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„Cannibal“, die erste Einzelausstellung von Jérôme Leuba (*1970, CH) bei annex14, zeigt Arbeiten, denen ein differenzierter Blick auf gesellschaftliche Strukturen, politische Ereignisse und auf den Umgang mit Macht zu Grunde liegt. Das Augenmerk liegt dabei auf Bildern und Symbolen, die Teil des kollektiven Gedächtnisses geworden sind.

Die Fotografien, Objekte und Videos in der Ausstellung sind Teil des seit einigen Jahren von Jérôme Leuba entwickelten Werkkomplexes, den er mit „battlefield“ bezeichnet. Die in unterschiedlichen Medien realisierten Arbeiten, dazu gehören im weiteren auch seine Installationen und Performances, sind meist wie kleine Erzählungen konzipiert, die den durch die Medien vermittelten Blick auf die Realität zitieren, unterwandern, erweitern und reflektieren.

Das Video „battlefield #58, 2009“ zeigt den Ausschnitt einer Wolkenkratzerfassade mit einem geöffneten Fenster, aus dem sich ein Mann weit hinaus hängt. Verstörende Erinnerungen an andere dramatische Bildsequenzen werden unmittelbar wach. Ähnlich ergeht es uns, wenn wir die geballten Fäuste auf den beiden Fotos von „battlefield #63, 2010“ sehen, auch wenn oder gerade weil wir die machtvolle Geste kennen, die an vorwärts strebende Massen erinnert. Die ambivalente Wirkung, die mit solchen Bildern erzielt wird, ergibt sich aus den oft kaum wahrnehmbaren Abwandlungen kollektiv verankerter Repräsentationsmuster, Bilder und Vorstellungen. Die dazu verwendeten künstlerischen Mittel sind äusserst vielfältig. Sie reichen von der inszenierten Fotografie oder der Wahl des Bildausschnittes bis hin zu dokumentarischen Aufzeichnungen, von der zweckentfremdenden Verwendung von Materialien („battlefield #62/cannibal, 2010“) bis hin zur performativen Darstellung von Realität.

«J’adore voir autre chose que je vois». Diese Äusserung von Jérôme Leuba zeigt, dass es ihm auch darum geht, in den in den Medien zirkulierenden Bildern diejenigen Dinge wahrzunehmen, die über die beabsichtigten Informationen hinausweisen. Zwei Arbeiten, das Video „battlefield #71/Mona Lisa, 2010“ und die Vorhanginstallation „battlefield #66, 2010“, thematisieren diese Problematik, indem sie die Geste des Zeigens und Verbergens offen legen. Im Video wird die eigentliche Attraktion, das Bild der Mona Lisa, von den Besuchern verdeckt, während der Vorhang einen Raum umhüllt, der nicht einsehbar ist. Obwohl also offensichtlich auf Dinge gezeigt wird, entziehen sich diese der Wahrnehmung und provozieren so gezielt Fragen nach den medialen Informationsstrategien, nach deren Ziele und Absichten.

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Jerome Leuba
Cannibal