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Über mehr als ein Jahrzehnt hat der Künstler Iñigo Manglano-Ovalle (geb. 1961 in Madrid, lebt in Chicago), ein vielgestaltiges Werk geschaffen, das sich mit sozialen und politischen Grenzsituationen befasst. Seine Werke veranschaulichen, wie bestimmte Kräfte und Systeme, ob natürlich oder von Menschen produziert, die gegenwärtige Welt verändern. Das meteorologische Klima wird ihm zu einer Metapher sozioökonomischen Wandels, angefangen von der Arbeit The El Niño Effect (1998), wo der Rezipient wortwörtlich in künstliche Klimatanks versetzt wird, in denen er eine sensorische Deprivation erlebt. El Niño ist andererseits ein Deckname für jene Mexikaner, die illegal die Grenze zu den USA passieren. In der multi-channel- Installation Climate (2000) schuf Manglano-Ovalle einen architektonischen Raum, der sich an Mies van der Rohe anlehnte, während darin drei aufeinander bezogene Video-Projektionen ihrerseits in einem der berühmten Chicagoer Lake Shore Drive Häuser von Mies gefilmt wurden. Der Künstler transformierte ein Apartment in eine Art politischer Wetterstation, in der Nachrichten aus verschieden Teilen des Globus synchronisiert wurden. Für seine Ausstellung in der Fundació la Caixa, Madrid (2003), konstruierte Manglano-Ovalle eine überdimensionale Cumuluswolke aus Titan, die er mit einer Videoarbeit über den Atomwissenschaftler Robert Oppenheimer in Beziehung setzte. Oppenheimer, der im Film durchs Purgatorium geht, und die mushroom cloud symbolisierten die Ambivalenz von produktiven und destruktiven Kräften in grenzüberschreitendem Maßstab. "Was mich interessiert“, so Manglano-Ovalle, "ist der Moment, in dem Philosophen, Künstler und Wissenschaftler sich in derart hochkomplexen Ebenen bewegen, daß sie sich von weitergehenden sozialen Interessen lösen, der Moment, an dem der Prozess implodiert.“

Mit der Ausstellung The Krefeld Suite in den Krefelder Mies-Villen setzt Manglano-Ovalle seine Arbeiten zum Thema Klima fort und geht dabei dezidiert auf die Architektur ein. Ausgestellt werden zwei große Eisberg-Skulpturen, eine Reihe großformatiger Fotoprints sowie Mobiliar aus der Mies van der Rohe Krefeld Lounge Collection, welche seinerzeit von Mies explizit für Haus Esters konzipiert wurde. Das Mobiliar wird teilweise mit weißer Seide bedeckt sein und stellt somit auf doppelte Weise einen Ortsbezug her. Die Installation wird durch eine Sound- Arbeit unterlegt, in welcher der Künstler die Weite des antarktischen Raumes in die Villen transportiert. Die Fotografien von Eisbergen sind dem Archiv der National Oceanic and Atmospheric Administration der USA entnommen und werden durch zwei historische Eisbergfotografien ergänzt. Der Künstler interessiert sich vor allem für die tektonische, Plateau-ähnliche Struktur und dem darin impliziten Verweis auf die Architektur der Moderne. Die beiden Villen Lange und Esters betrachtet der Künstler als "Zwillingsbrüder". Daraus entwickelte er ein Ausstellungskonzept, das sich die Ähnlichkeiten und Unterschiede zwischen den beiden Häusern zu Nutze macht. "Es ist mir wichtig", so Manglano-Ovalle, "daß der Gang durch jedes Haus für den Betrachter zu einer filmischen Erfahrung wird." Das stoffbedeckte Mobiliar der Mies van der Rohe Krefeld Lounge Collection nimmt dabei einen wichtigen Part ein, es evoziert einerseits den Eindruck einer verlassenen Wohnung, und transportiert andererseits die virtuelle Dimension der Eisbergfotografien metaphorisch in den realen Raum.

Eine integrale Komponente der Ausstellung ist die Zeit. "Die Zeit als klimatisches Ereignis, ohne Berücksichtigung des spezifischen Moments, wann etwas stattfindet, nur daß es stattfindet. Das Wasser der polaren Eiskappen ist prähistorisch; es gefror in einer Zeit vor dem Aufkommen der Sprache. Erst wenn der Eisberg kalbt und damit aus seiner suspendierten Animation heraustritt, driftet er ins Historische und migriert in die Sprache, in unsere Imagination und unsere Zeit. Die Zeit als historische Zeit, wenn die Sprache sich dem Formlosen überstülpt und ihm eine Gestalt gibt, indem sie es als starres Bild festhält. Wie im Fall der Fotografie, die ein vorübergehendes Ereignis in der Zeit fixiert. Die Zeit als lokale Zeit, als Jetzt. Das ist die Erfahrung des Betrachters, der durch den Ausstellungsraum geht und das, was einmal klimatisch oder historisch war, in die Gegenwart, in die filmische Zeit einfügt." (Manglano-Ovalle)

Im Laufe der Ausstellung erscheint in ein ca. 54 Seiten starker Ausstellungskatalog (deutsch/englisch), der die Installation ausführlich dokumentiert, mit Texten von Stuart Krimko und Jonathan Miller. Die Ausstellung wird gefördert durch die Krefelder Kulturstiftung der Sparkasse Krefeld, mit freundlicher Unterstützung von Knoll International und Grieger Professionelle Bildtechniken.

Pressetext

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Inigo Manglano-Ovalle: The Krefeld Suite
Eine Ausstellung zum 50-jährigen Jubiläum des Museums Haus Lange