopie mehr, es ist verhudelt. Hudeln beschreibt Schludern, Pfuschen, hektisch sein: ein Begriff aus dem Dialekt, der den dramatischen Titel Conrads in eine andere Richtung dreht. Der (neo)koloniale Diskurs, der eine direkte Linie zur Erzählung bildet, formt sich also in der globalisierten Welt neu aus und verteilt kulturelle Rollen anders.

Während der Ausstellung erscheint ein Katalog.