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Ich zeichne die Zeit, du malst den Moment. Ulrike Seyboth & Ingo Fröhlich

Kuratiert von Frizzi Krella

Guardini Galerie | 7. Dezember 2020 bis 5. März 2021
Eröffnung: 4. und 5. Dezember 2020 | Jeweils 18 Uhr

In einem Kooperationsprojet mit den Musées de Sens, im französischen Burgund, stellt die Guardini Galerie Berlin unter dem Titel Ich zeichne die Zeit, du malst den Moment aktuelle künstlerische Recherchen über Licht, Farbe und Linie in Auseinandersetzung mit konkreten Räumen und Orten von Ulrike Seyboth und Ingo Fröhlich vor. Die beiden Künstler*innen gehen das Wagnis ein, über die Sprache der Zeichnung und der Malerei gemeinsam die Welt zu erkunden. Sie gehen hierbei unter anderem der Frage nach, wie sich aus einer unmittelbaren Wahrnehmung künstlerische Prozesse entwickeln.

Ulrike Seyboth untersucht das Malen als einen komplexen Zusammenhang. Vom seismografischen, tagebuchartigen Skizzieren flüchtiger Momente auf Reisen über große Papiere und Collagen bis hin zu großformatigen Ölmalereien auf Leinwand – ihren intensiven Farbmanifesten liegt die Beobachtung von Licht und Natur zugrunde. Die künstlerische Reflexion dieser Erkundungen, die sie in ihrem Wirklichkeitsbestand reduziert, bildet die metaphorische, formbare Ursubstanz ihrer Bilder und lenkt deren Gestaltbildung und künstlerische Transzendenz. Die Unmittelbarkeit im Umgang mit Farbe interessiert sie dabei ebenso wie die vielgestaltigen Ausdrucksmöglichkeiten des Mediums, als spontane Setzungen im Nebeneinander oder Schicht auf Schicht über einen langen Zeitraum hinweg gemalt.

Für Ingo Fröhlich ist Zeichnen „eine andere Art von Sprache“, so wie es Richard Serra einmal sagte. Das Alphabet der Zeichnung sind der Strich bzw. die Linie als Spur einer Bewegung, der man ansieht, wie sie gezogen wurde: schnell oder langsam, kräftig oder flüchtig. Zeichnen ist die einfachste Form des bildnerischen Ausdrucks: direkt, material-reduziert, universell. Gibt man Serras Aussage Gewicht, ist Zeichnen lernen wie Sprechen lernen; das Ergebnis dieses Sprachlabors ist ein allseitig einsetzbares Ausdrucksvermögen. Die Zeichnungen entstehen in einem rhythmischen Prozess. Strich um Strich, Linie um Linie füllen sie die Fläche, beschreiben Bewegung, Zeit und Zwischenraum.

Ingo Fröhlich wird sowohl für die Guardini Galerie als auch im ehemaligen Bischofspalast gegenüber der Kathedrale von Sens eine durch den besonderen Ort inspirierte begehbare Raumzeichnung als Labyrinth und Teil der Ausstellung entstehen lassen, während Ulrike Seyboth die Orangerie bespielt. Sind es in der Berliner Guardini Galerie Impulse, die aus der Stadt kommen und ihren Widerhall im Rhythmus des Raumes und der konkreten Formen der Örtlichkeit finden, so spürt Ingo Fröhlich in Sens den steinernen gotischen Ornamentlinien nach, nimmt zum Beispiel die unendliche Linie der großen Rose des südlichen Seitenschiffes auf, überträgt diese in vergrößerter Dimension auf den Innenhof, führt sie für den Betrachter nachvollziehbar vor und hebt gleichsam die historisch gewachsene Distanz auf. Ähnlich einem begehbaren Labyrinth kann der Besucher unsichtbare Verbindungen der unterschiedlichen Welten und Welterfahrungen erleben und Unsichtbarem nachspüren.

Beide Künstler*innen nehmen somit auf ihre Art die Schwingungen der Architektur und Natur auf, verbinden Blickachsen und verweisen über ihre künstlerische Arbeit darauf, dass die Auseinandersetzung mit dem Detail gleichsam eine Resonanz mit dem Globalen und Universellen beinhalten kann. Sowohl der Ort Sens mit seiner räumlich begehbaren Zeichnung als auch die Räume der Guardini Galerie erfahren durch diese künstlerischen Interventionen eine mehrdimensionale Transformation, gleichsam Wahrnehmungs- und Erfahrungsbewegungen, die dem kulturellen Selbstverständnis (via Zeitdiagnostik und Alltagsverständnis) in unserem Traditionsraum gerade mit Blick auf die aktuelle Umbruchsituation dienlich sind. 
Kurzvita

Ulrike Seyboth wurde 1970 geboren und lebt und arbeitet in Berlin sowie im Languedoc. Sie studierte an der Kunsthochschule Berlin-Weißensee Malerei und war Meisterschülerin bei Prof. Dieter Goltzsche. 1995 erhielt sie eine Erasmus-Förderung in Salamanca/Spanien. Mit einem Stipendium an der Cité des Arts siedelte die Malerin 1999 nach Paris über und lebte anschließend zehn Jahre in Montreuil sowie in der Bourgogne. Sie wurde u. a. mit einem Arbeitsstipendium der Hans-und-Charlotte-Krull-Stiftung, mit Residenzstipendien des Goethe-Instituts/HIAP in Helsinki-Suomenlinna, des Ministeriums für Wissenschaft, Forschung und Kultur des Landes Brandenburg auf Schloss Wiepersdorf sowie der Stiftung Kunstdepot Göschenen in der Schweiz und mit mehreren Projektförderungen ausgezeichnet. Ihre künstlerische Arbeit wurde für den Prix de Vitry/Paris und für den Wilhelm-Morgner-Preis in Soest nominiert. Die Künstlerin nimmt seit über zwanzig Jahren regelmäßig an Ausstellungen im In- und Ausland teil. 2011 begann ihre Zusammenarbeit mit dem Zeichner Ingo Fröhlich an verschiedenen Orten der Welt als atelier vagabond mit mehreren Katalogeditionen und dem Projekt „Ich zeichne die Zeit, Du malst den Moment.“ Seit 2011 leitet und kuratiert Ulrike Seyboth gemeinsam mit Ingo Fröhlich das Kunst- und Projekthaus Torstraße 111 in Berlin-Mitte. www.ulrike-seyboth.de

Ingo Fröhlich wurde 1966 in Nordhorn/Niedersachsen geboren und wuchs auf der Insel Norderney auf. Seit 1990 lebt und arbeitet er in Berlin sowie zeitweise auch in Frankreich im Lanquedoc. Nach der Ausbildung als Schreiner und Holzbildhauer studierte Ingo Fröhlich ab 1992 Freie Plastik an der Kunsthochschule Berlin-Weißensee. 1998 gewann er den Mart-Stam-Förderpreis und wurde 1999 Meisterschüler bei Prof. Inge Mahn. 2000 erhielt er das Nafög-Stipendium der Stadt Berlin und wurde für den bauhaus award 2000 nominiert. Seine Masterarbeit im Fach Interdisciplinary Studies (M.A. 2002) schrieb Ingo Fröhlich über öffentliches Handeln und das Inszenieren von Stadtraum. Er initiiert und kuratiert seit 2000 das Kunst- und Projekthaus Torstraße 111 in Berlin-Mitte. Ingo Fröhlich erhielt 2003–2004 ein einjähriges DAAD-Stipendium auf Island. 2008 erhielt er u. a. ein Arbeitsstipendium des Berliner Senats sowie mehrere Residenzstipendien, z. B. 2012 des Goethe-Instituts/HIAP in Helsinki-Suomenlinna, 2018 des Ministeriums für Wissenschaft, Forschung und Kultur des Landes Brandenburg auf Schloss Wiepersdorf und 2020 der Stiftung Kunstdepot Göschenen in der Schweiz. Seit über zwanzig Jahren nimmt Ingo Fröhlich regelmäßig an Ausstellungen im In- und Ausland teil. 2011 begann seine Zusammenarbeit mit der Berliner Malerin Ulrike Seyboth an verschiedenen Orten weltweit mit mehreren Katalogeditionen und dem Projekt: „Ich zeichne die Zeit, Du malst den Moment.“
www.ingo-froehlich.de


PROGRAMM

Vernissage | 4. und 5. Dezember 2020 | Jeweils 18 Uhr
Begrüßung: Mariola Lewandowska, Geschäftsführerin der Guardini Stiftung
Einführung: Frizzi Krella, Kunsthistorikerin und Kuratorin, Guardini Stiftung

Die Einführung findet im Freien vor der Galerie statt. Die Besichtigung erfolgt in kleinen Gruppen und ist nach Kapazität der Ausstellungsräume geregelt.

Öffentliche Führung | 20. Januar 2021 | 17 Uhr
atelier vagabond
Ulrike Seyboth und Ingo Fröhlich im Gespräch mit Frizzi Krella

Öffentliche Führung | 24. Februar 2021 | 17 Uhr
atelier vagabond
Ulrike Seyboth und Ingo Fröhlich im Gespräch mit Frizzi Krella

Finissage | 5. März 2021 | 18 Uhr
Mit Robyn Schulkowsky (Percussion) & Joey Baron (Schlagzeug)

Aktuelle Informationen zu den Veranstaltungen finden auf unserer Website.
Presseabbildungen zum Download unter http://www.guardini.de/presse/index.html

GUARDINI GALERIE

Der Eintritt in die Ausstellung und zu allen Veranstaltungen ist frei.
Führungen auf Anfrage: presse@guardini.de

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Der Buchshop in der Guardini Galerie ist geöffnet und Einzelbesichtigungen sind unter Voranmeldung (info@guardini.de) möglich.