7hours HAUS 19

EINGANG 1: Philippstraße 13EINGANG 2: Reinhardstraße 4
Berlin

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Jimmie Durham (geboren 1940 in den USA), ist Dichter, Performer und bildender Künstler. Nach zahlreichen Veröffentlichungen, Performances und Aktivitäten für das Theater in den frühen 60er Jahren eröffnete er seine erste Soloausstellung 1965 in Austin/Texas. 1969 bis 1973 lebte er in der Schweiz, 1987 bis 1994 in Mexiko. Jimmie Durham ist Direktor und Mitbegründer des International Indian Treaty Council und dessen Vertreter in der UNO. 1997 wurde er vom D.A.A.D. mit einem Stipendium nach Berlin eingeladen, wo er seit 1998 lebt. 2005 zum wiederholten Mal Teilnehmer der Venedig Biennale, stellte Durham u.a. im Museo del Chopo in Mexico-Stadt, im Museum van Hedendaagse Kunst in Gent, Palais des Beaux Arts in Brüssel, ICA London, auf der Documenta in Kassel, im Hamburger Kunstverein, FRAC in Reims, Wittgenstein Haus in Wien, auf der Whitney Biennale, im Kunstverein München aus.

Jimmie Durham veröffentlichte Gedichtbände, Essays, dichterische Untersuchungen. Text, Sprache und Performance bestimmen seine Installationen bzw. die daraus entstehenden Ausstellungen.

Nach einem schweigsamen Besuch von Jimmie Durham im alten Tierstall, dem HAUS 19 des Campus Nord, an einem Abend im vergangenen Winter, nach dem Gang durch den Tierstall mit seinen symmetrisch angelegten Futterrinnen, zwei Reihen orange gestrichener Eisensäulen, im Neonlicht, nachdem er Fundstücke in die Hand genommen, alte Zettel mit Notizen über Fütterungspläne gelesen, Instrumente, mit denen die Tiere Nummern eingebrannt bekamen, angesehen und alle Räume des Stallgebäudes wieder und wieder durchschritten hatte, sagte er an einem der folgenden Tage, dass er etwas darin machen wolle. „Focusing on architecture, being against architecture.”

In seiner Oper „Parsifal“ hat Wagner die folgenden Zeilen stehen: „Du siehst, mein Sohn, zum Raum wird hier die Zeit“. Für gewöhnlich ist das Gegenteil richtig. In Europa fußen die Vorstellungen über die Zeit immer auf einer Unterteilung. Das deutsche Wort ZEIT kommt von tide (Gezeiten), da Ebbe und Flut eine Reihe täglicher Unterteilungen markieren. Doch in den lateinischen Sprachen und im Englischen liegt den Wörtern Temps, Tiempo und Time eine architektonische Unterteilung zugrunde; sie haben dieselbe Herkunft wie das Wort Tempel. Eigentlich sollte ich statt „Herkunft“ besser Baum sagen, weil das lateinische templum einen Balken bezeichnet, der einen Raum teilt. Ein Tempel wäre demnach ein Raum, der durch die Teilung entstanden ist. Ursprünglich waren weder die Unterteilung noch der Raum der „heilige“ Teil; nur die Nutzung war potentiell geheiligt.

„Zeihen“ bedeutet beschuldigen oder lehren. Wie Zeit, sein Cousin, fußt es auf der Vorstellung einer Unterteilung, einer Trennung. In den lateinischen Sprachen bedeutet science (Wissenschaft) schneiden, wie mit einem scharfen Stein. Dieses wunderbare Wort: Wissenschaft! – „Schaft“ könnte ebenfalls „schneiden“ bedeuten, doch eher heißt es formen, gestalten. Die Konnotationen zu Gewalt sind nicht so stark. Haus hat dieselbe Wurzel wie Haut und engl. „to hide“ (verstecken). (Die Flamen verwenden nach wie vor hout für Holz – ein Hinweis darauf, dass sie sich in den Bäumen verstecken wollen). Im Haus als Obdach ist offensichtlich keine Architektur enthalten, und im Tempel auch nicht. Es handelt sich um eine kosmopolitische Idee. Die Kathedrale einer europäischen Stadt hat Architektur, weil ihr Zweck darin besteht, den Menschen eine Absicht des Glaubens an die Großartigkeit des Gebäudes zu zeigen. Der Tempel ist nicht narrativ, die städtische Kathedrale ist dies sehr wohl. Das Wort „Kirche“ bedeutet im Griechischen „Macht“ (kurios). (So werden wir denn ganz verwirrt und stellen uns vor, dass die Malereien, Plastiken und Schnörkel in Architektur und Kathedralen Kunst sind, und dass deshalb die Kunst ebenfalls narrativ ist.) (Jimmie Durham, Der Verführer und der Steinerne Gast, Springer, Wien 1996)

Pressetext

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Jimmie Durham
Some collide, some escape