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Freiheit ist der Themenschwerpunkt des Internationalen Frauenfilmfestivals 2009 in Dortmund. Mit einer umfassenden Filmschau, Workshops, Vorträgen und Werkstattgesprächen präsentiert das Festival nicht nur aktuelle Arbeiten von Regisseurinnen, sondern zeigt Filmschätze aus der gesamten Filmgeschichte, die sich mit dem Thema Freiheit auseinandersetzen.

Was ist der Preis für innere Sicherheit, freie Liebe, Reisefreiheit? Wie viel Freiheit ist möglich in einer Welt, in der Rechte und Träume miteinander konkurrieren? Persönliche Antworten auf diese Fragen liefern uns Regisseurinnen aus der ganzen Welt.

Sicherheitsmaßnahmen in Zeiten einer anhaltend heraufbeschworenen terroristischen Gefahr, die die Kriege unserer Dekade legitimiert, stehen im Gegensatz zur individuellen Freiheit von vielen. Medien spielen in diesem Diskurs eine wichtige Rolle. FilmemacherInnen weltweit hinterfragen in ihren Arbeiten kritisch vorgefertigte Antworten und voreilige Schlüsse. Sie bieten Einblicke in abgeschottete Orte, lenken den Blick auf Einzelschicksale und komplexe Hintergründe, die in der schnellen Nachrichtendichte untergehen. Diese künstlerische Perspektive bietet alternative Sichtweisen, die mit formaler Experimentierfreudigkeit die Intensität unterschiedlicher Lebensmomente verdichtet.

Aktuelle und historische Filme geben Hinweis darauf, wofür und wogegen in der jeweiligen Epoche gekämpft wurde und welcher Freiheitsbegriff die Diskurse bestimmte. Das Kino der 60er Jahre steht europaweit beispielsweise für die Rebellion junger Autorenfilmer gegen erstarrte Erzählkonventionen und die ideologische Doktrin der Nachkriegszeit. Erstmalig nahmen Frauen in einem größeren Umfang sich das Recht, ihre Geschichten zu erzählen. Über nationale Grenzen hinaus entstand ein Panorama weiblicher Lebensentwürfe, das es wiederzuentdecken gilt. Lassen sich sinnvolle Stränge spannen zur Libertinage der 20er Jahre, den Sehnsüchten der kessen City Girls der Stummfilmzeit bis hin zu unserer Gegenwart, in der medienwirksam der Neo- und Pop-Feminismus postuliert wird?

Persönliche Freiheit und Individualität stehen in unserer Gesellschaft vermeintlich hoch im Kurs. Was bedeutet Freiheit für jeden einzelnen von uns? Ist sie ein Luxusgut? Ist Freiheit in Armut möglich oder gewährleisten erst entsprechender Wohlstand und der richtige Pass Freiheit in unserer globalisierten Welt? Gilt das Motto: Je mobiler in jeder Hinsicht desto freier? Während die Berliner Mauer zu einer tragischen historischen Episode verblasst, die jüngere Menschen nicht mehr aktiv miterlebt haben, werden neue Mauern hochgezogen, gleichsam Ausdruck aktueller politischer Krisen: eine Mauer rund um Palästina, eine Mauer zwischen den USA und Mexiko.

Die Freiheit von FilmemacherInnen eigene Wege zu gehen, zu der auch ihre formale künstlerische Freiheit gehört, ist in Zeiten des durchformatierten Fernsehens und Mainstreamkinos keine Selbstverständlichkeit. Alternativen zu präsentieren und zur Diskussion zu stellen, ist eine Hauptaufgabe des Festivals. Wie erzählten Frauen damals, wie erzählen Regisseurinnen heute ihre Geschichten? Was verstehen sie unter Freiheit?

Pressemitteilung, 11. März 2009

Dortmunder Preis für Bildgestaltung vergeben Die ausgezeichneten Filme werden im Festivalprogramm präsentiert

Die Jury des Wettbewerbs für Nachwuchs-Bildgestalterinnen hat in der vergangenen Woche in Dortmund 32 nominierte Einreichungen gesichtet und hat jetzt die Preisträgerinnen bekannt gegeben. Die prämierten Filme werden beim kommenden Frauenfilmfestival in Dortmund präsentiert und die Preisträgerinnen im Rahmen der Preisverleihung am 26. April in der Schauburg ausgezeichnet.

Der mit 5.000 Euro dotierte Preis für die Sparte Spielfilm wird in diesem Jahr geteilt und geht zu gleichen Teilen an Susanne Kurz für ihre Kameraarbeit in dem Kurzspielfilm 1,2,3 und an Marlen Schlawin für Badetag, ebenfalls ein Kurzspielfilm.

Der erstmalig zu vergebene Preis für Dokumentarfilm-Kamerafrauen, dotiert mit 2.500 Euro und ausgelobt von DerWesten, geht an Anne Misselwitz für Der Die Das.

Die Jury – Bella Halben, Sophie Maintigneux und Ute Freund – zeigte sich in diesem Jahr besonders von der Vielzahl, Vielfalt und Qualität der Dokumentarfilme überzeugt und vergibt daher zusätzlich eine lobende Erwähnung an die KHM-Absolventin Julia Daschner für Auf der Walz.

Der Dortmunder Preis für Bildgestalterinnen wird in diesem Jahr bereits zum 5. Mal wird im Rahmen des Internationalen Frauenfilmfestivals Dortmund | Köln (21. – 26. April 2009) in Dortmund vergeben. Der Preis zeichnet die Kameraarbeit von jungen deutschen Bildgestalterinnen aus, die mit ihren Abschlussfilmen oder den ersten beiden freien Arbeiten teilnehmen können.

Die ausgezeichneten Filme

1,2,3 Deutschland 2008, Kurzspielfilm, 35 mm/Digi Beta, Farbe, 15’, Regie und Buch: Siobhan Jackson Produktion: HFF München, Susanne Kurz Film Bildgestaltung: Susanne Kurz Inmitten einer weiten, leeren Landschaft schlafen zwei Frisch-vermählte friedlich in ihrem Auto. Sie haben kein Benzin mehr im Tank, sind müde und abgekämpft vom Feiern. Mit Anbruch des neuen Tages will sich der Bräutigam auf den Weg machen, um Benzin zu holen. Die Stille, das Morgenlicht und die Landschaft üben einen seltsamen Reiz auf ihn aus. Er lässt seinen Gedanken freien Lauf, und schon bald wandelt sich das Gefühl von Liebe und Glück in etwas Dunkles, Erschreckendes. Biografie Susanne Kurz Susanne Kurz wurde 1974 in Ludwigshafen geboren. Nach ihrem Studium des Dokumentarfilms an der HFF München ging sie an die NFTVA (Netherlands Film & TV Academy) in Amsterdam. Das anschließende Studium im Bereich Kamera an der HFF München schloss sie 2008 mit ihrem Diplomfilm 1,2,3 ab. Sie arbeitet als freie Bildgestalterin. Filme von Susanne Kurz Himmelfilm 2005 | The Line 2005 | Coup de Grace 2006 | The Band 2008 | 1,2,3 2008 Jurybegründung In einem ungewöhnlichen Format, in 1: 1.37, gestaltet Susanne Kurz ein filmisches Gedicht. Mit großer Leidenschaft und Stilsicherheit komponiert sie in einem Film, der auf Dialog verzichtet, faszinierende und stimmungsvolle Bilder.

BADETAG Deutschland 2007, Kurzspielfilm, 35 mm, Farbe, 17’ Regie und Buch: Philipp Batereau Produktion: Philipp Batereau Film & Marlen Schlawin Co-Produktion: FH Dortmund Bildgestaltung: Marlen Schlawin Als Jakob eines Morgens vom Schwimmen im Badesee zurück nach Hause kommt, sind seine Frau und sein Sohn verschwunden. Er sucht sie überall und muss feststellen, dass er vollkommen allein ist in einer merkwürdig stillen, leblosen Welt. Kein Anruf wird beantwortet, niemand bewegt sich in den Straßen. Biografie Marlen Schlawin Marlen Schlawin wurde 1978 in Hamm geboren. Bis 2005 studierte sie Kamera an der Fachhochschule Dortmund und arbeitet seitdem als freie Bildgestalterin in Deutschland und den USA. Filme von Marlen Schlawin CH 2003 | Classic Circus 2004 | Badetag 2007 | Vitamine 2008 Jurybegründung Vom ersten Moment erzeugt Marlen Schlawin mit ihrer Bildsprache eine geheimnisvolle, spannende Atmosphäre. Mit gestalterischen Mitteln wie Steadycam, Unterwasserkamera und 35mm Adapter setzt sie ihre künstlerischen Visionen um. Durch ihre mutige und präzise Herangehensweise im Umgang mit Räumen, Zeit, und Licht überrascht sie uns mit eindrucksvollen Bildern.

DER DIE DAS Deutschland 2008, Dokumentarfilm, Digi Beta, Farbe, 92’ Regie und Buch: Sophie Narr Produktion HFF Konrad Wolf, Potsdam-Babelsberg Verleih HFF Konrad Wolf, Potsdam-Babelsberg Bildgestaltung Anne Misselwitz Alltag in der Klasse 1e: Sanita schleicht sich mal wieder verschlafen zur Tür herein. Sie setzt sich neben Bright, der seinen Kopf in den verschränkten Armen versteckt, als wäre er dann unsichtbar. Laethicia rückt ratlos ihre Plastikkrone zurecht und starrt auf den Rechenschieber, während Fuat lieber von der Autofahrt mit seinem Vater träumt. Bright, Fuat, Laethicia und Sanita leben in Berlin und haben dasselbe Problem – sie sind Schulanfänger. Denn egal, ob nigerianisch, bosnisch, deutsch oder türkisch, zur Schule gehen heißt für die 6 bis 8jährigen die tägliche Konfrontation mit dem Gefühl, anders zu sein. Der Schulalltag ist ein einsamer Kampf um Anpassung und Leistung, der seine Ventile sucht. Wer bekommt eine Chance und wer bleibt außen vor? Eine Reise zurück in die Kindheit, ein Film, der den kleinen Protagonisten Zeit lässt und sich ihnen respektvoll nähert. Biografie Anne Misselwitz Anne Misselwitz wurde 1977 in Jena geboren. Von 1977 bis 2002 lebte und studierte sie in London. 2001 schloss sie ihr Studium mit dem Bachelor of Arts in Film und Video am London College of Communications ab. Von 2002 bis 2007 studierte sie Kamera an der HFF Konrad Wolf. Der Die Das ist ihr Abschlussfilm. Filme von Anne Misselwitz Belgrad Backspin 2004 | Göttliche Durga 2005 | Jin-Riki-Shaw 2006 | Der Die Das 2008 Jurybegründung Immer auf Augenhöhe. Respektvoll, zurückhaltend, liebevoll. Geduldig, gelassen, beobachtend. Anne Misselwitz ermöglicht uns durch ihre intuitive Kameraführung ein unmittelbares Miterleben und Mitfühlen. Ihr unvoreingenommener Blick, der nie bewertend oder aufdringlich ist, hinterlässt Spuren.

AUF DER WALZ Deutschland 2008, Dokumentarfilm, Digi Beta, Farbe, 76’, Produktion. Kunsthochschule für Medien Köln Co-Produktion: Schneider +Groos Filmproduktion GmbH Regie, Buch und Bildgestaltung: Julia Daschner Nina, Kerstin, Simon, Stefano und Flurin sind Wandergesellen auf der Walz. Mehr oder weniger lange unterwegs gehen sie verschiedene Wege, ein jeder auf seine eigene Weise. Mal zu zweit, mal allein. Sie folgen den ungeschriebenen Regeln aus der Tradition ihres Handwerks, aber auch den eigenen, inneren Wegweisern. Sie alle sind auf der Suche. Und Julia Daschner folgt ihnen mit ihrer Kamera, durch Deutschland, bis nach Rumänien, bei Sonnenschein und bei Regen. Auf der Walz gewährt Einblicke in ein temporär begrenztes Arbeits- und Lebenskonzept, dem sich in den letzten Jahren wieder mehr junge Männer und auch Frauen anschließen. Biografie Julia Daschner Die Dokumentarfilmregisseurin und Bildgestalterin wurde 1980 in München geboren. Während ihres Studiums von 2001 bis 2007 an der Kunsthochschule für Medien in Köln im Fachbereich Film/Fernsehen ging sie für ein Auslandssemester nach Kuba an die Internationale Filmhochschule EICTV und arbeitete im Bereich Kamera/Licht bei mehreren Hochschulproduktionen in Deutschland mit. Auf der Walz ist ihr Diplomfilm. Sie arbeitet als freie Bildgestalterin und Regisseurin. Filme von Julia Daschner Bildgestaltung: Ein Sommer lang 2006 | Sirenen 2009 | Bildgestaltung und Regie: Lormen 2003 | Havanna, 30 de febrero 2005 | Auf der Walz 2008 Jurybegründung Der Film Auf der Walz transportiert ein Lebensgefühl von Freiheit und Beweglichkeit. Durch die malerischen Bilder, ihrem Gefühl für Lichtstimmungen und den Blick für die Schönheit der Natur schafft Julia Daschner eine poetische Abbildung der Tradition und Lebensweise der Wandergesellen. Ihre Entscheidung, den Film auf 16mm zu drehen, trägt zu einer sinnlichen Erfahrbarkeit bei.