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Gelandet, wie gestrandet.

Scheinbar zufällig, und doch genau kalkuliert integrieren sich die Kunstwerke von Stef Heidhues in das Interieur der Galerie, das zugleich das des Privathauses von Manuela Grunert ist. Die Objekte fügen sich in die gegebene Situation ein und unterlaufen sie gleichzeitig, greifen vorhandene Arrangements formal auf und werden zu Kontrastfiltern des Blicks. Dabei fügen sie sich nicht ganz unmerklich ein, weil sie sich einer eindeutigen Bestimmung entziehen, man ihnen das Handwerkliche ansieht oder sie es mit dem Glanz und dem Spiel der Oberflächen übertreiben. Im Flur spreizt sich ein raumgreifender schwarzer Fächer über die Stufen, bildet ein angedeutetes Dach, weckt gleichzeitig Assoziationen an provisorische Zeltkonstruktionen, einen Paravent, einen Flügel. Im Wohnzimmer hat ein Kubus, auf dem eine Auswahl schöner Objekte angeordnet ist, einen schillernden Zwilling bekommen. Während das 'Original' aus dunklem Holz neben der dekorativen Funktion auch Getränkekisten unterbringt, ist der schwarz lackierte Sockel der Skulptur geschlossen. Der Titel 'Samarkand' weist darauf hin, wie das Arrangement aus Fundstücken, gebastelten Objekten und Preziosen gelesen werden kann: als Modell/Bild einer fernen orientalischen und mystischen Stadt. Der Bezug auf den spezifischen Ort und das kombinatorische Spiel mit funktionalen und künstlichen Elementen, rohen und wertvollen Materialien ist charakteristisch für die Arbeiten von Stef Heidhues.

Ein wesentlicher Aspekt in ihren Zeichnungen ist das Spiel mit Raum und Fläche. In einer Serie von Zeichnungen mit schwarzer, brauner und weißer Tusche lassen geometrische Strukturen den Blick des Betrachters hin- und her kippen zwischen labyrinthisch verschachtelter Architektur und abstrakt-formaler Komposition. In ihren Collagen überarbeitet sie Schwarzweißkopien und Seiten aus Hochglanzmagazinen. Mit Spraylack, Terpentin, Tusche und Spiegelfolie schafft sie auf der Basis von Bildern aus der Luxuswelt Kompositionen von fragiler Unheimlichkeit und eigenwilliger Eleganz. Die Collagen verhehlen dabei nicht ihren Ursprung, sondern stoßen sich von ihm ab in eigene Welten; vermeintliche Fehler und Zufälligkeiten werden zu Kompositionselementen. Gemeinsam ist ihnen die Dialektik von Inszenierung und Nebensächlichkeit, von Ironie und Ernsthaftigkeit, von Referenz und Verschiebung. Gefundenes wird inszeniert. Oberflächenglanz wird gebrochen und beschwört. Sowohl in den Collagen als auch in den Skulpturen deutet sich ein spielerischer Umgang mit dem Vorhandenen und Gewesenen an, werden Anspielungen gemacht und verweigert. In diesem Anspielungsreichtum und der Zueinanderstellung verschiedener Elemente ähneln die Arbeiten den Filmen von Jean-Luc Godard. Sie sind voll von Referenzen, von Reflexionen und entwickeln doch eine ganz eigene Ästhetik. In den Worten Godards: „But in any means of expression everything is connected and all means of expression are connected. And life itself is one of them.“

Anna-Lena Wenzel