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Nomen est omen: Der Nachname der isländischen Künstlerin Inga Svala Thorsdottir bedeutet wörtlich übersetzt Tochter des Thor, des nordischen Donnergottes, dessen Attribut ein Hammer ist. Hämmern, Äxten, Feilen und anderen Werkzeugen fielen in den Pulverisierungsaktionen, mit denen die Künstlerin bekannt geworden ist, regelmäßig die unterschiedlichsten Gegenstände zum Opfer. Das Ergebnis ist Anti-Bildhauerei, das feinkörnige Ergebnis im Einmachglas ist die negative Form von Skulptur.

Die Auswahl der Gegenstände, die unter den Händen von Thorsdottir bereits zu Pulver zerfielen, ist vielfältig: ein Tisch, zwei Stühle, ein Wörterbuch, eine deutsche Ausgabe des "Hustler“, eine Kopie des Denkers von Rodin, eine Schultafel, Kristallgläser, ein goldener Verlobungsring, ein Wonderbra u.v.a. Die Ergebnisse dieser Aktionen ähneln sich wie ein Ei dem anderen, als wollten sie belegen, dass es doch einen Urstoff, eine materia prima, gibt, auf die sich alle Dinge dieser Welt zurückführen lassen.

Aber nicht nur die Dekonstruktion der sie umgebenden Welt beschäftigt Thorsdottir: Eine konstruktive Utopie, einen urbanen Garten Eden, plant sie in ihrem aktuellen Projekt, der Stadt Borg. Das sorgfältig ausgewählte Areal ist eine schneeverwehte Tundra nördlich der Hauptstadt Rejkjavik, ein Gebiet, das ihren Erkundigungen zufolge im Moment hauptsächlich von Elfen genutzt wird. In ihrer Vorstellung wird die neue Stadt namens "Borg“ schon bald bis zu einer Million Menschen beherbergen. Im Sinne einer klassischen Utopie hat Inga Svala Thorsdottir umfassende gesellschaftliche und ästhetische Ideale für ihre Stadt. Sowohl die Infrastruktur als auch die Gebäude werden sich an der Natur orientieren. Isländische Flora und Fauna bilden die Baustoffe für die neue Stadt, aber auch das Formenrepertoire. Vorgesehen sind mehrere Bahnhöfe, Schwimmbäder, Bibliotheken, Bars und Clubs, - auch für Drogen, Sex und frische Gerichte wird rund um die Uhr gesorgt sein. Im Mittelpunkt dieser spielerisch-sinnlichen Untersuchung steht die Frage, nach welchen Prinzipien wir in Zukunft leben wollen.

Neben städtebaulichen und architektonischen Plänen hat Thorsdottir soziologische Aspekte im Sinn. So will sie das Konzept von Arbeit grundlegend reformieren und erhofft sich eine Befruchtung der isländischen Sprache durch die vielen neu in das Land ziehenden Bewohner von Borg.

In Ausstellungen umreißt eine riesige Landkarte das weitläufige Areal, wo sich Borg - auf Isländisch bedeutet das Wort "Stadt" - ausbreitet. In Zeichnungen, Objekten, Diagrammen und Texten nimmt das Phänomen immer wieder andere Gestalt an: Die von Vulkanen und heißen Quellen geformte Landschaft wird zum Vorbild einer der Natur nachempfundenen Architektur.

In der denkbaren Metropole Borg mutieren Krater zu Plätzen, Berge zu Gebäuden, in denen bis zu einer Million Menschen Platz finden könnten. Das eine führt zum anderen: Der Vulkan, der einer topografischen Landkarte entnommen ist, wird zur gezeichneten Spirale, die sich in verschlungene Windungen neurobiologischer Kommunikationssysteme des Gehirns verwandelt, die in gemalter und skulpturaler Form den Moment eines "Geistesblitzes" zur Anschauung bringen - und ihrerseits wieder wie Bilder exotischer Flora wirken. Eine strahlend blaue Ellipse an der Decke ist Himmel und Kuppel zugleich.

Inga Svala Thorsdottir agiert in einem grenzüberschreitenden künstlerischen Gebiet, in dem Wissenschaft und Naturbeobachtung, Forschung und Gesellschaftsstudien und vieles mehr harmonisch zusammenfließen.

* 1966 in Island, lebt und arbeitet in Hamburg 1987- 91 Icelandic College of Arts and Crafts in Reykjavik 1991- 95 Hochschule für bildende Künste in Hamburg fort.

Gruppenausstellungen (Auswahl seit 2000) 2000 En Dehors des Cartes, Centre Regional D’art Contemporain, Sete, Frankreich Losti 2000, Listasafnid á Akureyri (Museum Akureyri), Akureyri, Island Foto Biennale Rotterdam, Rotterdam Nordicliveart.org Gautaborg, Schweden Continental Shift, Musée d'Art moderne et d'Art contemporain de la Ville de Liège, Lüttich Heimat Kunst, Haus der Kulturen der Welt, Berlin Lauf der Dinge, Manege Central Exhibition Hall (CEH), St. Petersburg, Russland Losti 2000/Orgasm 2000, Listasafnid á Akureyri (Museum Akureyri), Akureyri, Island 2001 Bienal Mercosul, Porto Alegre, Brasilien Big Deal - Revival of the Americans ocean earth development corporation”, Nikolai Fine Art, New York Birnen, Bohnen & Speck, Shanghai Museum, Shanghai 2001-03 Ferdafuda – Ausstellung in Isafirdi, Akureyri, Seydisfirdi, Island 2002 Ökonomien der Zeit, Akademie der Künste, Berlin, und Museum Ludwig Köln Weisse Jacke, Agentur für zeitgenössische Kunst, Hamburg 2003 vinyl sound scape, Ina Wudtke & Inga Svala Thorsdottir, Sprengel Museum, Hannover

Einzelausstellungen (Auswahl seit 2000) 2001 Bahnhof Reykjavik, Salon Beige, Berlin Stars and Stripes, Bonner Kunstverein, Bonn Thing's Right(s), New York Ethan Cohen Fine Arts, New York 2002 Borg / City, Hafnarhús/Reykjavík Art Museum, Reykjavík Borgarleidir, Pro qm, Berlin 2004 Borg, Hamburger Kunsthalle 2005 Villa Merkel, Esslingen

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Inga Svala Thorsdottir
BORG 21° W 64° N