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Die Themen Landschaft und Natur sind in den letzten Jahren zu einem zentralen Gegenstand zeitgenössischer Fotografie geworden. Aus den Sammlungsbeständen werden Werke von Lewis Baltz, Jeff Wall, Axel Hütte sowie Peter Fischli und David Weiss vorgestellt, ergänzt durch zwei Arbeiten der jungen Künstlerin Beate Gütschow (Courtesy Galerie Barbara Gross, München).

In seiner 84teiligen Arbeit „Candlestick Point“, entstanden zwischen 1984 und 1988 nahe San Fransisco, dokumentiert der amerikanische Künstler Lewis Baltz (*1945) die Veränderung einer vernachlässigten, zur Müllkippe verkommenen Naturlandschaft hin zu einem neu angelegten Park-Areal. Trotz des seriellen Charakters seines Werks erzählt Baltz hier keine lineare Geschichte, sondern zeigt in präzisen, nüchternen Detailaufnahmen einen Landschaftsausschnitt, der seine Ursprünglichkeit und seinen spezifischen Charakter für immer verloren hat.

Im Zentrum von Jeff Walls (*1946) dokumentarischer, d.h. nicht inszenierter Fotografie „A Sapling“ (1999) steht ein zarter Sprössling, der von einem Holzpfosten gestützt wird. Im Gegensatz zu seinen großformatigen, mit kunsthistorischen Bezügen aufgeladenen Genre-Bildern hat diese Aufnahme den Charakter einer Naturstudie, was auch durch das kleine Format des Leuchtkastens zum Ausdruck kommt. Durch die Konzentration auf ein beiläufig anmutendes, alltägliches Motiv – mit einem objet trouvé vergleichbar - gewinnt Wall seinem Gegenstand eine eigentümliche Poetik ab und erhebt ihn zur Metapher für das von gegenseitiger Abhängigkeit geprägte Verhältnis von Mensch und Natur.

Axel Hüttes (*1951) Aufnahme „Gulch Maui“ (2001) stellt einen stark fragmentierten Ausschnitt einer Dschungellandschaft dar, die auf den ersten flüchtigen Blick die Erwartungen an ein üppig-tropisches Paradies erfüllt. Erst auf den zweiten Blick wird deutlich, dass es sich um eine nicht mehr intakte Natur handelt, die in ihrem Gleichgewicht latent gefährdet ist.

In seiner fulminanten Dia-Projektion „Flowers“ (1997/98) zeigt das Schweizer Künstlerduo Fischli/Weiss (1952/1946) Großaufnahmen herkömmlicher Pflanzen, denen durch Bildausschnitt, Doppelbelichtung und fortlaufender Überblendung ein faszinierender und geheimnisvoller Charakter verliehen wird. Die Größenverhältnisse sind verkehrt, die Pflanzen entwickeln ein Eigenleben und verändern ständig Farbe und Form, so dass ein nahezu filmisches Spektakel entsteht, dem sich der staunende Betrachter, wie Alice ins Wunderland versetzt, nicht zu entziehen vermag. Dass diese Irritation der Wahrnehmung auch im Einzelbild wirksam ist, wird in der parallel gezeigten Serie „Pilze“ anschaulich.

Beate Gütschow (*1970) inszeniert mittels digitaler Bildbearbeitung ideale Landschaften, die an klassische Bildvorstellungen der Kunstgeschichte erinnern. Ihre Bilder negieren zugleich die nach Harmonie strebende Erwartungshaltung des Betrachters, da sie sich bei genauerer Betrachtung als reine Konstruktionen offenbaren. Galt die Fotografie immer als Medium der wirklichkeitsgetreuen Dokumentation, wird das Bild der idealen Landschaft hier als Illusion entlarvt, die nur noch mit Hilfe der modernen Fotografie rekonstruiert werden kann.

Pressetext

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Jenseits von Arkadien
Natur und Landschaft in der zeitgenössischen Fotografie
Kuratorin: Inka Graeve Ingelmann

mit Lewis Baltz, Jeff Wall, Axel Hütte, Fischli / Weiss, Beate Gütschow