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27. März bis 14. August 2022

Janet Cardiff & George Bures Miller
Wilhelm-Lehmbruck-Preisträger 2020 der Stadt Duisburg und des Landschaftsverbandes Rheinland

Vom 27. März bis 14. August 2022 lädt das Lehmbruck Museum seine Besucherinnen ein, raumgreifende Klanginstallationen, bewegte Maschinen-Skulpturen und interaktive Environments der Wilhelm-Lehmbruck-Preisträger 2020, Janet Cardiff und George Bures Miller, aus den letzten 20 Jahren zu erleben. Zum ersten Mal in Europa zeigt das Lehmbruck Museum das neueste Werk von Cardiff und Miller, den Escape Room (2021), den die Besucherinnen mit ihren Bewegungen „zum Leben” erwecken können. Das immersive Environment bündelt zentrale Themen der künstlerischen Arbeit von Cardiff und Miller wie in einem Brennglas: ihre Begeisterung für Miniaturwelten, in die wir uns intuitiv einfühlen, ihre Leidenschaft für das Theatrale, das große Gespür für Erzählungen, die verborgene Erinnerungen wecken, die uns gefangen nehmen und zugleich Rätsel aufgeben sowie ihr Hang zum Pittoresken, zur Vergänglichkeit, die allem Leben innewohnt. „Escape Room macht die Isolation in der Zeit des Lockdowns (wieder) erlebbar und transzendiert sie zugleich – eine psychedelische Erfahrung, die uns verzaubert und gestärkt zurücklässt”, so Museumsdirektorin Dr. Söke Dinkla.

Die raumgreifenden Klanginstallationen des kanadischen Künstlerpaares ziehen uns unmittelbar in ihren Bann. Mit ihren Klangskulpturen und Installationen haben Cardiff und Miller ein ganzes Genre geprägt und wurden für ihr herausragendes Werk 2020 mit dem international renommierten Wilhelm-Lehmbruck-Preis der Stadt Duisburg und des Landschaftsverbandes Rheinland (LVR) ausgezeichnet. Ihre Klangräume haben sie weltweit berühmt gemacht; sie sind getragen von der Kraft und Magie des Klangs, der Stimmen, der Musik und der Geräusche, die uns in imaginäre Welten versetzen. Sie erschaffen eine ganz eigene Wirklichkeit, in der wir uns unserer eigenen Wahrnehmung immer wieder aufs Neue versichern müssen. Herausgefordert werden alle unsere Sinne, vor allem aber der Hörsinn: Cardiff und Miller entwerfen Werke, die unsere Aufmerksamkeit in höchstem Maße aktivieren und uns sensibilisieren, um uns dem Unerwarteten zu öffnen. Sie schaffen Räume, die in ihrer Intensität einzigartig sind: Das Fühlen von Klängen, die fast geisterhafte Anwesenheit des Nichtgreifbaren, schafft eine körperliche Präsenz, die eine neue Idee von Skulptur entstehen lässt.

Auf einer Fläche von über 1.200 m² widmet sich die Werkschau im Neubau und im Souterrain des Lehmbruck Museums dem beeindruckenden Lebenswerk der Wilhelm-Lehmbruck-Preisträger 2020: Von frühen Werken wie The Paradise Institute (2001) und der großen Lautsprecher-Installation The Forty Part Motet (2001) bis hin zu neuesten Arbeiten wie Sad Waltz and the Dancer Who Couldn’t Dance (2015), The Instrument of Troubled Dreams (2018) und Escape Room (2021), die erstmals in Deutschland präsentiert werden. Mit fünf großen Rauminstallationen und vier kleineren, interaktiven Werken rückt die Ausstellung die multisensorischen Qualitäten des Plastischen in den Vordergrund. Biographische Materialien laden außerdem dazu ein, die Preisträger (besser) kennenzulernen. Die Ausstellung im Duisburger Lehmbruck Museum ist die erste umfassende Werkpräsentation von Janet Cardiff und George Bures Miller in Deutschland seit 2012. Im Sommer 2023 wird die Ausstellung in Basel im Museum Tinguely Station machen.

Mit ihrem Werk knüpfen Janet Cardiff und George Bures Miller an wichtige Entwicklungen der Skulptur des 20. Jahrhunderts an, die für die Sammlung und die Geschichte des Lehmbruck Museums relevant sind und eröffnen zugleich neue Perspektiven für die Skulptur des 21. Jahrhunderts: Sie erweitern unser Verständnis von Skulptur in die Welt der Klänge. So schaffen Cardiff und Miller eine neue Qualität von Klang als plastischem Material. Die Immaterialität des Klangs ist körperlich spürbar und bekommt so eine beeindruckende Präsenz. Der Klang wird zum plastischen Material.

Katalog

Begleitend zur Ausstellung erscheint ein reich bebilderter Katalog mit Texten von Dr. Söke Dinkla, Dr. Stefan Trinks und Ronja Friedrichs, 168 Seiten, im Wienand Verlag. Über abgedruckte QR-Codes sind Videos und Audiodateien der in der Ausstellung präsentierten Werke abrufbar. In zahlreichen Statements berichten Weggefährt*innen Janet Cardiff und George Bures Millers, unter ihnen Kasper König, Carolyn Christov-Bakargiev und Dr. Söke Dinkla, von persönlichen Begegnungen und gemeinsamen Projekten und zeichnen auf diese Weise sehr anschaulich und persönlich wichtige Etappen im Leben des Künstlerpaares nach. Der Katalog ist zum Preis von 28 Euro im Buchhandel sowie für 24,90 Euro an der Museumskasse erhältlich.

Mit der Verleihung des Wilhelm-Lehmbruck-Preises der Stadt Duisburg und des Landschaftsverbandes Rheinland (LVR), der zur Erinnerung an den am 4. Januar 1881 in Duisburg geborenen Bildhauer Wilhelm Lehmbruck seit 1966 verliehen wird, würdigte eine international besetzte Jury unter Vorsitz von Rein Wolfs, Direktor des Stedelijk Museums, Amsterdam, Janet Cardiff und George Bures Miller am 12. Februar 2020 für ihren herausragenden Beitrag zur Entwicklung der Skulptur der Gegenwart. Im Jurystatement heißt es dazu: „Mit ihren Klangräumen und fesselnden Geschichten haben sie sich in das kollektive Gedächtnis eines internationalen Publikums eingeschrieben. Ihre raumbezogenen Werke berühren so verschiedene Gattungen wie Theater, Kino, Musik, Klangkunst und Hörspiel und beziehen uns in einen Erfahrungsraum ein, der mit allen Sinnen zu erleben ist. Besonders hat uns überzeugt, dass Cardiff und Miller nicht ausschließlich für das Museum arbeiten, sondern mit ihren suggestiven Hörspaziergängen ihr Wirkungsfeld auch in den öffentlichen Raum der Städte erweitern und so Grenzen und Barrieren durchdringen.”

Mitglieder der Jury zur Vergabe des Wilhelm-Lehmbruck-Preises der Stadt Duisburg und des Landschaftsverbandes Rheinland waren, neben der Direktorin des Lehmbruck Museums Dr. Söke Dinkla, die Museumsdirektorin des Musée Rodin Catherine Chevillot (Paris), die Kuratorin am Busch-Reisinger-Museum, Harvard Art Museums Dr. Lynette Roth (Cambridge), die ehemalige Dezernentin für Kultur und Landschaftliche Kulturpflege im Landschaftsverband Rheinland Milena Karabaic, der ehemalige Kulturdezernent der Stadt Duisburg und Mitglied des Kuratoriums der Stiftung Wilhelm Lehmbruck Museum (SWLM) Thomas Krützberg, das Mitglied des Kuratoriums der SWLM Michael Rademacher-Dubbick, der Ratsherr und ehemalige Kulturausschussvorsitzende der Stadt Duisburg und ebenfalls Mitglied des Kuratoriums der SWLM Udo Vohl sowie der Direktor des Stedelijk Museums Rein Wolfs (Amsterdam).

Die Verleihung des Wilhelm-Lehmbruck-Preises an Janet Cardiff und George Bures Miller fand am 20. September 2020 im Lehmbruck Museum statt. Das Künstlerpaar war live aus Kanada zugeschaltet. Cardiff und Miller fühlten sich durch die Auszeichnung mit dem Wilhelm-Lehmbruck-Preis sehr geehrt: „Wir freuen uns außerordentlich, diesen Preis erhalten zu haben und sind begeistert, mit dieser Würdigung nun in einer Reihe mit so vielen von uns seit Jahren verehrten Künstlern zu stehen.“ Nach Rebecca Horn (2017), Reiner Ruthenbeck (2006), Nam June Paik (2001), Richard Long (1996), Richard Serra (1991), Joseph Beuys (1986), Claes Oldenburg (1981), Jean Tinguely (1976), Norbert Kricke (1971) und Eduardo Chillida (1966) wurde der Wilhelm-Lehmbruck-Preis 2020 zum elften Mal vergeben.

Das Künstlerpaar

Janet Cardiff, geboren 1957 in Brussels, Kanada, studierte Bildende Kunst an der Queen’s University in Kingston, Ontario, und an der Universität von Alberta, Edmonton, wo sie George Bures Miller kennenlernte. Miller, geboren 1960 in Vegreville, Kanada, hatte zuvor bereits Photo Electric Arts an der Universität für Kunst und Design, Ontario, studiert. Seit den 1990er-Jahren arbeiten Cardiff und Miller zusammen und haben gemeinsam ein faszinierendes Œuvre von über 30 großen Installationen, 28 Walks und diversen kleineren Arbeiten geschaffen. Sie leben und arbeiten in Berlin und Grindrod, Kanada. Internationale Bekanntheit erlangten sie insbesondere seit dem Jahr 2001, in dem sie für ihre Arbeit The Paradise Institute mit dem Goldenen Löwen der 49. Biennale in Venedig ausgezeichnet wurden. Nur wenige Künstlerinnen und Künstler haben sich Räumen und Orten mit einer so großen Imaginationskraft genähert wie Janet Cardiff und George Bures Miller.

Werke von Cardiff und Miller befinden sich in Sammlungen bedeutender Museen, wie dem Museum of Modern Art in New York, dem ARoS Aarhus Kunstmuseum, Aarhus, der National Gallery of Canada, Ottawa, dem National Museum of Art, Osaka und der Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen, Düsseldorf. Janet Cardiff und George Bures Miller hatten Einzelausstellungen unter anderem im 21st Century Museum of Contemporary Art, Kanazawa, Japan (2017/18), im Switch House der Tate Modern, London, England (2017), im San Francisco Museum of Modern Art, USA (2015/16), im Haus der Kunst, München (2012) sowie im Hamburger Bahnhof, Berlin (2009). Sie nahmen mehrfach an der Biennale of Sydney teil und waren auf der 49. Biennale di Venezia (2001) sowie der 14. Istanbul Biennial (2015) vertreten. Den Besucher*innen der documenta 13 (2012) in Kassel ist ihre eindringliche Klanginstallation Forest (for a thousand years…) in Erinnerung geblieben, die auf einer Waldlichtung zu erleben war. Die Audio-Installation wurde jüngst im Rahmen der ersten Helsinki Biennial (2021) auf der finnischen Insel Vallisaari präsentiert.

2011 erhielt das kanadische Künstlerpaar den Käthe-Kollwitz-Preis. 2020 wurden Cardiff und Miller mit dem Wilhelm-Lehmbruck-Preis der Stadt Duisburg und des Landschaftsverbandes Rheinland (LVR) für ihren herausragenden Beitrag zur Entwicklung der Skulptur der Gegenwart geehrt.