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In ihren Fotografien und Installationen inszeniert Ines Doujak Räume, die es ermöglichen, die Setzung von Normen zu untersuchen und als strukturelles und konstituierendes Element von Gesellschaft wachzurufen. In ihrer ersten Einzel-Ausstellung fokussiert die Künstlerin die Themen Heterosexismus und Heteronormativität, die nicht nur Subjektivität und Begehren, sondern auch Sprache, Wissen und Kultur, Familie, Staat und Ökonomie organisieren.

Die Annäherung erfolgt über die Sprache des Visuellen als dominante Kraft der Festschreibung und intendiert eine Diskussion von Normativität anhand der Norm und nicht der Abweichung. Ines Doujak zeigt in ihrem Projekt für die Secession, dass es möglich ist, Unterschiede als nicht-hierarchische Verhältnisse zu behandeln und gleichzeitig soziale Macht- und Gewaltstrukturen sichtbar zu machen.

Das Ausstellungsprojekt wird an zwei Orten stattfinden: Auf der Regenbogen Parade am 29. Juni 2002 inszeniert Ines Doujak einen Wagen. In der Secession wird die Ausstellung in der Galerie und im Grafischen Kabinett zu sehen sein.

Die Entscheidung der Künstlerin, einen Wagen auf der Parade zu inszenieren, folgt dem Interesse zu zeigen, dass die regulativen Momente des Heterosexismus und Formen der Selbstnormalisierung alle Teile der Gesellschaft - und insofern auch die Parade - durchziehen. Auch die Erhöhung über die Hetero-Norm in der oppositionellen Abweichung, wie sie die ProtagonistInnen auf der Parade in Szene setzen, bestärkt letztendlich zugleich die Organisation des Anderen auf der definitions-mächtigen Basis einer heterosexuellen Geschlechterdifferenz.

So verlagert Ines Doujak die Aktion vom Wagen als Achse der Ordnung auf den Umraum: während auf dem Wagen ausschließlich fotografische Figuren zum Thema Heterosexismus zu sehen sein werden, sind um den Wagen PerformerInnen und TänzerInnen mit Kostümen und Hüten aus Reifen, auf denen Bilder appliziert sind, gruppiert.

Die Regenbogen oder Christopher Street Day Parade steht für die öffentliche Forderung nach einer Gleichstellung von Lesben, Schwulen und Transsexuellen mit Heterosexuellen. Sie erinnert an die Ereignisse in der Christopher Street / New York 1969, wo es nach Übergriffen der Polizei auf Homosexuelle erstmals in der Lesben- und Schwulenbewegung offenen Widerstand und Demonstrationen auf der Straße gegeben hatte.

In der Galerie der Secession greift Ines Doujak den Umzug der Parade-Wagen allegorisch auf. Zentral im Raum platziert, bilden aus Holz gebaute, mittelgroße Lastwagen eine Wagenburg. Diese erinnert an Wildwestfilme und zugleich an gesellschaftliche Ordnungs- und Abgrenzungsmechanismen. Auf Grund der Größe verschieben sich allerdings die Blickverhältnisse. Die BesucherInnen blicken auf die Wagenburg und ihre Szenarien.

Im Rücken der BesucherInnen, entlang der gesamten Wandfläche des ersten Galerieraums zieht sich eine Fototapete mit einer Reihe von großflächigen Inszenierungen von Menschen und Tieren in nächtlichen Umgebungen. Die Tiere sind lebensgroße, weiße Attrappen, die von Tierpräparatoren als Rohlinge verwendet werden. Die bearbeiteten (verkleideten) Rohlinge werden nach Geschlechterpaaren und heterosexuellen Familienstrukturen geordnet in Museen ausgestellt. In den allegorischen Settings nehmen die Frauen und Männer unterschiedliche Konstellationen ein, die an Traumlandschaften und Zitate komplexer Erzählungen erinnern. Wie in früheren Arbeiten komponiert Ines Doujak domestizierende, herrschaftliche und performative Gesten aus einer feministisch geprägten Perspektive: so liegen zwei Frauen eng nebeneinander auf dem Boden eines Rettungs-Ruderbootes, Personen stehen mit erhobenen Händen und dem Gesicht zur Wand zwischen den weißen Tierattrappen, ein Mann versucht eine Tür zu öffnen, während sich ein Kind mit verbundenem Kopf an seinen Beinen festhält; durch die Beine einer Frau schiebt sich eine brennende Hand.

Während das Innere der Wagenburg real und als phantasmatische, leere Mitte von den BesucherInnen nicht betreten werden kann, wird die Zone zwischen der Wagenburg, der normierten Ordnungs- und Siedlungsarchitektur, und der Fototapete, Bühne der Geschlechterdifferenzen, zum Ort des Sehens und Bestimmens. Indem Doujak in ihrer Installation immer wieder unterschiedliche Blickverhältnisse anbietet, diese aber keine Auflösung oder Ersetzung der hierarchischen Strukturen ermöglichen, werden die BesucherInnen in ein Tableau gesetzt, das die Diskussion der Norm im Prozess der Normierung intendiert. Es ist dies aber kein statisches Verhältnis, sondern eine Zone des Kampfes in der Herstellung von Repräsentationen.

Im Grafischen Kabinett füllen lange Papprohre, die senkrecht von der Decke bis zum Boden reichen, den Raum. An ihnen sind an beweglichen Streifen 200 Fotografien angebracht, die ursprünglich auf den Kostümen der TänzerInnen appliziert waren. Während die BildträgerInnen auf der Parade eine Bewegung der Bilder erzeugten, geraten diese hier durch das Durchschreiten der BesucherInnen in Aktion.

INES DOUJAK geboren 1959, lebt und arbeitet in Wien Ausstellungen 2001/2000 (Auswahl): I feel a song coming along, Kunstverein Düsseldorf, Galerie Hohenlohe & Kalb, Wien; Du bist die Welt, Wiener Festwochen; Widerstand, Rhizom, Aarhus; The Subject and Power (the lyrical voice), Haus der Künste, Moskau; Don´t let it in, don´t let it out, Galerie Knoll, Budapest; infection manifesto, Kunstverein Bonn; Gouvernementalität, Expo 2000, Hannover; Erlauf erinnert sich, Erlauf, NÖ; Dinge, die wir nicht verstehen, Generali Foundation, Wien

PUBLIKATION

INES DOUJAK Vater Arsch 40 Seiten, 32 Farbabbildungen und Schutzumschlag Texte: Antke Engel, Matthias Herrmann, Ruth Noack/Roger M. Buergel Secession 2002, ISBN 3-90901926-43-7

Pressetext

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Ines Doujak
Vater Arsch
Regenbogen Parade