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Der dänische Künstler Jesper Just (*1974) arbeitet vorwiegend mit dem Medium Film und kann heute zu einer der interessantesten Positionen im Bereich des bewegten Bildes gezählt werden.

Liebe, Sehnsucht, Begehren und Verachtung sind die großen Themen in Justs inszenierten Kurzfilmen. Sie sind geprägt von Theatralik und Sinnlichkeit bei gleichzeitiger Distanz zum Gezeigten. Die Protagonisten der Filme äußern extreme Gefühle durch minimale Gesten oder hingebungsvolle Gefühlsausbrüche. Dabei bleiben sie dennoch immer unnahbar, da weder ihre Vorgeschichte noch ein über die Szene hinausgehender Kontext tatsächlich näher erläutert werden. Was bleibt, ist der Eindruck eines sehr intensiven Momentes, der von allen Zusammenhängen losgelöst zu sein scheint. Die filmischen Arbeiten Justs huldigen der kompromisslosen Hingabe an die Emotion – sei die Hoffnung auf Erwiderung noch so aussichtslos. Die Ausstellung in der Ursula Blickle Stiftung zeigt neben einer Neuproduktion eine Auswahl an Filmen der letzten Jahre, die in ihrer Struktur überaus vielschichtig sind. Je mehr man versucht die Arbeiten Justs zu interpretieren oder zu analysieren, desto deutlicher tritt ihre Komplexität in den Vordergrund und desto düsterer erscheint ihr Inhalt. Das Verhalten und die Beziehungen von Justs Protagonisten ist voller psychologischer Fallen, die der Künstler bewusst in seine Plots einbaut. Der Betrachter wird mit Szenen konfrontiert, auf die er nicht vorbereitet ist, in die er vielmehr hineingeworfen wird. Situationen, die geleitet sind von starken Gefühlen, wo selbst die eigene Vernunft nicht vor überschwänglicher Zuneigung, unstillbarem Verlangen, Schmerz und tiefer existenzieller Angst zu schützen vermag.

Nahezu manipulativ setzt Just klassische filmische Techniken ein und kombiniert diese mit musikalischer Untermalung so, dass für den Betrachter vordergründig ein Gefühl von Vertrautheit erzeugt wird. In gewisser Weise ist Justs Arbeit mit der eines Psychotherapeuten zu vergleichen: Er bietet seinen Patienten eine vertraute Struktur an, die es ermöglicht, Dinge wahrzunehmen, die einem zuvor nicht bewusst waren oder an die man seit langem nicht mehr gedacht hatte. Der Unterschied zum Therapeuten liegt bei Just nur darin, dass er von seinem Gegenüber keine Antwort erwartet. Vielmehr liegt es in seinem Interesse, den Betrachter mit seiner Erfahrung sich selbst zu überlassen.

Arbeiten wie „Invitation to Love“ (2003), „A Fine Romance“ (2004) oder „The Lonely Villa“ (2004) legen scheinbar eine homoerotische Deutung nahe oder spielen auf eine erotisch aufgeladene Vater-Sohn-Beziehung an. Just selbst gibt jedoch zu bedenken, dass er nicht auf eine einseitige Interpretation seiner filmischen Inszenierungen abzielt. Vielmehr stehen seine Arbeiten exemplarisch für ein vielschichtiges und hintergründiges Interesse an zwischenmenschlichen Interaktionen, Beziehungen und Abhängigkeiten, die in ihrer Intensität auch an die antike Tragödienkultur erinnern. Just beschäftigt sich dabei gezielt mit den Heimtücken, Verfehlungen und Perversionen menschlicher Emotionen, ebenso wie mit deren Größe und Schönheit.

Die Ausstellung ist zeitgleich auch im Witte de With, Center for Contemporary Art, Rotterdam zu sehen. Eine Auswahl der Arbeiten Jesper Justs wird im April in der ursula blickle videolounge in Wien vorgestellt und im S.M.A.K. in Gent wird eine weitere Ausstellung seiner Arbeiten von April bis Juni präsentiert.

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Jesper Just
Eine Ausstellung der Ursula Blickle Stiftung
Kuratiert von Nicolaus Schafhausen

Stationen:
04.03.07 - 15.04.07 Ursula Blickle Stiftung, Kraichtal
03.03.07 - 06.05.07 Witte de With, Rotterdam