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Vier KünstlerInnen loten persönliche Befindlichkeiten aus, die sich aufgrund ihrer Generation und Herkunft, aufgrund von Gegebenheiten in Wien und dessen Kunstbetrieb einstellen. Ein erster Hinweis ist der Ausstellungstitel „Holzfällen“ (Thomas Bernhard), ein zweiter die Rauminstallation: Eine Neuauflage der „katholischen“ (Kerstin von Gabain, geb. 1979 in Palo Alto / Kalifornien, lebt in Wien) Sitzecke aus grob gezimmerten Fichtenbrettern korrespondiert mit einem neo-barocken Kristallluster aus traditioneller Wiener Produktion. Einrichtungsgegenstände, künstlerisch thematisiert, werden zu Metaphern für private und kollektive Erfahrungen, symbolisieren soziale Strukturen und Wertigkeiten. Mit der Gruppierung von Sitzecke und Luster sind zwei Naturen der Gesellschaft, die Gegenpole Stadt - Land skizziert. Eckbank und Tisch, hier Symbol für die (ländliche) Provinz, gehören zu unseren Erinnerungen an die Familie, an die gute Stube, an den Alltag, an Kommunikationsschwierigkeiten und Interesselosigkeit. Die massiven, klobigen Holzkörper wirken unverrückbar. Der in einigem Abstand hängende Luster, der „Fliegenfänger“ (Johann Neumeister, geb. 1976 in Wien, lebt in Wien), lenkt sofort die Aufmerksamkeit auf sich. Glas und Kristall symbolisieren Reichtum, Luxus und Dekadenz. Der Luster ist Bedeutungsträger für das gehobene Bürgertum, die Bildungselite, den Großstadtgeist. Gleichzeitig ist er dekorative Attrappe und Projektionsfläche. „Die jungen Leute brechen auf in die Hauptstadt und verunglücken im wahrsten Sinne des Wortes da, wo sie sich alles erhofft hatten, an der Widerwärtigkeit der Gesellschaft, an der Rücksichtslosigkeit der Gesellschaft, an der eigenen Natur, die der menschenfressenden Großstadt Wien meistens nicht gewachsen ist.“ (Thomas Bernhard, Holzfällen, 1984). Das Bemühen um Effekte ist ein Thema der großflächigen Wandarbeit. Changierende Farben gehören gegenwärtig zum bevorzugten Repertoire der Werbegraphik. Vereinzelte, farbig bemalte Wandflächen sind beliebter Blickfang in Ausstellungsgestaltungen, ebenso wie im öffentlichen und privaten Bereich, wo sie eine (fragwürdige) moderne Ästhetik erzeugen sollen. Der hier gemalte Verlauf ist nicht perfekt. Anstatt eines wechselnden Farbübergangs endet das grelle Gelb langsam im Nichts. Begriffe wie „Unentschlossenheit, Entscheidungsschwäche, Inkonsequenz“ (Albert Mayr, geb. 1975 in St. Pölten, lebt in Wien) werden genannt. Das Video „Youthful Folly“ zeigt einen jungen Künstler in seinem Atelier, der in „typisch österreichisches Lamentieren“ (Stephan Lugbauer, geb. 1976 in Feldkirch, lebt in Wien) verfällt und sichtlich in Rage gerät. Als ein Statussymbol unserer Zeit wurde ein weiteres Objekt aus dem Bereich der Inneneinrichtung aufgegriffen, die Küche. Ausschnitte eines Paradebeispiels modernen Küchendesigns wurden mittels 3D-Programm nachgezeichnet und sind variierend an die Wand projiziert. Die Normen der Ästhetik und ihr gesellschaftlicher Kontext werden hinterfragt. Der Titel der Arbeit „Chapel Street“ bezieht sich auf den Standort der Küche, einem möblierten Mietshaus in London, Personal und Automobil inbegriffen. Ein Gegenstand, an dem sich kulturelle Vorlieben im Wohnbereich festmachen lassen, ist der Vorhang. Das heimische Geborgenheitsbedürfnis verlangt gerne nach dem Schleiervorhang, um den Blick zusätzlich abzufangen. Im Galerieraum bricht der Vorhang aus dünnem, weißem Stoff den strengen Formalismus des White Cube, Ausstellungs- und Bürobereich sind voneinander abgetrennt. Auch hier geht es um Glanz. Der Vorhang verdeckt das nicht so Schöne, den Galeriealltag, den Bereich hinter der Kunstbühne. Als Material wurde ein Futterstoff gewählt, was weitere Assoziationen - Weiblichkeit, Körperlichkeit, Intimität - zulässt und sich vom Kontext Thomas Bernhard löst. Mit zarten Fäden ist dennoch HOLZFÄLLEN eingenäht. „Wald, Hochwald, Holzfällen, das ist es immer gewesen.“ Pressetext

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HOLZFÄLLEN
Kerstin von Gabain, Johann Neumeister, Albert Mayr, Stephan Lugbauer